Beheimatung in der Sprache zum Besichtigen

Gespräch über eine digitale Ausstellung zur Identität Rumäniendeutscher mit Projektkoordinatorin Valeska Bopp-Filimonov

Die Startseite der Ausstellung „Wir wohnen Wort an Wort“. Sie kann besucht werden auf der Website der Deutschen Digitalen Bibliothek, unter ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/wortanwort.

In der Ausstellung erklären und reflektieren die Studierenden auch die eigene Arbeitsweise.

„Grenzstationen, Begegnungen, Nachtzüge, Volkstümelei, Securitate, Umbruch, Exodus, Revolution 1989, Medien, Wechselstuben und – vor allem – fragmentierte gesellschaftliche Gruppen, Gedächtnislinien und Diskurse: Aus diesem Dickicht an Eindrücken einer ethnografischen Forschungsreise zu den deutschsprachigen Minderheiten Rumäniens und der Ukraine sind im Rahmen eines zweisemestrigen Studienprojekts eine Ausstellung und Projekttage unter dem Titel ‚Wir wohnen Wort an Wort. Banat – Siebenbürgen – Bukowina. Ein Ethnograffiti Südosteuropas‘ entstanden“ – so klingt die Einleitung des Artikels im Jahrbuch „Kulturelle Kontexte des östlichen Europa“, Band 60, der unter dem Titel „Neue Architekturen der Wissensvermittlung gestalten. Teamethnografisch Forschen, Ausstellen und Reflektieren bei der Arbeit an ‚Wir wohnen Wort an Wort. Banat – Siebenbürgen – Bukowina: ein Ethnograffiti Südosteuropas‘“. Über diese mittlerweile digital zu besichtigende Ausstellung, kuratiert von Dr.  Valeska Bopp-Filimonov, Oliver Wurzbacher, mit Julian Paal und Franziska Wiest, unterstützt von Britta Kussin, Grafik und Illustration, sprach ADZ-Redakteurin Astrid Weisz mit Valeska Bopp-Filimonov, Juniorprofessorin für Romanistik mit Schwerpunkt Rumänistik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena (die deutschlandweit einzige ausschließlich dem Rumänischen gewidmete Professur).

Frau Bopp-Filimonov, was ist ein Ethnografitti?

Die Titelsuche für so große Projekte wie dieses ist immer eine Herausforderung. Es ist ein Wortspiel, das uns unter verschiedenen Zusammenhängen gefallen hat, aber auch konzeptionell aus unserer Sicht tragfähig geworden ist: Zum einen ist das Projekt aus einem ethnografischen Zusammenhang entstanden, doch üblicherweise braucht man, um so eine Forschung zu machen, sehr viel Zeit im Feld, mit den Menschen, mit den Orten, in denen man die Forschung durchführt. Das können Wochen bis Monate sein – eine Zeit, die wir nicht hatten. 

Die Ausstellung ist aus einem Projektseminar der Kollegin Dr. Anne Dippel in Jena entstanden. Das war ihre Initiative, ein zweisemestriges Projekt zu machen. Die Reise, die wir gemacht haben, hat zwei Wochen gedauert und im Endeffekt beruht das ganze Material, das in der Ausstellung zu sehen ist, von Mitbringseln, Zitaten, Fotos, Interviews usw. darauf. Es war eine Reise mit dem Zug von Jena über Budapest nach Temeswar und von dort bis nach Tschernowitz/Czerniwzi, eine Fahrt mit Mietwagen, so dass man auch spontan stoppen oder Abstecher machen konnte. 

Bei der langen Strecke hatte man an einem Ort relativ wenig Zeit. Wir wollten die Forschungs- und Exkursionsergebnisse zeigen, aber wir können uns ja nicht erlauben, den Anspruch zu erheben, es sei wie eine große Monografie oder wissenschaftliche Arbeit zu betrachten, bei der alle Zusammenhänge und Beobachtungen kontextualisiert und erklärt werden. 
Und da kommt das Wort „Grafitti“ ins Spiel, das etwas Skizzenhaftes hat, was man schnell macht, das gleichzeitig farbig ist, und ich glaube, man kann das ganz schön in der Ausstellung sehen, dass da auch viel Energie, Farbe und Licht über die Fotos und Bilder transportiert wird. Ein Ethnografitti will also sagen: „Wir können euch hier nicht alles erklären, es würde sonst jeden Rahmen sprengen und wir können es uns also nicht anmaßen“.

