ITB BERLIN NOW 2021 beschleunigt Trend zur Digitalisierung des Tourismus

33 Unternehmen aus Rumänien digital präsent, davon sieben aus Siebenbürgen

Das Flaggenmeer vor dem Eingang bei der ITB 2019. So soll es auch nächstes Jahr wieder aussehen. Bilder: der Verfasser

2019 war Malaysia das offizielle Partnerland der ITB, nächstes Jahr wird dem deutschen Bundesland Sachsen diese Ehre zuteil.

Ganz anders als zur Internationalen Tourismus-Börse Berlin (ITB) 2019 und davor, als tausende Berliner sowie Tourismus-Fachbesucher aus über 80 Ländern und zahlreiche Journalisten tagtäglich in die und aus den Messehallen strömten, meist massenhaft Prospekte schleppend, waren diesmal Menschen mit gelben Impfpässen dort unterwegs: Die Messehallen fungieren vorübergehend als Corona-Impfzentrum in Berlin. Im Gegensatz zum quirligen Leben zu Vor-Corona-Zeiten mit buntem Flaggenmeer auf dem Platz vor dem Messe-Haupteingang herrschte daher diesmal ein ziemlich tristes Bild.

ITB-Schock 2020 und Aufbruch als ITB NOW 2021

Die ITB 2020 wurde kurzfristig, fünf Tage vor dem Start im März, wegen Corona abgesagt. Für alle Beteiligten, Messeteam und 10.000 Aussteller, die schon ihre Koffer gepackt und Hotels gebucht hatten, ein Schock. Und bisher einmalig in der langen Geschichte der ITB, dem „größten Reisebüro der Welt“: Die Börse findet bereits seit 1966 jährlich statt. Alternativ zur üblichen analogen ITB Berlin, also vor Ort in den Messehallen unter dem Berliner Funkturm, fand die ITB NOW 2021 komplett digital statt. Vom 8. bis 12. März 2021 kam die Tourismus-Branche der Welt ausschließlich virtuell auf der Plattform „ITB Berlin NOW 2021“ zusammen. Das Team der Messe Berlin GmbH, Veranstalter des Events, mit dem Anspruch „NOW“ (Jetzt) als Imperativ zu Aufbruch und Re-Start der ITB, stemmte diesen Herkulesakt mit Bravour. Das Bundesland Sachsen fungierte als „Offizielle Kulturdestination der ITB Berlin 2021“, natürlich virtuell.

Über 3500 Aussteller beim Re-Start der ITB digital vernetzt

Über 1000 Medienvertreter und Reiseblogger aus 54 Nationen berichteten über das komplett digital gestaltete internationale Event ITB NOW 2021. 80 Prozent aller Teilnehmer nutzten die Networking-Angebote, dazu zählten Businessmeetings in Einzel- und Gruppen-Calls, Chatnachrichten sowie die gezielte Suche bestimmter Gesprächspartner. Rund 52.600 Teilnehmer verzeichnete das umfangreiche Programm mit einem Volumen von insgesamt 265 Stunden. Rund 700 Referenten teilten in mehr als 400 Kongress-Diskussionsrunden, Vorträgen, Interviews sowie bei Ausstellerpräsentationen und auf Pressekonferenzen ihre Einschätzungen dazu, wie die Branche die Folgen der Pandemie bewältigen und den Neustart erfolgreich umsetzen könnte. Der allgemeine Grundtenor lautete dabei: Die Digitalisierung weiter vorantreiben.

Dass der Re-Start und Aufbruch mit der Tourismusbörse gelungen ist, belegen nicht zuletzt diese Ergebnisse: Insgesamt nutzten rund 65.700 User weltweit die Plattform an den fünf Tagen während des Veranstaltungszeitraums vom 8. bis 12. März. Zwei Drittel der User (64,5%) schalteten sich dabei aus dem Ausland zu. Unter dem Motto „Der digitale Treffpunkt der Reiseindustrie. Jederzeit. Überall.“ bot diese Reisemesse allen Teilnehmern einen einzigartigen digitalen Marktplatz in der wohl herausforderndsten Zeit der vergangenen Jahrzehnte. Im Rahmen des neuen Formats NOW präsentierten sich 3513 Aussteller von Destinationen und Hotelketten bis hin zu Technologie-Unternehmen aus 120 Ländern, darunter auch 33 aus Rumänien: Mit 25 Bukarester Unternehmen der Tourismus-Branche war die Hauptstadt die zahlenmäßig stärkste Fraktion auf der ITB NOW 2021, gefolgt von sieben siebenbürgischen Unternehmen.

