Hermannstadt - „Unser Wesen ..., ganz gleich, wo wir sind und wie wir leben, hängt mit Großpold zusammen. Hier sind wir geprägt worden von der Gemeinschaft in der wir aufwuchsen, von der Arbeit auf den Feldern, von der Schule und der Kirche, von Festen, die wir gefeiert haben, aber auch von dem Leid, das uns betroffen hat. Wir möchten, dass das alles nicht nur in unseren Erzählungen, unseren Briefen und unserer Erinnerung weiter lebt, sondern dass es nicht in Vergessenheit gerät. Und dafür ist eine Ortsmonografie das richtige Mittel.“ Mit diesen Worten leitete der Großpolder Landler Martin Bottesch, seit einigen Jahren der Vorsitzende des Kreisrates Hermannstadt/Sibiu, die Vorstellung der soeben unter dem Titel „Grosspold – ein Dorf in Siebenbürgen“ erschienene Ortsmonografie am Samstagabend ein.
Bottesch hat, auch zusammen mit seiner Gattin Dr. Hanni Bottesch, mehrere Bücher über die Landler verfasst. Ko-Autor der Ortsmonografie ist der Pfälzer und Adoptiv-Großpolder Dr. Ulrich Andreas Wien. Mit einer Großpolderin verheiratet, wurde er als Biograf von Bischof Friedrich Müller-Langenthal bekannt, für das Großpolder Buch empfahl ihn zudem sein tiefes Kennen der Hermannstädter Archive. Die Buchpräsentation vor rund 250 Großpoldern und Gästen war wohl die erste PowerPointPräsentation in der evangelischen Kirche in Großpold/Apoldu der Sus. Mit ihr wurde das am Wochenende zum zehnten Mal im Heimatdorf ausgetragene Großpolder Treffen eingeleitet. Dabei alle begrüßt hatten Ortspfarrer Wilhelm Meitert und die HOG-Vorsitzende Christa Wandschneider.
Die Monografie möchte „ein Buch für unsere Zeit“ sein, die das Geschehen mit heutigen Augen betrachtet, sagte Bottesch. Daraus stellten die beiden Autoren die wichtigsten Teile in mehrmaligem Wechsel vor. Die Geschichte des Ortes geht in die Römerzeit zurück, aus der Mauerziegeln bei Großpold gefunden wurden und aus der ein Grabstein bis zur Renovierung 1867 im Kirchturm eingemauert war (heute im Brukenthalmuseum). Erwähnt hat Bottesch die älteste Urkunde – von 1291 – in der Großpold erwähnt ist. Er ging auf die bauliche Entwicklung der Ortschaft ein und präsentierte die orthodoxe Kirche. Dr. Wien stellte die Geschichte der katholischen und dann evangelischen Kirche und der ihr angehörenden Gemeinschaft vor. Der stattliche Ort – vor ca. 600 Jahren muss er blühender gewesen sein als Hermannstadt zu jener Zeit, werden die damaligen Steuerzahlungen in Betracht gezogen – war im 17. Jahrhundert Plünderungen und Seuchen ausgesetzt und wäre fast aufgegeben worden.
Zum neuen Wohlstand trugen auch die Landler bei, auf deren Transmigration Dr. Wien einging. Faszinierend an der Monografie ist nicht nur, welche Vielfalt an Urkunden und Details die beiden Autoren über das Dorf zusammengetragen haben, sondern auch die Menge an Fotos, die „oft mehr zeigen als Worte“, so Bottesch. Die beiden Autoren dankten allen, die mitgeholfen haben beim Sammeln. Namentlich genannt wurden Katharina Schunn (Hausnummer 79) und Maria Mann (221), die beim Deuten der Bilder besonders wertvolle Details kannten. „Hoffentlich wird was Gscheites“ habe ein Großpolder nach einem der vielen Telefonate gesagt. Sie hätten die erhaltenen Informationen nach bestem Wissen und Gewissen überprüft und dokumentiert, ob was „Gscheites“ entstanden sei, müssten nun die Großpolder entscheiden, so die Autoren.
Das Sammeln von so viel Material zu Großpold bringt auch Nachteile mit sich: Die im Janos Stekovics-Verlag erschienene Ortsmonografie hat Albumgröße und wiegt 3,5 Kilogramm je Buch. Gedruckt wurden – auch dank Zuwendungen von öffentlichen Institutionen in Deutschland und Österreich – 700 Exemplare, zumal die 500 geplanten zum Subskriptionspreis bestellt worden sind, so Christa Wandschneider. Sie bat alle Teilnehmer am Treffen bei der Rückfahrt in München bei ihr anzuhalten und ein Buch abzuholen. Am 12. August nämlich werden die 2,5 Tonnen Bücher geliefert, wofür sie die Garage räumen muss. Umrahmt hat die Buchvorstellung das Orgelspiel von Markus Piringer, der Sohn des einstigen Bukarester Stadtpfarrers Samuel Piringer. Der hielt am Sonntag die Predigt im Festgottesdienst. Einen besinnlichen musikalischen Augenblick gewährten bei der Buchvorstellung auch zwei andere Piringers – Karl Heinz (geborener Fisi) und Tochter Eva Maria – mit dem Lied „Et saß a kli wald Vichelchen“.