Im Zeichen der Eintracht und gegenseitiger Achtung

Internationales Pfadfindertreffen im Cindrel-Gebirge

Eine Temerari-Patrouille in Fântânele

Der rumänische Pfadfinderverein organisierte zwischen dem 11. und 21. August im Cindrel-Gebirge bei Sălişte ein Jamboree (Treffen) unter dem Motto: „Fă următorul pas“  mit internationaler Beteiligung. Es ist das größte Jamboree nach 75 Jahren und das fünfte in Rumänien. Jamboree, ein Symbolwort der Scouts (englische Originalbezeichnung der Pfadfinder), die seit über 100 Jahren aktiv sind, ist die Quintessenz der Pfadfinderbewegung.

Die Pfadfinderbewegung hat einen erzieherischen Charakter und bietet den Jugendlichen die Möglichkeit, ihre Persönlichkeit durch praktische und spielerische Methoden zu entwickeln, ihre Geschicklichkeit und Grenzen zu entdecken. Die Jugendlichen versuchen, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden, in dieser eine konkrete Rolle zu spielen, sich auch für andere Personen einzusetzen, was bedeutet, dass soziale Kompetenz und Kooperation ein wesentliches Element in der Scouterziehung darstellt.

Die Pfadfinderbewegung hat einen globalen Charakter, sie umfasst über 30 Millionen Mitglieder in 218 Ländern. Sie alle haben verinnerlicht, dass das was sie heute „bei sich zu Hause“ machen, Einfluss auf Personen hat, die auf der anderen Seite des Globus leben. Im Grußwort von Baden Powell, dem Gründer der Scouts, heißt es unter anderem: „Das Ziel der Pfadfinderbewegung ist, Kinder und Jugendliche als verantwortliche Bürger zu erziehen, um die drei Trümpfe zu besitzen – Gesundheit, Glück und Freigiebigkeit. Doch braucht es noch etwas, um erfolgreich zu sein, und das sind Dienstleistungen für die Gemeinschaft.“  Seine letzte Botschaft lautete: „Probiert in diesen Tagen, die Welt ein bisschen besser zu machen als ihr sie gefunden habt“.

Naturnähe und Sozialkompetenz

Die einzigartige erzieherische Methode der Scouts stützt sich auf sieben Elemente. Die beiden wichtigsten sind „Lernen durch Wirksamkeit“ und „Leben in der Natur“. Auf diesen baut der größte Teil der Ro-JAM (România Jamboree) Aktivitäten auf. Seit ihrem Bestehen sind viele der Aktivitäten zu wahren Scout-Emblemen geworden: Wanderungen, Orientierungstraining, ökologische Werkstätte, Abenteuer-Camp, Wettbewerbe in der Natur, Camp-Bauten, Signalkodex, das Erlernen von alpinen Knoten und vieles mehr. 

Die Jugendlichen wurden dadurch provoziert, Intelligenz und Geschicklichkeit einzusetzen und weiter zu entwickeln. Vor allem aber lernen sie, dass man zusammenarbeiten muss, um erfolgreich zu sein. Als Krönung aller Aktivitäten wurde während des Ro-JAM eine Scout-Olympiade unter dem Motto „Citius, Altius, Fortius“ organisiert, mit Geschicklichkeitsübungen, aber auch solchen, in denen Sozialkompetenz oder bestimmte Kenntnisse erforderlich waren.

Ziel ist, die körperlichen, intellektuellen, sozialen, spirituellen und emotionelle Fähigkeiten spielerisch zu fördern. Die Ro-JAM Olympiade unterstützt die Idee der Eintracht, des Friedens und des Respekts vor Anderen in einer freundschaftlichen Atmosphäre.

Internationales Camp auf der Wiese

Zum diesjährigen Ro-JAM trafen rund 1300 Teilnehmer ein, aus Frankreich, Moldau, Spanien, Katalonien, Israel, Portugal und Tschechien. Die rumänischen Teilnehmer kamen vor allem aus  Bukarest, Alba Iulia, Bacău, Brăila, Buşteni, Kronstadt/Braşov, Klausenburg/Cluj Napoca, Craiova, Neustadt/Cristian, Dej, Deva, Hunedoara, Jassy/Iaşi, Neumarkt/Tg. Mureş, Großwardein/Oradea, Paşcani, Neamţ, Piteşti, Rădăuţi, Rm. Vâlcea, Suceava und Lupeni.

