„Handwerklich restaurieren, mit alten Dingen arbeiten, sich mit Geschichte beschäftigen“

Ein Teilnehmer aus Deutschland berichtet über seine Erlebnisse am „Heritage Lab“

Lucas Alswede | Foto: Aurelia Brecht

In Aktion

Beim Betonmischen | Fotos: Stiftung Kirchenburgen und Asociația CasApold

Im Dorf Trappold/Apold im Kreis Muresch bewegt sich was: Vom 28. Juli bis 8. August 2025 fand hier die Sommerschule „Heritage Lab“ des Vereins/Asociația CasApold und der Stiftung Kirchenburgen statt. Fünfzehn Freiwillige kamen zusammen, um zu restaurieren, zu erforschen und zu erhalten. Lucas Alswede ist einer von ihnen: Er ist 21 Jahre alt und hat in Bremen gerade sein studienvorbereitendes Jahr zum Restaurator abgeschlossen. Künftig möchte er die Fächer Konservierung und Restaurierung studieren und hat dafür bereits bei einem Möbelrestaurator für Holzobjekte und bei einer Restauratorin für Bilderrahmen und Vergoldung gearbeitet. Alte Dinge, Antiquitäten und Geschichte lösen bei ihm Begeisterung aus. So sehr, dass er sie zum Beruf machen will. Er arbeitet gerne mit den Händen – im Bereich Restaurierung reizt ihn die Verbindung zwischen Handwerk und wissenschaftlichem Ansatz. Auch deswegen hat er die Gelegenheit beim Schopf gepackt: Und an der Sommerschule in Trappold teilgenommen. Über seine Erfahrungen dort steht er ADZ-Redakteurin Aurelia Brecht Rede und Antwort.

Du bist nicht zum ersten Mal in Rumänien. Wie kam es dazu, dass du das Land entdeckt hast?
Das kam über eine Reise zustande: Ich hatte vorher eine Interrail-Reise Richtung Westen gemacht und wollte dann eine Richtung Osten machen. Mir hat es in Siebenbürgen generell sehr gut gefallen. Der Aspekt, dass es hier viel zu restaurieren gibt, und die Tatsache, dass ich Restaurator werden möchte, taten ihr Übriges. Die Geschichte der Region interessiert mich sehr. Diese Kombination hat dazu geführt, dass ich öfter herkommen und hier auch einmal arbeiten möchte, und eben auch zu der Teilnahme an der Sommerschule „Heritage Lab“. Dadurch habe ich eine Begeisterung für die Region entwickelt.

Wusstest du vorher schon etwas über die Geschichte Siebenbürgens oder über die Siebenbürger Sachsen?
Ich habe mich grundsätzlich mit Geschichte, mit verschiedenen Ethnien und auch mit den deutschsprachigen Minderheiten in Osteuropa beschäftigt – weil mich das interessiert hat. Für mich war das Phänomen von kleineren deutschsprachigen Minderheiten in anderen Ländern, die durch diese Länder geprägt werden, aber irgendwo gleichzeitig ihre Identität behalten haben, sehr spannend. Mir waren die Siebenbürger Sachsen auf jeden Fall ein Begriff. Ich habe mich zwar nicht speziell in das Thema eingelesen, aber sie waren mir bekannt. Väterlicherseits habe ich donauschwäbische Vorfahren – und habe mich auch viel über die Wolgadeutschen oder Deutsche in Sibirien, Kasachstan oder im Baltikum informiert. Das kam zustande über meine Begeisterung für Geografie und Geschichte, die ich schon immer hatte.

Was hat dich dazu motiviert, am „Heritage Lab“ teilzunehmen?
Einerseits wollte ich meine Fähigkeiten als Restaurator ausweiten, neue Perspektiven gewinnen und andererseits wollte ich in der Region Kontakte knüpfen. Wenn ich hier Erfahrungen sammeln und punktuell arbeiten möchte, ist es gut, Leute zu kennen, die mir auch eine Aufgabe geben können. Außerdem wollte ich die Möglichkeit nutzen, einmal woanders zu sein – in einer Region, die dann doch irgendwie anders ist als zu Hause. Hier ist es einfach anders…

Was ist denn anders?
Allein schon dadurch, dass es hier seit Jahrhunderten eine ethnische Diversität gibt, ist es anders aufgebaut. Ich glaube, es ist auch ein bisschen die Stimmung hier, die mich gefesselt hat – es ist das Gefühl, was ich hier habe. Das ist schwer zu erklären. Ganz salopp gesagt: Ich mag es hier. Wie es hier aussieht, wie es hier ist, ich bin gerne hier.

Was ist das „Heritage Lab“ eigentlich genau?
Das ist eine Sommerschule, die zehn Tage dauert, bei der geackert und gelernt wird. Die gesamte Planung und Durchführung der Sommerschule fand unter der Leitung von Sebastian Bethge vom Verein/Asociația CasApold und von der Stiftung Kirchenburgen statt. In diesem Jahr ging es darum, das evangelische Pfarrhaus nach historischem Vorbild zu restaurieren. Das Pfarrhaus war immer ein Angelpunkt in den sächsischen Dörfern und ist deswegen auch geschichtlich ein interessantes Gebäude. Wenn es ausgebaut wird, kann das Gebäude künftig genutzt werden: Zwei Räume sollten vorbereitet werden, um sie irgendwann wohnlich zu gestalten und dort in Zukunft Freiwillige unterzubringen. Auch eine Küche und Duschen sollen dort entstehen. Mit dieser Sommerschule kann man junge Leute weiterbilden, ihren Horizont erweitern und gleichzeitig etwas Sinnvolles vor Ort tun. Das ist das Ziel, denke ich.