Die Ausstellung summiert kleine Eindrücke, die wir so gründlich und gut, wie wir es konnten, ausgewertet haben, diskutiert haben, wo wir über historische Zusammenhänge gesprochen haben. Über die Ausstellung sollen sketchhafte Eindrücke vermittelt werden und komplexe Themen eben nur angeschnitten werden, um den Besuchern Lust darauf zu machen, sich über das eine oder andere Kapitel anderswo genauer zu informieren, und Fragen, die bei der Betrachtung entstehen, nachzugehen. Anregend und bunt sollte es sein, auf keinen Fall oberflächlich, aber man kann auch nicht alles zu Ende erklären.

Woher kam die Idee zu der Forschungsreise und der anschließenden Ausstellung?

Der Impuls kam von Dr. Anne Dippel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Europäische Ethnologie, die sich ganz viel mit der Habsburger Monarchie beschäftigt hat, aber noch nie in die südöstlichen Regionen mit der Arbeit vorgedrungen ist. Bei der Projektkonzeption suchte sie den Kontakt zu unserem Romanistik-Lehrstuhl und machte den Vorschlag der Zusammenarbeit. 

Sie übernahm Planung und Konzept, bei der Reise begleitete ich sie und die Ethnologie-Studierenden auch. An der Ausstellung arbeiteten dann im zweiten Semester auch Studierende der Rumänistik und der Südosteuropastudien mit, und das hat sich auch als sehr fruchtbar bewiesen. Denn diese Studierenden sind zwar wenige, dafür aber unglaublich engagiert, haben vielfach in der Region Freiwilligendienste geleistet oder haben biografische Bezüge, und die konnten dann mit ihrer Expertise und breiterem historischen Wissen, aber auch Erfahrungswissen aus der Familie und von ihren Reisen viele Dinge auch kontextualisieren und man konnte so gemeinsam mit den Studierenden, die auf Reise gewesen waren, über das dort Erlebte ins Gespräch kommen. Die Auswertung und Ausstellungsgestaltung haben wir dann als Co-Dozentinnen zusammen mit dem Teilnehmer Oliver Wurzbacher gemacht, der Input kam dann aber sehr von beiden Studentengruppen.

Wie haben Sie die Reise durch Rumänien erlebt?

Einige Termine konnten vorab ausgemacht werden, weil es einige zentrale Orte gibt, wo eben Deutschsprechende anzutreffen sind, so die Lenauschule in Temeswar oder die Banater Zeitung. Man hat ein paar Institutionen gezielt aufgesucht, die vor Ort präsent sind, die natürlich auskunftsfreudig sind, Termine, die zum großen Teil die Studierenden auch selbst als Teil der Projekterfahrung und des Lernprozesses in die Hand genommen haben. Dann haben sich aber unglaublich viele andere Gespräche spontan ergeben, sei es in Cafés oder auf der Straße, weil man als deutschsprechende Gruppe eben auffiel und man über den Zweck der Reise angesprochen wurde. 

Jede dieser Optionen wurde genutzt, um zum Thema mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, und wenn die Partner einverstanden waren, wurde das auch aufgezeichnet oder fotografiert. Es gab sogar eine kleine Crew, die hier und da auch gefilmt hat. Lustigerweise gab es auch Personen, die man an verschiedenen Orten wieder getroffen hat, weil sie selbst auf Reisen durch Rumänien waren. Wir kamen gerade in der Zeit, da verschiedene kleine Feste, auch Erntedankfeste gefeiert wurden, und da konnte man zu diesen Ereignissen verschiedene Personen treffen, ob die nun vor Ort lebten oder nur zu Besuch da waren. 

So kamen ganz unterschiedliche Eindrücke zusammen und Möglichkeiten des Austausches, ja sogar des zeitweiligen Integrierens für den Moment, sei es auch nur am gemeinsamen Mahlzeittisch zum Beispiel.

Im Titel wird das nicht explizit genannt, bei der Ausstellung geht es dann schon um die Deutschen in den genannten Regionen, oder?

