Solidarität als Mittel gegen Verdrehung historischer Wahrheiten

Die zeitlich befristete Ausstellung des „Muzeon“ in Klausenburg zur Frage von Solidarität mit jüdischen Nachbarn im Europa und Rumänien des 20. Jahrhunderts berechnet ihren Besuchern keinen Eintrittstarif. Auch die Eintragung in das Gästebuch kostet nichts. Auf Spenden dagegen ist das unabhängige Museum zweifelsohne angewiesen. Foto: Klaus Philippi

Klausenburg – Es könnte so einfach sein, Klartext nicht nur zu lesen, sondern auch zu verarbeiten und zu gesellschaftlich breitest anerkannter Wahrheit reifen zu lassen. Das kommunistische Erbe Rumäniens aber ist eine harte Nuss und macht nicht einmal davor Halt, Demokrat Iuliu Maniu Antisemitismus nachzusagen. Dabei hatte sich der siebenbürgische Visionär des republikanisch freien Rumänien sofort nach dem Zweiten Wiener Schiedsspruch in die Rettung möglichst vieler Juden aus dem Norden Transsylvaniens über die Binnengrenze nach Süden eingeschaltet und sowohl bei General Ion Antonescu als auch beim Königshaus persönlich für ihre Schonung vorgesprochen. Den kommunistischen Führungs-Kadern jedoch, die ihn bereits zur Zwischenkriegszeit aufgrund seiner Prägnanz bei Gründung des rumänisch modernen Staats nach dem Ersten Weltkrieg nicht eben hoch schätzten, war es ein erschreckend Leichtes, Iuliu Maniu bei Eintritt in die sozialistische Nachkriegszeit ohne Wenn und Aber zur Unperson zu statuieren. Eine Tatsache und Verzerrung, worüber die temporäre Ausstellung betreffend Solidarität im inhaltlich jüdisch reflektierenden Muzeon in Klausenburg/Cluj-Napoca nüchtern aufklärt. Auch die pikante Verwandtschaft von Faschismus und Kommunismus, die auf dem rumänischem Terrain das Herausschlagen politischen Kapitals aus populären Vorurteilen gegenüber Minderheiten gemeinsam hatten und einander oft nur statistisch zu widersprechen schienen, erhält durch die Schautafeln der europäisch geförderten Expo betreffend das Thema von Solidarität mit jüdischen Staatsbürgern im vorigen Jahrhundert nachträglich ihre wachrüttelnde Verstehens-Anleitung. Wie lange die Ausstellung Besuchern zur Verfügung stehen wird, weiß an der Rezeption des „Muzeon“ niemand auf den Tag genau zu bestätigen. Doch „wir hoffen, dass möglichst viele Schulklassen vorbeischauen“. Dem sich extremistisch verhärtenden Miteinander in Rumänien kann das nur entgegenwirken. Mindestens noch bis Frühlingsanfang verspricht diese Ausstellung mit Fingerzeig auf einen harsch übertriebenen Nationalismus in Rumänien und nicht nur zugänglich zu bleiben. Nicht nur Juden, die aus Überzeugung oder Kalkül den kommunistischen Parteien beigetreten waren, gab es, sondern auch von Vernichtung im Holocaust Bedrohte jüdischer Identität, die ihre politisch motivierte Benachteiligung zum Beispiel als Zeitungsredakteure in Ghettos trotz aller diktatorischen Zensur subversiv mit Humor zu nehmen verstanden.