Hermannstadt – Die Zeitstrecke, die es bis zum nächstfolgenden Kirchenburgen-Gespräch zu überbrücken gilt, bahnt sich nicht eben kurz an – Stefan Bichler, Referent der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) für Öffentlichkeitsarbeit, gab am Abend des ersten Märztages bekannt, die Reihe werde terminlich etwa um Ende Mai oder Anfang Juni 2022 mit einer neuen Veranstaltung fortgesetzt. Und dann vielleicht sogar in hybrider Form, wenn die pandemische Situation es erlauben sollte, einander wieder physisch zu begegnen. Online zugeschaltet würden nur Zuschauer, die keine Plätze mehr reservieren können. Doch bevor Stefan Bichler das Weiterspinnen an den Kirchenburgen-Gesprächen kalendarisch in Aussicht stellte, hatten er als Moderator und ein etwa sechzig Personen zählendes Publikum der EKR sich gerade noch eineinhalb Stunden lang auf der Plattform Zoom über „Restituierung kirchlicher Immobilien“ informiert.
Friedrich Gunesch, seit über drei Jahrzehnten für die Kanzlei des Landeskonsistoriums der EKR tätig und bereits etliche Jahre als ihr Hauptanwalt erfahren, war eingeladen worden, um gut verstehbar zu erklären, „wie enteignete kirchliche Immobilien zurückgeholt werden können und welche Herausforderungen dabei entstehen.“ Leicht gesagt und dennoch schwer getan. Vor allem während des Krieges in der Ukraine, wie Philipp Harfmann, Geschäftsführer der Stiftung Kirchenburgen, einräumte: „Es ist nicht einfach, in diesen Tagen über Kulturerbe zu sprechen.“ Pfarrerin Angelika Beer schickte dem Kirchenburgen-Gespräch der EKR ein Friedensgebet des 18. Jahrhunderts voraus. „Mache zuschanden, die mit Unglück schwanger gehen!“
Am Ende der Veranstaltung sagte Hauptanwalt Friedrich Gunesch, die EKR habe bis heute etwa 1100 Restituierungs-Anträge gestellt und von den Gerichtsstellen Rumäniens nicht jeweils nur positive Reaktionen erhalten. „Ich selber bin auch nicht immer mit den Antworten und Bescheiden zufrieden“, versicherte er sämtlichen aus dem Ausland und Rumänien zugeschalteten Zuhörenden, die ihm zum Schluss des Abends manche gezielte Frage stellten und für die immobile Sache der EKR auch Lob übrig hatten. Überaus spannend war es gewesen, seinen packend vorangegangenen Ausführungen zu lauschen. Am fühlbar häufigsten fiel dabei das bedeutende Wort „Grundbuch“. Außerdem vertritt Hauptanwalt Friedrich Gunesch die Ansicht, dass die 1940 gegründete und 1944 wieder aufgelöste Deutsche Volksgruppe in Rumänien meist „eine Absichtserklärung mit der EKR“ getroffen habe, die so nur in den allerwenigsten Fällen tatsächlich zu einer rechtlichen Übernahme von Immobilien der Kirche der Siebenbürger Sachsen in den Besitz der Volksgruppe führte.
Rückwirkend sei heute nicht selten festzustellen, dass sowohl vor, während als auch nach dem Zweiten Weltkrieg beiden beteiligten Seiten – den Organen der Mehrheitsgesellschaft in Rumänien wie auch der deutschen Minderheit – Ungenauigkeiten unterliefen. Stefan Bichler bemerkte treffend, dass „die Behörden auch damals schlampig gearbeitet haben“, was Jahrzehnte danach einerseits mit positiven Folgen einhergehe, auf der anderen Seite nachträglich aber nur schwer als eine „Enteignung“ bewiesen werden könne. „Das Durcheinander war manchmal perfekt“, ergänzte Friedrich Gunesch. Der Chef der Kanzlei des Landeskonsistoriums der EKR kennt sich im einmaligen Kulturerbe seines Arbeitgebers wie in der eigenen Westentasche aus und verabschiedete sich sehr freundlich begeisternd von den Teilnehmern des Kirchenburgen-Gespräches am 1. März.