Ja, das hat im Endeffekt einen pragmatischen Hintergrund, dass es dann de facto um die Deutschen oder vor allem Deutschsprachigen geht. Uns hat schon die jüdische Bevölkerung sehr interessiert, die in Rumänien, besonders aber in Czernowitz gelebt hat und die zu einem großen Teil auch deutschsprachig war. 

Die Region und das Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen waren der Fokus, aber dadurch, dass die Ethnologie-Studierenden kaum Rumänisch konnten und Dr. Dippel sich auch sehr auf Sprache und das Konzept Sprache als Heimat, als Identität, und welche Rolle sie für die Menschen gerade in so einer multikulturellen Gegend spielt, fokussiert, war es dann relativ schnell klar, dass man sich auf deutschsprechende Quellen beschränken würde. Man hat sich dann alles am Beispiel der Deutschen und der Relevanz der deutschen Sprache angesehen. 

Wir haben das im Titel aber absichtlich offen gehalten, weil das Interesse an sich schon sehr am Zusammenleben verschiedener Menschen mit ihren auch verschiedenen Sprachen orientiert war. Ein grober Zusammenhang besteht jedoch auch zu den aufkommenden Tendenzen in Europa heutzutage, mit Ressentiments, die aufkommen, sei es Antisemitismus oder geflüchtete Menschen. Und vielleicht ist ja etwas von diesem multiethnischen Südosteuropa zu lernen, wo so viele Menschen und Sprachen und Kulturen sehr eng zusammen gelebt haben. Die Grundfrage ist also nicht an der Geschichte der Deutschen in Rumänien festzumachen.

Wie ist die virtuelle Ausstellung „Wir wohnen Wort an Wort“ aufgebaut?

Es gibt eine kurze Einführung, in der der Ansatz, die Reise, das Forschungsvorhaben und das Team vorgestellt werden. Und dann gibt es mehrere Stationen, die die Metapher des Wohnens aufgreifen, wie schon im Titel vermerkt. Der bezieht sich im Übrigen auf ein Zitat von Rose Ausländer: „Wir wohnen/Wort an Wort/Sag mir/dein liebstes/Freund/meines heißt/DU“. Rose Ausländer ist ja in der deutschen Sprache geblieben trotz Holocausttraumata, verschiedene, auch schlimme Erfahrungen mit der deutschen Sprache, siehe, wozu sie mit dem entsprechenden politischen Hintergrund in der Lage ist. 

Sprache, als Heimat, als Verbindendes, zieht sich durch die Ausstellung als thematische Metapher. Die erste Station heißt dann „Alle unter einem Dach“: Die Idee ist das Zusammenleben, auch im positiven Sinne, was auch viele Befragte hervorgehoben haben, dass es etwas Besonderes war, wie das in Rumänien funktioniert hat. Ich sage das absichtlich in der Vergangenheit, weil die großen Auswanderungswellen, gerade bis in die 90er Jahren, da noch mitschwingen in der Aussage. 

Dann heißt es „Die Grundrisse der anderen“, und da geht es eben um die Zitate, die wirklich die Unterscheidung machen und die Ungleichheit und Verschiedenheit hervorheben, die trotz des engen Lebensraums eine große Rolle spielen. Dann ist ein stärker historisches Kapitel zu besichtigen: „Trümmer, Träume, Traumata“. Da geht es vor allem um das 20. Jahrhundert, mit den Kriegen, der NS-Zeit, der kommunistischen Zeit, den Deportationen, der Auswanderung und letztlich auch der Verkauf der deutschen und jüdischen Bevölkerung bis 1989. 

Und dann ging es bei diesem Kapital auch darum, inwiefern der Lebensabschnitt „Deutschland“ ein Trauma darstellt, in dem man Antworten auf die Fragen zeigt „Sind Sie in Deutschland angekommen? Haben Sie eine Heimat gefunden? Oder ist es ein Traum, in diesen Westen zu gehen und ein Rumänien zu verlassen, das in den 90ern so unübersichtlich und wirtschaftlich schwierig sich zeigte?“ Wir wollten wissen, für wen ist es gut gegangen, für wen war es eine weitere Wunde, dass man seine Heimat verlassen musste. Das Kapitel „Hinter verschlossenen Türen“ setzt sich dann speziell mit der kommunistischen Zeit und der Abschottung der Gemeinschaften speziell auseinander, während „Neue Hausherren nach 1989“ als fünfte Station sich mit der Auswanderung beschäftigt, mit dem sechsten Kapitel „Verwohnte Ruinen“ quasi als Anhang, der mit vielen Bildern bezeugt, was an verlassenen Häusern, Höfen und Orten, selbst Kirchenburgen heutzutage passiert. Wer kümmert sich um dieses architektonische Erbe? Wie kann man es erhalten oder auch nicht? Entsprechend führt diese Station etwas weg von den Menschen und fokussiert auf Objekte und Dinge, die Teil einer Identität ausmachen. 