Wer hat dieses Jahr teilgenommen?
Größtenteils Studenten im Bereich Architektur aus Rumänien und ein paar, die Restaurierung studieren. Eine Architekturstudentin kam aus der Republik Moldau. Die deutschen Teilnehmer waren mehrheitlich Freiwillige und Besucher. Ich war der einzige deutsche Teilnehmer, der aufgrund seines Studiengangs dort war. Es war ein interessanter Mix, bei dem jeder seine Fähigkeiten mit einfließen lassen konnte.

Woran wurde während der zwei Wochen gearbeitet?
Das Pfarrhaus stand im Mittelpunkt: Ein Bereich war das Mauern und Verputzen. Wir haben auch den Putz selber angemischt. Das war der Bereich, in dem ich am meisten gearbeitet habe. Alle Wände und Decken wurden für eine neue Schicht vorbereitet, denn es gab fünf verschiedene Farbschichten. Von diesen haben wir Proben genommen, um zu sehen, welche Schichten es überhaupt vorher in den Räumen gegeben hatte: In den vorderen beiden Räumen wurde alles abgekratzt, was locker war. Ein weiterer Bereich betraf die Fenster: Wir haben den Lack abgekratzt – alles von Hand. Generell wurde stark darauf geachtet, auf denkmalgerechte Art und Weise zu arbeiten, was durchaus viel Zeit in Anspruch genommen hat. Wir haben neue Fensterscheiben eingekittet und sie anschließend wieder eingebaut. Außerdem haben wir uns um das Hoftor gekümmert: Tor samt Torbogen sind zu Beginn der 2000er Jahre durch einen herabfallenden Baum zerstört worden. Der Torbogen wurde nachkonstruiert, aber das Tor selbst war aus Fichte zusammengezimmert und war mittlerweile nicht mehr nutzbar. Um nach dem historischen Vorbild wieder ein Tor reinzusetzen, haben wir dieses neue Tor gebaut, mit Hilfe einer Z-Konstruktion und mit großen Eichenbalken. Eine der Freiwilligen ist Bauzeichnerin und konnte die Skizzen für die Konstruktion anfertigen, die richtig schön geworden ist.

Dann gab es aber noch eine theoretische Seite der Sommerschule…
Ja, darüber hinaus gab es auch ein bisschen Geschichte: Hauptsächlich Vorträge von Gastprofessoren. Ein Restaurator hat mit uns die Wandproben genommen und dazu auch Geschichtliches vermittelt. In einem Vortrag ging es um die Kirchenburgen im Allgemeinen, in einem anderen um die Restaurierung von Steinen, in einem weiteren um die Geschichte des Pfarrhauses in Trappold.

Was, würdest du sagen, ist das Besondere an dem Format?
Das Besondere besteht in der Praxisnähe und der Vielfalt an Möglichkeiten, sich auszuprobieren. Als Student beschäftigt man sich viel mit Theorie, aber wenn man einmal selber an so einem Haus baut, fühlt man, welche Arbeitsschritte dazugehören. Besonders ist auch das Beisammensein verschiedener Menschen, die alle ein ähnliches Interesse haben. Den Austausch – auch den kulturellen Austausch zwischen Deutschen und Rumänen – fand ich sehr spannend.

Was hat es dir persönlich gebracht, bei diesem Format dabei zu sein?
Einen Bezug zu verschiedenen Arten des Handwerks, vor allen Dingen zum Mauern: Ich habe durch die Praxiserfahrung ein Verständnis dafür bekommen. Auch das Leben in dem kleinen Dorf und die Stimmung dort haben mir viel gegeben. Und natürlich konnte ich während der beiden Wochen Kontakte knüpfen.

Was war für dich das  Spannendste an der Erfahrung dort?
Wenn ich eine Sache hervorheben müsste, wäre es das Erforschen der Geschichte des Pfarrhauses: Es gab zum Beispiel einmal eine Terrasse, die irgendwann verschlossen wurde. Es war spannend, die Entwicklung des Hauses nachzuvollziehen und dann Teil dieser Entwicklung zu werden, indem man seine eigene Arbeit dort einfließen lässt.

Wie war es für dich, an so einem Format in Rumänien teilzunehmen?
Hier ist es natürlich anders als zu Hause: Es war interessant zu sehen, wie Dinge hier umgesetzt werden und wie die Leute hier sind. Mein Eindruck auf dem Dorf war, dass die Leute hier Macher sind. Sie kamen dazu und haben einfach mit einem Gefährt den Weg freigeräumt oder etwas geschweißt, waren auf Zack. In Deutschland würde man an viele Dinge vielleicht etwas verkopfter herangehen.

Wofür denkst du, war diese Erfahrung wichtig?
Für mich persönlich, um sicherzugehen und herauszufinden, in welchem Bereich ich arbeiten will: Handwerklich restaurieren, mit alten Dingen arbeiten, sich mit Geschichte beschäftigen. Insgesamt war es mir auch wichtig, den Erhalt von Kultur und Denkmälern zu fördern und zu unterstützen.

Was würdest du jemandem sagen, der am „Heritage Lab“ teilnehmen will?
Lass es auf dich zukommen! Wenn man in diese Richtung interessiert ist, ist es sehr unwahrscheinlich, dass man aus dieser Schule keine Freude oder keine Schlüsse ziehen kann. Ich glaube, etwas, was ich hier gelernt habe, ist: Einfach mal zu machen.