Das große Camp lag auf einer sehr weiten, ebenen Wiese und war in acht Subcamps unterteilt: Oltenien, Siebenbürgen, Maramuresch, Bukowina, Moldau, Dobrudscha, Muntenien und Gäste. Die Teilnehmer waren in drei verschiedene Altersgruppen eingeteilt: „Lupişori“ (die Wölfchen) – Kinder von sechs bis zehn Jahren, „Temerari“ (die Verwegenen: 10-14 Jahre), „Exploratori“ (die Entdecker: 14-19 Jahre), organisiert in Patrouillen von sechs bis 12 Personen.

Die Wandertouren – auch Hikes genannt – waren dem Alter angepaßt und umfaßten für die „Wölfchen“ vier bis fünf Stunden mit mehreren verlängerten Pausen, für die „Verwegenen“ Tagestouren von sechs bis acht  Stunden und für die „Entdecker“ Zwei-Tagestouren mit Zelten im Gebirge und acht bis zehn Stunden Wanderzeiten. Für viele Teilnehmer stellte dies eine große Herausforderung dar, wobei sie Orientierungskenntnisse, die Fähigkeit des Kartenlesens und vor allem Ausdauer unter Beweis stellen mussten.

Wandern in sanfter Hügellandschaft

Unsere Kronstädter SKV Gruppe – Sorin, Christel und weitere zehn Personen – gehörten zum Hiking-Organisationsteam, die für die Planung der Touren, die Kontrollposten und alle Ereignisse rund ums Wandern verantwortlich waren. Es war eine große personelle Herausforderung, denn an jedem Kontrollposten stand nur eine Person und einige von uns verbrachten  zwei bis drei Tage in Zelten im Gebirge. Wir meldeten uns für die kleineren Gruppen – die Lupişori und Temerari –  die täglich in unserer Begleitung zum Camp zurückkehren.

Das Cindrel-Gebirge, in dem unsere Aktivitäten stattfanden, gehört mit einer Oberfläche von rund 900 Quadratkilometern zu den Südkarpaten und erhebt sich bis zum höchsten Gipfel, dem Cindrel, mit 2240 Metern. Es ist nicht vergleichbar mit den uns Kronstädtern vertrauteren Fogarascher Bergen, dem Parâng, Retezat, Lotru oder Bucegi, denn im Cindrel-Gebirge gibt es keine felsigen Gipfel, Schluchten und schwindelerregende Höhen.

Hingegen bietet dies mit seinem sanft gewellten Relief ein ideales Terrain für erholsame Wanderungen. Die weiten Almwiesen mit verstreuten Gehöften, die bewaldeten Hügel – sie bieten wunderbare Aussichten, eine reiche Pflanzen- und Tierwelt und vor allem viel frische Luft für die Kinder. Kreuz und quer führen zahlreiche Forst- und Karrenwege durch das Massiv, leider aber auch unmarkierte Pfade. Die uns zur Verfügung gestellte Karte war ziemlich ungenau, was die Orientierung erschwerte.

Zum Cindrel-Gipfel führen mehrere Wege, einige mit Wanderzeit von 10 bis 11 Stunden. Am leichtesten ist der Aufstieg vom Höhenkurort Păltiniş (Hohe Rinne) der über die Gipfel Bătrâna (1991 m), Rozde{ti (1952 m), Niculeşti (2035 m) und Cănaia (2057 m) zum Cindrel-Gipfel führt. Oben auf der Nord-Ost-Seite liegen die vier Gletscherkessel Gropata, Iezerul Mic, Iezerul Mare und Lujbea Răşinarului, die zum Naturschutzgebiet gehören.

Verlauf der Hikes beim Ro-JAM

Wer sich für die konkreten Aktivitäten im Ro-JAM Camp interessiert, kann hier unseren Aktionsplan studieren:

9. August: Ankunft im Camp abends um 21 Uhr. Im Dunkeln wird das Zelt aufgebaut – für die nächsten 11 Nächte unser „Hotel“!