Jede Ausstellungsstation hat eine kurze Einführung, dann gibt es eine Handvoll von Interviewausschnitten oder Features, und dann kommt noch eine Objektauswahl unter „Fundstücke“, die eigentlich eher zufällig entstanden ist: Mitbringsel von der Reise, ob ein sächsisches Märchenbuch vom Flohmarkt, oder Reiseutensilien, die atmosphärisch spiegeln, dass das eine Studierendenreise war. Sehr wichtig war uns auch, den Forschungsprozess transparent zu machen. So gibt es auch Ausschnitte aus den Feldtagebüchern, zu denen die Ethnologie-Studierenden angehalten waren, sie zu führen, um abends oder auch mal zwischendurch Eindrücke und Erlebnisse zu notieren, die anfangs noch ganz ungefiltert sind, teils auch als naiv einzustufen, wenn man bedenkt, wie wenig Vorkenntnisse da waren. Aber wir wollten zeigen, welche die Schritte waren, und auch warum hier keine Monografie entstanden ist. Die Besucher sollen verstehen können, wie das ganze Projekt entstanden ist und das auch beim Durchblättern im Hinterkopf haben.

Was bezwecken Sie mit dieser Ausstellung?

Wir hatten die Ausstellung zunächst analog konzipiert und in Jena zweimal gezeigt, und es kam sehr gut an. Und es ist nicht zu unterschätzen, was da an vieler Arbeit da drin steckt, besonders bei dem Volumen an Material, das es zu bearbeiten galt. Im Folgesemester ging es ja darum, wie man mit Daten umgeht, wie sind sie auszuwerten, wie vermittelt man sie, was sucht man für die Ausstellung aus usw. Aber auch praktische Aspekte wie Umfang der Texte, Schriften, Auswahl des Materials und vieles mehr, um mit reduzierten Objekten etwas zu erzählen, ohne es mit Text zu überfrachten. Es waren Tage und Nächte, die wir mit unseren konzeptionellen Gedanken und Abwägungen verbracht haben. Deshalb entstand am Ende auch der Wunsch, alles zu digitalisieren, um es sichtbar zu erhalten. Das digitale Forum schafft es tatsächlich, den Besucher in diese Welt eintauchen zu lassen. Die Grundfragen bleiben. Das enge Miteinander, und gleichzeitig haben wir auch mehr als erwartet, jenseits des idealen typischen Ansatzes, dass man friedlich über Jahrhunderte miteinander gelebt habe, in allen Interviews auch die Abgrenzung zu den anderen herausgehört, selbst zwischen Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen, da musste es keine andere Ethnie sein, um klarzustellen, dass man wüsste, wer sei wer und  wo zugehörig. Alles hatte eine bestimmte Ordnung. 

Es gibt diese Risse im Idealbild, etwas ist zerrissen, trotz des gegenseitigen Wahrnehmens als ein Nebeneinander. Wir haben auch rassistische Aussagen gefunden und entdeckt, was nochmal Spannung schafft. Da denke ich an das Zitat von Eginald Schlatter in der Ausstellung „Die Menschen sind nicht gleich“ und das widerspricht ja der heutigen Zeit, in der man allen gleiche Rechte und Bedürfnisse einräumt. 

