Hundert Bände Strafuntersuchung und kein Ende

Drei Jahre Ermittlungen über die Umstände der „Entwertung“ von Herkulesbad

Immer noch wird im öffentlichen Raum des Banater Berglands die Aufforderung von Entwicklungsminister und Vizepremier Daniel Suciu (PSD) an den Bürgermeister von Herkulesbad, Cristian Miclău (PNL), diskutiert, nur zuzugreifen, es stünden eine Milliarde Euro zur Renovierung des historischen Kurortteils zur Verfügung – auch wenn die Juristin und PNL-Abgeordnete Valeria Schelean längst nachgewiesen hat, dass das eine leere Versprechung war, weil bis zum heutigen Tag nicht alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, um das tatsächlich im Haushaltsgesetz vorgesehene Geld (eine Milliarde Euro, aber für die Sanierung sämtlicher Kurbäder Rumäniens…) auch wirklich abrufen zu können (ADZ berichtete).


In Herkulesbad recherchiert inzwischen die Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft (DIICOT) weiter bezüglich der Art und Weise, wie der historische Teil des Kurorts derart privatisiert werden konnte, dass dort heute ein heilloses Besitzchaos herrscht (u. a. mit Situationen, wo ein – zerstückeltes – Grundstück und darauf stehende Teile ein und derselben Immobilie jeweils mehreren verschiedenen Besitzern gehören…). Die DIICOT-Untersuchungsakte der Verkaufsvorgänge umfasst inzwischen viele Tausend A4-Seiten (eigentlich, laut DIICOT, mehr als 100 Bände) – und ist noch längst nicht abgeschlossen.


Dieser Tage erfüllen sich drei Jahre, seit DIICOT die Untersuchungen eingeleitet hat, in deren Fokus der Ex-PSD-Abgeordnete und ehemalige Schwiegersohn des Leibarztes von Ceaușescu (und Nachwende-Gesundheitsminister von Ion Iliescus Gnaden) steht, der aus Mehadia stammende und in Bukarest residierende Josif Armaș (ein ehemaliger Türsteher des Herkulesbader Roman-Hotels). Mit untersucht wird sein Verwandter Ilie Iova, ein ehemaliger Vizepräsident des Kreisrats Karasch-Severin und gegenwärtig im Stadtrat Karansebesch tätiger mehrfacher „Parteientourist“, sowie mehrere durch Pfandgeschäfte reich gewordene Personen aus dem Banat und aus Oltenien. Allen wird die „Entwertung“ des Kurorts Herkulesbad vorgeworfen.


Begonnen haben die DIICOT-Untersuchungen 2016 spektakulär: mit Hausdurchsuchungen und Vorladungen zu Verhören sowie zeitweiliger In-Gewahrsam-Nahme von Armaș. Der offizielle Vorwurf gegen die Gruppe, der „Bildung einer organisierten Verbrechergruppe zwecks Entwertung des historischen Teils des Kurorts Herkulesbad“ angelastet wurde: Veruntreuung und Beihilfe zur Veruntreuung, getürkte Bankrotterklärung und Komplizenschaft. Mittels Bankrotterklärung hätten sie die historischen Immobilien nach und nach aus dem Corpus des historischen Zentrums, das Armaș vom Tourismusministerium „anvertraut“ wurde, entzogen und stückweise an Pfandleiher und dubiose „Geschäftsleute“ verkauft, ebenso dazugehörige Grundstücke und Forste, die sie „verwertet“ haben.


Aufgezählt werden: Der Wald im Naturschutzgebiet des Domogled-Massivs und die Eisfabrik, die dort liegt, der Cerna-Wald und das Restaurant „Grota Haiducilor“, das ehemalige Verwaltungsgebäude im alten Kurortteil (ehemals „Hotel Erzherzog Joseph“ / „Ferdinand-Hotel“), das Apollo-Thermalbad, das Hebe-Thermalbad, das k.u.k. Militärspital und Offizierspavillon, das Apollo-Hotel (ehemaliges Kursanatorium), das Neptun-/Kaiser-Bad (dessen Dach in diesem Winter teilweise einstürzte - ADZ berichtete), das Decebal-Hotel („Franz Joseph-Hof“), das Traian-Hotel („Rudolfs-Hof“) sowie die neueren Hotels und Immobilien des Kurzentrums. Das Untersuchungskonvolut umfasst inzwischen, wie erwähnt, mehr als hundert Bände, doch die Untersuchungen schleppen sich dahin, weil viele der Beschuldigten sich geschickte Anwälte zugelegt haben, denen es immer wieder gelingt, den DIICOT-Staatsanwälten Fallstricke zu legen und die Untersuchungen mit Formbeanstandungen in die Länge zu ziehen – immer eine mögliche Verjährung oder die von der Regierungskoalition anvisierten Gesetzesaufweichungen in Sachen Korruption im Blickfeld.


Wie schwierig sich die Untersuchungen gestalten, kann aus einem Gerichtsurteil herausgelesen werden, dessen Begründung allein 100 Seiten umfasst, die vom Kreisgericht Karasch-Severin verfasst wurden. Dessen Schlussfolgerung: Die Strafuntersuchungen sind auf alle Fälle weiterzuführen. Wie der junge Bürgermeister von Herkulesbad unter diesen Umständen an die vom Entwicklungsminister fiktiv in Aussicht gestellte Milliarde Euro zur Sanierung des Kurorts herankommen könnte, das kann ihm niemand raten, bevor die Besitzverhältnisse in Herkulesbad nicht voll und ganz geklärt sind.