Gregorianik vom katholischen Ufer des Ärmelkanals

Hermannstadt – Wer an diesem Abend den Raum betritt, wird sich der Besonderheit kaum entziehen können: was wie Reisen ins Mittelalter verstanden werden will, wird von einem Ensemble aus Frankreich unterwegs auf aktueller Gastspielreise durch Rumänien zur Wirklichkeit gekrönt. Lauschenden kommt dabei nicht nur die Rolle des Zuhörens zu, sondern auch Beteiligung am liturgischen Programm, das sich in lateinischer Sprache entfaltet. Gemeinsam mit bis zu 30 jungen Sängerinnen und Sängern gestaltet sich eine Vesper als klangliches Band zwischen Altem und Neuen, von der evangelischen Stadtpfarrkirche Hermannstadt/Sibiu getragen. Im Anschluss an die Vesper werden mittelalterliche Gesänge geboten, die im Wechselspiel mit dem Können von Organist Toma Verly den gezielt ausgebildeten Sängerinnen und Sängern aus der Normandie allein gehören. Dass eine der ältesten Musikformen Europas mittels einer Wander-Meisterklasse nicht ins Vergessen gerät, ist auch dem Projekt „Via Gregoriana” zu verdanken. Seit Ende der vergangenen Woche zieht es unter Leitung von Pater Guillaume Antoine, Rektor der Abtei „La Lucerne” in der Normandie, durch Karlsburg/Alba Iulia, Klausenburg/Cluj, Kronstadt/Brașov und Sinaia.

Es lag auf der Hand, unbedingt auch in der Hermannstädter evangelischen Stadtpfarrkirche aufzutreten. Wer Mittwoch, am 3. September, um 18 Uhr in ihren Bankreihen Platz nimmt, erlebt folglich nicht bloß ein weiteres Gastspiel, sondern ein großes Stück Kulturgeschichte. Wo Pater Guillaume Antoine die Tournee leitet, liegt das Dirigat der einzelnen Konzerte in den Händen von Rogatien Despaigne. Die Reise der „Via Gregoriana” aus der Normandie klingt Sonntag, am 7. September, abends um 20 Uhr mit ähnlichem Programm in der römisch-katholischen Sankt-Josefs-Kathedrale zu Bukarest aus, wo Karol Mossakowski die Orgel spielen und auf Hinweis der Stiftung von Rumäniens Königstocher Margareta gemeinsam mit Cornelius Zirbo und Julia Coteanu auf ihren zwei Violoncelli das himmlische „Andante religioso” von George Enescu zu zelebrieren versprochen hat. Der Eintritt zu den Konzerten der „Via Gregoriana” ist jeweils frei und ein Garant für stimmlich außergewöhnliche Klangmalerei.