Da schafft unsere Ausstellung auch eine gewisse Irritation. Zu merken, dass unsere ganzen Konzepte, die die Welt gut machen wollen und die relativ klar sagen, dass alle Menschen gleich seien und die gleiche Rechte haben sollten, dem Alltag friedlicher Regionen und des Zusammenlebens gegenüber gestellt werden, in denen es diese Momente des Abgrenzens gibt. Das finde ich, ist eine Herausforderung insgesamt an Denken von und über Gesellschaft. Und da hat eine dritte Studierendengruppe daran gearbeitet, mit einem Blick von außen sozusagen, das Material auch online transferieren, zumal man gar keine Kontrolle mehr über die Rezeption hat, wenn es mal im Internet steht. Wir wissen nicht, wer das sieht oder hört, wie lange. Wir haben einige Aussagen herausgenommen, die wir nicht kontextualisiert hatten, auch gerade in Bezug auf diese Rassismus-Aspekte, die wir zu ungeschützt auch nicht wiederholen wollten. Sie gehören zwar dazu, man sollte aber kein Forum für bestimmte Gedanken oder Aussagen schaffen. Der Prozess war sehr herausfordernd. 
Bei anderen Kapiteln gab es das Bedürfnis danach, mehr Hintergrund mit einzubauen und Zusammenhänge zu erklären, was zu Feature-Einheiten geführt hat. Da hatten die Studierenden die Möglichkeit, noch eigene Noten zu setzen und dank der eingebauten Musik lassen die Beiträge dem Besucher auch die Zeit zum Nachdenken, und es wird auch atmosphärisch zusätzlich etwas transportiert.

Am Ende der Ausstellung gibt es ein Impressum mit den Namen des Forscherteams und der Mitgestalter, aber auch der Personen, die interviewt wurden, oder die in der Ausstellung zu hören sind. Letzteren wurden Pseudonyme verpasst, wenn auch die Rumäniendeutschen ja schon den einen oder anderen an der Stimme oder Funktion wiedererkennen können. Warum?

Das hat mit dem Prozess zu tun. Es war eine Lernfahrt für Studierende. Der Umgang mit Daten ist sehr speziell und ein wichtiger Aspekt in jeglicher wissenschaftlichen Beschäftigung in der Erhebung, ob Interviews für Promotionen oder Umfragen. Man muss sich heutzutage sinnvollerweise alles unterzeichnen lassen, dass die Menschen einverstanden sind, in welchen Zusammenhängen man sie zitieren möchte. Und selbst da verwendet man die Aussagen oft anonymisiert. Bei uns waren es viele Personen, und wenn nicht alle zugestimmt hätten, wäre es sensibel gewesen, manche zu nennen und andere nicht, auch überhaupt, sich alles schriftlich geben zu lassen. Vor allem bei spontanen Gesprächen passt es nicht so richtig. 

Außerdem hatten wir zum Zeitpunkt der Gespräche noch keine genauen Vorstellungen, wie wir das Material verwenden und einsetzen würden. Letztendlich sind es teils Schnipsel aus langen Gesprächen, die zu hören sind. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, es einheitlich zu halten, also allgemein und haben alle Namen verfremdet. Bei der Ausstellung in Deutschland ist es nicht passiert, dass die Stimmen erkannt wurden, dafür ist es umso spannender zu hören, dass man in Rumänien die Personen hinter den kurzen Zitaten erkennt.

Die digitale Ausstellung steht nun schon seit mehr als zwei Jahren online. Wie waren die Reaktionen darauf?

Die Reaktionen sind sehr emotional. Es funktioniert, über die Bilder und die Zusammenstellung eine gewisse Atmosphäre zu erzeugen. Die Besucher, die uns ein schriftliches Feedback gegeben haben, berichteten von Reisen in die eigene Vergangenheit und Erinnerung, aber insgesamt sei es eine positive Wahrnehmung gewesen, trotz der ebenfalls thematisierten schlimmen Aspekte. 

Sie waren sehr geduldig und blieben teils sehr lange im Ausstellungsraum bei der physischen Ausstellung oder besuchten sie öfter. Von der Digitalen Bibliothek ließen wir uns berichten, dass unsere Ausstellung zwar nicht mehr Besucher als andere ähnliche Formate hätte, dafür die Verweildauer durchschnittlich länger sei. Das heißt, dass diejenigen, die sich dafür interessieren, sich tatsächlich darauf einlassen und ein bisschen eintauchen, was mir selbst in der Vorbereitung dieses Gesprächs auch so erging, dass man so versunken ist, in den Zeilen, den Farben und angeregt wird, selbst über gewisse Aspekte nochmal nachzudenken.

Vielen Dank für das Gespräch!