Dass Digitalisierung zunehmend die dominierende Rolle spielt, spiegelte sich auch darin wider, dass sich das Bukarester Reisetechnologieunternehmen „wbe Travel“ und das Hermannstädter Reisebüro „Go East Reisen“ jeweils mit drei IT-Networkern an der Messe beteiligten. Weitere digitale Partizipanten aus Siebenbürgen waren zum Beispiel „Active Holidays Romania“ aus Kronstadt und „WENS Travel“ aus Bistritz. Aus dem Banat nahm das Arader Reisebüro „BJR Vacanţe“ teil. Wieso Temeswar nicht die Chance wahrnahm, sich auf den ITB-Plattformen zu vernetzen, insbesondere als Europäische Kulturhauptstadt 2023, bleibt ein Rätsel. Allerdings hat Temeswar noch immer die Chance dazu, denn die digitale Plattform bleibt bis zum 31. Mai 2021 aktiv.

Impuls zu mehr Digitalisierung

Die Messe verdeutlichte: Alte Denkmuster sind ein Auslaufmodell. Der Paradigmenwechsel zur Digitalisierung der Tourismusindustrie gewinnt an Dynamik, bei den Tourismus-Unternehmen wie bei den Reisenden. Deswegen plädieren Experten für die Entwicklung einer globalen Tourismus-App, über die man Angebote der Tourismus-Unternehmen abrufen und Reisen buchen kann. Öko-Reise-Angebote und Nachhaltigkeit gemäß der Agenda 2030 sollen dabei eine besondere Rolle spielen, betonten die Referenten auf den digitalen Konferenzen.

Die Vordenker verschiedener Think Tanks appellierten außerdem, dass die Menschen mit einer einzigen App ihren Urlaub planen und buchen können, von der Auswahl aus verschiedenen Reiseangeboten, dem Kauf der Flugtickets bis hin zu Hotelreservierung und Mietwagenbestellung. Auch der Nachweis über negative Corona-Tests soll in dieser App gespeichert werden können: So brauche der Reisende zum Beispiel beim Einchecken ins Hotel nicht mehr einen Wust von Papieren hervorzukramen, sondern lediglich die App auf seinem Handy an der Rezeption vorzuzeigen. Hotels und Reisebüros, auch in Rumänien, benutzen zwar bereits Apps, doch diese sind ausschließlich auf das jeweilige eigene Unternehmen ausgerichtet.

Noten für Zukunftsmusik und Ausblick auf die ITB 2022

Um eine Globale Tourismus-App zu kreieren, bedarf es freilich einer Harmonisierung weltweiter Standards, etwa bei Coronatest-Nachweisen sowie Reiseanforderungen und Versicherungsfragen. „Globale Tourismus-App“ klingt nach schöner Zukunftsmusik. Doch einige Noten dafür wurden auf der ITB NOW 2021 bereits geschrieben, in Teamarbeit bei digitalen Konferenzen und Chats. Es stellt sich die Frage: Wie können die Touristiker diese Zukunftsmusik für den globalen Tourismus zum Klingen bringen – und wer soll dabei die erste Geige spielen?

 Erfolgversprechend erscheint als Start für dieses anspruchsvolle Projekt, dass zuallererst die IT-Ressourcen der EU-Länder zur Entwicklung einer globalen Tourismus-App gebündelt werden sollten, quasi als Pilot-Projekt auf dem Weg zum weltweiten Einsatz. Eingedenk der hohen internationalen Reputation der IT-Experten Rumäniens wäre es durchaus vorstellbar, dass diese in Kooperation mit IT-Profis weiterer EU-Länder die Entwicklung einer europäischen Tourismus-App initiieren und bereits im nächsten Jahr, auf der ITB 2022, präsentieren.

Diese soll laut offizieller Verlautbarung der Veranstalter von 9. bis 13. März 2022 stattfinden, und zwar in alter Tradition wieder in den Messehallen unter dem Berliner Funkturm, zusätzlich mit digitalen Plattformen weltweit vernetzt. Dann wird dem Bundesland Sachsen eine besondere Ehre zuteil: Der Ehrentitel „Offizielles Partnerland der ITB 2022“