Der langjährige und vielseitige Publizist und Schriftsteller Franz Heinz (Düsseldorf) legte kurz nach Jahreswechsel seinen ersten Roman vor: „Kriegerdenkmal 1914 - Hundert Jahre später“. Er ist im Berliner Anthea Verlag erschienen und war als Neuerscheinung für die Leipziger Buchmesse angekündigt. Der Autor Franz Heinz wird im Spätherbst 85. Der Roman ist ein angenehmes Leseerlebnis, besonders für den Interessentenkreis aus dem mittel- und südosteuropäischen Raum, für den Heinz ein literarisches „Kriegerdenkmal“ setzt. Hundert Jahre nach dem ersten Weltbrand, den heute alle Fachleute übereinstimmend als die „Urkatastrophe“ des so opferreichen 20. Jahrhunderts bezeichnen.
Die Handlungsstränge des Romans, mit lebhaften Erzählungen und vielen „Bildern“ bestückt, greifen immer wieder ineinander durch Ereignisse oder Erinnerungen an Menschen, die in diesem Ersten Weltkrieg ums Leben gekommen sind, und deren Familien, sowie durch die drei Spurensuchenden unserer Zeit, die auf Reisen („Ostwärts ging die Fahrt“) gehen. Als Freund von Reisen und Autor von Reiseberichten kann Heinz hier authentisch aus voller Erfahrung schöpfen. Der Titel so allein hingestellt, könnte irreführen, denn Kriegshandlungen sind nicht aufgenommen, die männlichen Hauptgestalten sind im Krieg früh weggerafft worden, sowohl der Banater Bäcker aus dem Dorf Perjamosch als unchargierter Honvéd(Landwehr)-Infanterist des 1886 gegründeten Werschetzer (Banater Haus-)Regiments, als auch der etwas ältere, kinderlose Wiener Rittmeister und der junge, noch ledige Fähnrich des Bukowiner 22. Schützenregiments, die beide in Czernowitz ihr Leben lassen mussten.
Der Erzähler sucht die Spuren des schon Anfang August des ersten Kriegsjahres in Galizien in Kriegsgefangenschaft geratenen Großvaters Franz Potichen, der im sibirischen Omsk (auch hier sucht der Erzähler im Roman vergebens nach Spuren) in der Gefangenschaft ums Leben kam. Eine junge Witwe blieb mit vier Kindern zurück. Viel dreht sich dann wie selbstverständlich immer wieder um das Schicksal dieser Frau, deren zweiter Mann den Krieg überlebt hatte. Ihre Erinnerungen brachten den Ich-Erzähler auf die Spurensuche, die vom heute serbischen Vrsac ausgeht, über Perjamosch, Temeswar, Bukarest, Bacău, Suceava, Radautz sowie Czernowitz und dann via Lemberg zurückführt. Für die kleine Bahn-Reisegruppe, zwei Österreicherinnen und der Erzähler, gab es dabei viele einmalige Erlebnisse „dort zu sein, wo sonst kaum einer hinfährt“. Der Autor hält dokumentierte Bilder dieser Städte fest, gleichermaßen ob es das kleinere Städtchen Radautz ist, oder ob die Metropolen Bukarest, Temeswar und Czernowitz besucht und besichtigt werden.
Somit kann der Roman ebenso als ein literarisches Bekenntnis zum historischen Kakanien und zu Rumänien gelesen werden, zu seiner Autoren-Identität und seinen Wurzeln in Südosteuropa. Denn wie in seinen publizistischen Veröffentlichungen und den Erzähl-Bänden ist Franz Heinz im Roman lebensnah, glaubwürdig, authentisch, auch da, wo es immer wieder eingestreute Reflexionen ganz unterschiedlicher Art gibt, wo es um Gott und die Welt geht, um Tod und Teufel, Frauen und Männer, Liebe und Lust, Glück oder Verlust. Für die deutschsprachige Literatur aus diesem historischen Raum ist das Buch eine Bereicherung. Dass es im Gedenkjahr für den Ersten Weltkrieg herauskam, ist zudem erfreulich, weil das Thema sowohl in der Geschichtsforschung als auch in der Literatur schon verdrängt wurde von dem zeit- und folgennahen Zweiten Weltkrieg.
Für seine Landsleute im weiteren Sinne des Wortes hat der Autor bleibende, nachdenklich machende Bilder des Wandels festgehalten, so beispielsweise von seinem Banater Geburtsort: „Gehst durch dein Dorf und weißt nicht, ob du da bist.“ Immer wieder reflektiert er über die „alte Wahrheit“ und die „neue Wirklichkeit“.