Bukarest – Zeitgleich mit der ersten Runde der Präsidentenwahl am Sonntag, den 24. November dürfen die Bukarester drei Fragen eines lokalen Referendums beantworten. Vorausgegangen war eine wochenlange Debatte darüber, ob das Referendum im Rahmen der Präsidentenwahl abgehalten werden kann. Eine entsprechende Gesetzesänderung erfolgte Ende Oktober und machte den Weg für die Initiative des amtierenden Bukarester Bürgermeister Nicușor Dan frei (die ADZ berichtete).
Eine Kampagne zur Mobilisierung der Bürger startete erst kürzlich, im Stadtbild ist der Bürgermeister seitdem auf großen Plakaten zu sehen, auf denen er für ein „Ja“ wirbt, dazu der Slogan „Bukarest entwickelt für dich!“. Verschiedene Medienauftritte Dans sowie eigens für das Referendum entwickelte Social-Media-Beiträge liefern mehr Erkenntnisse, worum es ihm dabei eigentlich geht.
Zwei der drei Fragen zielen direkt auf eine stärkere Zentralisierung der Kompetenzen in der Hauptstadt ab. In dieser herrscht eine ziemlich komplexe Aufteilung der Finanzmittel und Verwaltungsaufgaben zwischen dem städtischen Bürgermeisteramt (Primăria Municipiala București – PMB) und den Rathäusern der sechs Sektoren, die mit dem Referendum – zum Teil – in Frage gestellt wird.
Mit der ersten Frage sollen die Bukarester beantworten, ob sie dafür oder dagegen sind, dass der Bu-karester Stadtrat (Consiliul General al Municipiului București) die Aufteilung der Einnahmen in Form von Steuern und Abgaben zwischen PMB und Sektoren bewilligen muss. Bürgermeister Dan erhofft sich durch eine neue Aufteilung der Finanzmittel mehr finanziellen Spielraum für die PMB, um in die Entwicklung der Stadt zu investieren. Die jetzige, durch nationale Gesetzgebung bzw. das Finanzministerium vorgenommene, Aufteilung bevorzuge die Sektoren, obwohl die PMB wesentlich höhere fixe Ausgaben (z.B. Subventionierung der öffentlichen Verkehrsmittel) habe – so seine Argumentation.
Die zweite Frage dreht sich um die Kompetenz zur Ausstellung von Baugenehmigungen. Bisher erfolgt der Großteil der Genehmigungen durch die Rathäuser der Sektoren, gefragt werden die Bukarester nun, ob zukünftig allein der Stadt-Bürgermeister (PMB) Genehmigungen erteilen soll. Dies wäre eine Rücknahme der Dezentralisierung, die erst vor gar nicht so langer Zeit aufgrund des einsetzenden Baubooms eingeleitet wurde. Bis in die 2000er Jahre funktionierte die Baugenehmigung noch zentral, erläutert Emil Ivănescu, Vorsitzender der Bukarester Filiale des Rumänischen Architektenordens (OAR) in einem Interview mit b365.ro. Dan argumentiert so, dass die Ausstellung durch die Sektoren mitverantwortlich für das Verkehrschaos in der Stadt sei, für dessen Beseitigung wiederum er zuständig sei und daher entsprechende Kompetenzen brauche.
Zusätzlich beinhaltet das Referendum eine Frage, die die PSD nachträglich – vielfach betrachtet als „Gegenleistung“ für die Zustimmung der PSD zur von Dan anvisierten Durchführung gemeinsam mit der Präsidentenwahl – dort platziert hat. Die Bukarester werden gebeten, sich dafür oder dagegen auszusprechen, dass die PMB in allen Schulen Bukarests ein Programm zur gesundheitlichen Bildung und Drogenprävention auflegen soll. Diese Frage scheint nicht sonderlich kontrovers – für Schulen sind jedoch eigentlich die Sektoren zuständig, wie ein Experte auf panorama.ro anmerkt.
Die Kampagne scheint darauf zu setzen, dass Dans Popularität die Wähler zur Zustimmung bewegt.
Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, wenn man sich sein Wahlergebnis mit fast 48% aus dem Juni vor Augen führt. Die Themen sind jedoch komplex und nicht jeder Bukarester wird verstehen, warum die Bewilligung des Budgets durch den Stadtrat bzw. zentralisiert ausgestellte Baugenehmigungen zu mehr Investitionen in die Stadt bzw. weniger Stau führen sollen.
Selbst wenn die Bukarester diese Fragen überwiegend mit „Ja“ beantworten sollten – notwendig ist zudem eine Beteiligung von 30% aller Wahlberechtigten –, heißt das noch nicht, dass daraus etwas folgt. Das Referendum ist nicht bindend für die politischen Entscheidungsträger, ob entsprechende Gesetzesänderungen tatsächlich erfolgen, ist unklar und dürfte nicht zuletzt auch vom Ausgang der anstehenden Parlamentswahlen abhängen.