Hermannstadt – Hauptsächlich Lehrerinnen und Lehrer werden eben erst gestern und vorgestern jeweils nachmittags im Deutschen Kulturzentrum auf der Wintergasse/Str. Timotei Popovici an einer Fortbildung zum Thema Missbrauchs-Vorbeugung teilgenommen haben, ehe heute Abend um 17 Uhr in der Ferula der evangelischen Stadtpfarrkirche der interaktive Parcours „Mein Körper! Ich kenne mich und hör´ auf mich“ für 8 bis 11 Jahre alte Kinder öffentlich zur Vorstellung gelangt.
Ausnahmsweise jedoch gilt die Vernissage nur Erwachsenen, und auch zur Finissage um 18 Uhr am Abend des 23. Oktober werden allein Eltern, Pädagogen und Lernwillige begrüßt, deren Schulzeit schon um einige Jahre zurückliegt. Der eigentliche Parcours richtet sich an Kinder der 2. bis 4. Klasse, hat sich in der Schweiz als Wanderausstellung behaupten können und macht nun dank unentgeltlicher Übergabe durch den in Zürich eingetragenen Verein „LIMITA“ auch Station in Hermannstadt/Sibiu. Zwei große Kisten der Schwere von je 100 Kilogramm sind nach Siebenbürgen verfrachtet worden, um den Kinderparcours in sechs Stationen und 18 Erlebnis-Schautafeln erstmals auch einem Publikum außerhalb des deutschsprachigen Westeuropa zugänglich zu machen. Große und besonders kleine Besucher regt die Expo an, Vertrauen in den eigenen Körper zu entdecken und zu pflegen, und es bei jeglicher Verletzung intimer Limits nicht mit Resignation und Akzeptieren vom bereits Vorgefallenen auf sich beruhen zu lassen. Prävention wird dabei als Haltung verstanden: wer ein „Ja“ zu sich und dem eigenen Körper findet, kann ein deutliches „Nein“ ausrufen. Auch die Trennung zwischen „guten“ und „schlechten“ Geheimnissen, worum Kinderwelten oftmals kreisen, berührt diese Ausstellung, und Pädagogin Julia Heyden aus Deutschland und der Schweiz stellt klar, dass Verraten „schlechter“ Geheimisse keinem Petzen gleichkommt und somit den „Ehren-Kodex unter Kindern“ nicht verletzt.
Kuratorinnen der Wanderausstellung sind Fortbildungs-Dozentin Julia Heyden und Teresa Leonhard, Lektorin des Studiengangs für deutschsprachige Grund- und Vorschulpädagogik an der Lucian-Blaga-Universität (ULBS). Der Workshop zum Thema an den ersten zwei Tagen der laufenden Woche, worüber die ADZ Ende Oktober ausführlicher berichten wird, hat am Deutschen Kulturzen-trum vor Ort in Kooperation mit dem Zentrum für Lehrer-Fortbildung (ZfL) in deutscher Sprache stattgefunden und auch Studentinnen des erwähnten Ausbildungswegs an der ULBS dazu befähigt, Kinder in Begleitung von Erwachsenen durch die interaktive Expo zu führen. Der Rundgang erfordert etwa 90 Minuten Zeit und ist nur nach der Voranmeldung durch Ausfüllen eines Online-Formulars möglich, das sich auf dem Link dppd.ulbsibiu.ro/pippde/index.php?id=30 findet; interessierte Pädagoginnen und Pädagogen werden gebeten, sich für zwei Besuchstermine aus einer ausreichend langen Liste zu entscheiden, wovon die Veranstalter letztlich einen zu ermöglichen versuchen. Finanziert wird das Projekt mithilfe des österreichischen Bundeslandes Kärnten und der Donauschwäbischen Kulturstiftung des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg. Weitere Partner nebst dem Deutschen Kulturzentrum Hermannstadt, dem ZfL und dem Verein LIMITA sind der Verein für Freiheit und Geschlechter-Gleichheit (Asociația pentru Libertate și Egalitate de Gen, ALEG) und die gastgebende evangelische Kirchengemeinde. Sollte gerade keine Kindergruppe den interaktiven Parcours entlanggehen, was in der Ferula der evangelischen Stadtpfarrkirche gelegentlich der Fall sein wird, ist es auch Einheimischen und Gästen ohne Kontakt zum Bildungsgeschehen gestattet, einen Blick auf die Schautafeln zu werfen.