10. /11. August: Lageraktivitäten. So lernen wir erst mal unsere Hike-Kollegen kennen. In Gruppenarbeit werden die Tourenpläne erarbeitet und die Kontrollposten für alle Kategorien festgelegt.

12. August: Am Vormittag bestimmen wir die Wandertour für die Lupişori-Patrouillen und besichtigen das Aventura-Camp. Dieses liegt rund 1,5 km entfernt vom Hauptlager an einem Waldhang, wo alles für verschiedene alpine Übungen aufgestellt ist: zwei Kletterwände, „Spinn-Netze“, durch die man so schnell wie möglich durchklettern muss, ein Labyrinth, eine „Skitour“ auf zwei langen Holzbrettern – und die Hauptattraktion für alle Teilnehmer, die „Tiroliana“. Abends gab es eine feierliche Eröffnung der Ro-JAM mit Ansprachen, dem Hissen der Teilnehmerflaggen und Musik von der Folkloregruppe „La Om“ und der Rockgruppe „Bere Gratis“. Und natürlich viel, viel Lärm...

13. August: Unser erster Hike. Das Lager liegt ziemlich weit vom Einstieg in die Wanderrouten, der Transport der Patrouillen erfolgt daher per Autobus. Für uns Betreuer beginnt die Wanderung von der Ortschaft Sibiel. Es geht am Sibiel Kloster vorbei zum Dosul Sibielului Wald, über den Piciorul Fântânilor zur Fântânilor-Hütte (Ruine 1257 m), dann weiter über Fântâna Neagră (1430 m), Zăvoiu-Gipfel (1456 m), Pripoane, wo wir die Exploratori-Patrouillen erwarten, die weiter Richtung Gipfel aufsteigen. Die Markierungen – ein rotes und blaues Kreuz – sind beide sehr spärlich. Einschließlich Rückweg waren wir 10 Stunden am Wandern. Wir erreichten Sibiel um 10 Uhr abends und das Camp um Mitternacht per Auto.

14. August: Der zweite Hike. Aufstieg von Fântânele bis zur Fântânele-Hütte (blaues Kreuz), Abstieg (roter Punkt) am Runcuri-Berg – La Pisc-Gura Râului Stausee – Staudamm von wo wir um 18 Uhr per Bus wieder das Lager erreichen.

15. August: Feiertag und freies Programm. Wir unternehmen eine Tour auf eigene Faust, um die Ruinen einer Dakerburg zu besichtigen. Es geht durch die Ortschaften Sibiel, Gale{ und Tilişca, hin und zurück rund 24 Kilometer, und von der so verheißenden Dakerburg war fast nichts zu sehen.

16. August: Wanderung entlang der Route Fântânele Ortschaft – La Pleşa Hang – Surilor Berg -Fântânilor Hütte (blaues Kreuz), Abstieg am Pârâul Cetăţii Tal – Cetatea Gipel – Sibiel (blauer Punkt).

17. August: Hike mit zwei Lupi{ori-Patrouillen aus Bukarest und Suceava. Im ganzen 24 Kinder, zwei erwachsene Begleiter, Sorin und ich als Führer. Der Wanderweg ist kurz und es gibt viele, viele Pausen.

18. August: Unseren Kontrollposten erreichen wir teilweise per Auto, dieser liegt im Râul Mic-Tal neben einer kleinen Forstwirtschaft, wo wir auf die Exploratori-Patrouillen warten, die wir weiterleiten müssen. Bis um 7 Uhr abends sind alle vorbeigekommen und uns erwartet ein 18 km langer Marsch bis zum Staudamm des Gura Râului-Sees, den wir abends um 10 Uhr erreichen.

19.August: Nochmals wandern wir bis zur Fântânele-Hütte, doch diesmal geht Sorin alleine, ich habe mir meine Füße wundgelaufen. Um 17 Uhr ist Sorin zurück. Inzwischen habe ich das Zelt abgebaut und gepackt, denn es geht heim. Wir haben eine Fahrgelegenheit bis Kronstadt und nehmen Abschied von unseren Hike-Kollegen, bekommen ein großes Dankeschön für unsere SKV-Präsenz und das Geleistete und erreichen abends wieder Kronstadt nach 19 erlebnisreichen Tagen.