Hermannstadt – „Liebe Schönauer Burschen, ich danke euch, dass ihr dieses Jahr die Brunnen auf unseren Feldern geputzt und gerichtet habt. Möge Gott geben, dass diese Quellen nie versiegen, damit aus diesen Rinnen immer fließt frisches Wasser und unsere Schönauer Bauern sich damit erfrischen können.“ Mit diesen Worten begrüßten einst die Hauswirte in Schönau/Şona, am linken Unterlauf der Kleinen Kokel/Târnava Mică, die jungen, konfirmierten, unverheirateten Burschen, wenn sie in ihrem reich geschmückten Rinnenwagen durch das Dorf zogen. Ein Krug Wein von jedem Hauswirt war der Dank für das Säubern der acht Quellen auf dem Schönauer Hattert. Stets am Sonntag vor Pfingsten wurden die Sickerbecken gereinigt und die Holzeinfassungen der Rinnen sowie die Abflussrohre erneuert.
Im Jahr 1900 wurde das Fest erstmals in der Ortschronik erwähnt. Einst waren es fünf bis sechs Rinnenwagen, die von einem Ochsen- oder Pferdegespann durch die Straßen gezogen wurden, später nur noch drei oder zwei. Mit der Auswanderung der Schönauer verschwand nicht nur das Rinnenfest, auch die Quellen auf dem Hattert sind heute versiegt. Wie so viele sächsische Dörfer hat sich auch Schönau verändert. Die Straße Richtung Seiden/Jidvei war einst von Pappeln gesäumt. Heute wächst nur noch Unkraut am Wegesrand. Fast in der gesamten Straße lebten einst Sachsen, erzählt Hans und zeigt auf eines der Häuser: „Dort hat der Förster gewohnt, ein Rumäne, weiter oben ein Ungar.“ Es sind heiße Augusttage, in denen die Schönauer ihr drittes Heimattreffen veranstalten, in dessen Rahmen auch das Rinnenfest begangen wird. Die Kränze, die die Wagen verzieren werden noch immer von den Mädchen gebunden und mit den Initialen des Rinnenvaters versehen – nur die Ochsen wurden extra aus dem Apuseni-Gebirge nach Schönau gebracht. Begleitet wurden sie von Sachsen und Rumänen, die sich gemeinsam am nass spritzen der beiden Wagen erfreuten. Einst sollte es symbolisch den Wunsch nach wasserreichen Quellen unterstreichen.
Früher liefen nur einige Kinder und die Mädchen, die den Kranz gebunden hatten, bis zur Wiese hinter den Pappeln mit. Dort stiegen die Burschen aus dem Wagen und stellten sich zum Gruppenfoto auf. Danach gingen die Mädchen nach Hause und warteten bis der Rinnenwagen auch bei ihnen vorbei fuhr, um dann selber Wein zu reichen. Das Wasserwerfen wurde unterdessen vom Pferdetreiber mit nicht ganz ernstgemeinten Peitschenhieben sanktioniert.
Verkleidet waren die Wagen wie früher mit hohen Buchen- und Eichenästen, gesammelt von den Jugendlichen und Junggebliebenen am Vortag. Aus dem Inneren erklangen die traditionellen Rinnenlieder. Lange trocken blieben die Mitfahrer gleichwohl nicht, dafür sorgten zum einen die Mädchen und zum anderen der Wein.
Am Abend versammelte man sich dann wieder zum gemeinsamen Tanz, der nicht mehr beim gastgebenden Jugendlichen stattfand, sondern in der Kirchgasse und im Pfarrhof. Eingeladen waren auch die Mädchen, was auch nicht immer so war, bis in den 50er Jahre blieben die Burschen unter sich.