Beim „Runden Tisch zur Vorbeugung von Menschenhandel“ handelt es sich um eine Initiative der „Arca Binecuvânt˛rii Sibiu“ (Arche des Segens Hermannstadt) unter der Leitung von Erika Klemm, Referentin für Migration der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien. Die Veranstaltung findet zwei Mal pro Jahr statt – die Treffen sollen nicht nur die in dem Bereich tätigen Akteure an einen Tisch bringen, sondern denselben auch wichtige und innovative Werkzeuge zur Hand geben. Der insgesamt fünfte, aber in diesem Jahr erste Runde Tisch fand am Freitag, den 31. März im „Hans Bernd von Haeften“ Tagungs- und Konferenzzentrum der Evangelischen Akademie Siebenbürgen statt und war dem Thema der Entwicklung von resilienten Ressourcen gewidmet.
40 Teilnehmer aus staatlichen Einrichtungen und Nicht-Regierungsorganisationen aus den Kreisen Alba, Hunedoara und Hermannstadt sind der Einladung der Organisatoren gefolgt.
Als Experte wurde Thorsten Licker eingeladen. Thorsten Licker, in Hermannstadt geboren, leitet das Reha-Angebot der Psychologischen Beratungsstelle für politisch Verfolgte und Vertriebene (PBV) der Evangelischen Gesellschaft (eva) in Stuttgart.
Einleitend erläuterte Licker seine methodische Herangehensweise: Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Überwindung traumatischer Erlebnisse mit der Methode der Salutogenese. Die Salutogenese ist eine von Aaron Antonovsky in den Siebziger Jahren entwickelte Vorgehensweise, die der Frage nach der Entstehung der Gesundheit nachgeht. Dabei wird das sogenannte Kohärenzgefühl mit seinen drei Aspekten betont: das Gefühl der Verstehbarkeit (die Fähigkeit, die Zusammenhänge des Lebens zu verstehen), das Gefühl der Handhabbarkeit (die Überzeugung, das eigene Leben gestalten zu können) und das Gefühl der Bedeutsamkeit (die Sinnhaftigkeit des Lebens).
Anhand von mehreren Beispielen aus der Praxis erläuterte Licker, wie ausgehend von einem Trauma über den Wiederaufbau des Vertrauens zur eigenen Person und zu den Mitmenschen mittels des eigenen Wissens und der eigenen Fähigkeiten Menschen bestärkt werden, sich in einem neuen, meist fremden Umfeld, zu verwirklichen. Dabei kommen persönliche, dazu gehören körperliche, seelische und kulturelle Gegebenheiten sowie externe Ressourcen wie das Sozialleben, staatliche Förderung, medizinische Dienstleistungen, Bildungswesen und anderes zum Einsatz. Wichtig dabei bleibt, dass die eigenen Fähigkeiten und Talente erkannt und gefördert werden, was zum Aufbau einer neuen Selbstständigkeit führt.
In einem abschließenden Schritt führte Thorsten Licker das Prinzip des Regenbogens der Resilienz ein. Die Begriffe: Selbstmanagement, Selbsteffizienz, Handhabung der Gefühle, Optimismus/Hoffnung, sozialer Rückhalt, Zukunftsorientierung und die Orientierung zu Sinn und Werte, greifen ineinander und sind voneinander abhängig wie die Farben des Regenbogens und bilden ein Gleichgewicht, wobei keine einzige fehlen darf, wenn man einen kompletten Regenbogen haben möchte.
Im Rahmen des Treffens wurden auch Erfolgsprojekte aus Rumänien vorgestellt. Zu diesen gehört etwa das Projekt von Markus Schwitter, der Verein Casa Speran]ei (Haus der Hoffung) von Heltau/Cisnădie: Mittels Selbstverteidigungskursen (Krav Maga), versucht er, das Selbstvertrauen von Kinder zu stärken, wobei dadurch auch die Beziehung Täter/Opfer durch das Verankern neuer Verhaltensweisen neu definiert wird. Eine Besonderheit der Methode ist, dass zuerst die Teammitglieder und erst dann die Nutznießer an den Fortbildungen teilnehmen.
Mirona Tatu berichtete über ihre Erfolge im Einsatz von Storytelling und Theaterpädagogik in der Arbeit mit Sozialarbeitern und mit deren Klienten, die sie nun seit mehreren Jahren in Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Einrichtungen praktiziert.
Über die Pionierarbeit im breiten Feld der sozialen Dienstleistungen sprach Erika Klemm. Durch den Vergleich mit der Geburt eines Kindes stellte sie bildlich dar, wie herausfordernd der Weg von der Idee zur Verwirklichung derselben sein kann. Zugleich betonte Klemm, dass man in der Pionierarbeit auch immer das Risiko des Misserfolgs eingehen muss, weil nicht jedes Projekt unbedingt zum Erfolg wird.
Seit 2023 wird die Arbeit des Runden Tisches zur Vorbeugung von Menschenhandel von dem Lutherischen Weltbund finanziell unterstützt, wobei diese Förderung für die nächsten drei Jahre sichergestellt ist.