Hermannstadt - Es sei der Versuch, ein US-amerikanisches Modell der Stadtentwicklung auf Rumänien zu übertragen, meint Michael Engel zum jüngsten Projekt der Hermannstädter Stiftung Heritas. Diese organisierte von Mittwoch bis Freitag einen Workshop, bei dem drei Bürgermeister aus dem Kreis Hermannstadt/Sibiu Ideen für die Entwicklung ihrer Gemeinden entwickeln und mit Fachleuten diskutieren konnten.
„Zivilgesellschaft und die Rathäuser – Partner für die Entwicklung der Gemeinschaft“ lautete der Titel der Veranstaltung. Es handele sich um ein Pilotprojekt zur Fortbildung von Bürgermeistern, erlärte Engel, der Vorsitzende der Stiftung. „Das Programm lehnt sich ganz stark an ein Konzept aus den USA. Dort gibt es ein von der Regierung gestütztes Institut, das Mayors´ Institute on City Design, das sechsmal im Jahr einen Workshop für bis zu acht Bürgermeister organisiert.“
Nach diesem Vorbild funktionierte auch der Pilotworkshop in der Orangerie der Brukenthal´schen Sommerresidenz, an dem die Bürgermeister Mircea Dragomir aus Birthälm/Biertan, Arnold Klingeis aus Freck/Avrig und Horaţiu Răcuciu aus Sălişte teilnahmen. Als Experten eingeladen waren John Callahan, Bürgermeister der Stadt Bethlehem im US-Bundesstaat Pennsylvania, Stewart Sarkozy-Banoczy vom amerikanischen Bauministerium, Dr. Oliver Weigel, verantwortlich für Stadtentwicklungspolitik im deutschen Bauministerium, Michael Buck vom Architekturbüro Planwerk in Klausenburg/Cluj-Napoca, Daniela Ionescu, Beraterin im Ministerium für Entwicklung und Tourismus sowie die Rechtsanwältin Alice Şerban.
Vor allem den auswärtigen Fachleuten stellten die drei Bürgermeister zu Beginn ihre Ortschaften vor. Das Dorf Bierthälm ist insbesondere für sein unter Unesco-Schutz stehendes Ensemble aus Dorfkern mit der sächsischen Kirchenburg bekannt und auch in den zur Gemeinde gehörenden Nachbardörfern gibt es sehenswerte mittelalterliche Kirchen. Die aus zehn Ortschaften bestehende Stadt Sălişte ist sehr heterogen, was die wirtschaftliche und soziale Struktur der Einzelgemeinden angeht. Bürgermeister Răcuciu erwartet positive Entwicklungseffekte vor allem durch den künftigen Anschluss an die Autobahn. Arnold Klingeis wiederum stellte seine Strategie für die Entwicklung Frecks zu einem Zentrum der erneuerbaren Energien vor und erklärte die Pläne zur Entwicklung des lokalen Tourismus.
Ein Beispiel dafür, dass man als Bürgermeister keine Scheu vor Visionen und großen Plänen haben sollte, präsentierte John Callahan. Der Amerikaner präsentierte die Wiederbelebung eines stillgelegten Stahlwerksgeländes in der Stadt Bethlehem. Für dieses Projekt hat sich Callahan auch in Deutschland inspirieren lassen, vor allem an Beispielen aus dem Ruhrgebiet. Vom Wandel der Stadt Leipzig in Krisenzeiten berichtete Dr. Oliver Weigel. Leipzig erlebte nach der Wende einen dramatischen Abbau von Industriearbeitsplätzen und Bevölkerungsrückgang. Diese Tatsache zwang laut Weigel die Stadtverwaltung, eine Strategie für die künftige Entwicklung aufzustellen. Offensichtlich mit Erfolg – mittlerweile gilt die Stadt als am stärksten wachsende in Deutschland.
Was kann ein Bürgermeister also machen? Wichtig sei langfristiges Denken, so Weigel. 10 bis 15 Jahre müsse man für die strategische Neuausrichtung einer Stadt einplanen, wobei es gilt, die großen wirtschaftlichen und sozialen Trends zu beachten. Dann muss die Stadtverwaltung Stärken und Schwächen erkennen, sollte die Bürger in den Prozess einbeziehen und klare Ziele definieren. Nach weiteren Präsentation über die kommende EU-Förderperiode, öffentlich-private Partnerschaften oder die Wiederbelebung öffentlicher Räume diskutierten am Freitag die Bürgermeister konkret ihre Vorhaben.
Ziel sei es, so Organisator Engel, dass die Bürgermeister am Ende mit einer klaren Projektidee nach Hause fahren, auch wenn es nur eine kleine ist. Falls sich das Vorhaben als erfolgreich erweist, plane man eine Fortsetzung dieser Art von Zusammentreffen von öffentlicher Verwaltung und Fachleuten der Stadtentwicklung, sagte Engel. Das jetzt durchgeführte Pilotprojekt ermöglichte die amerikanische Botschaft in Bukarest durch Mittel aus dem Ambassadors Fund for Cultural Preservation.