Kann die Festung ihre Tore öffnen?

Eigentumsverhältnisse immer noch nicht geklärt

Die Festung am Schlossberg kann von vielen Stadtteilen aus bewundert werden. Doch zu dieser aufsteigen, hat nicht viel Sinn, da sie geschlossen ist. Nur die Aussicht von oben auf die Stadt ist lohnenswert.
Foto: der Verfasser

Nur schwer können die Hürden in einem Land, in dem Bürokratie immer noch zur Tagesordnung gehört, überwunden werden. Dadurch gibt es auch viel Verlust in der Wirtschaft, im Tourismusbereich. Und nicht nur. Dabei nehmen wir erneut Bezug auf die Eigentumsverhältnisse der Festung auf dem Kronstädter Schlossberg. Die bis vor wenigen Jahren noch für Touristen geöffnete mittelalterliche Festung ist nun schon seit Jahren geschlossen. Statt dass die da befindlichen Gaststätten Gewinn bringen, die Festung als Baudenkmal besichtigt werden kann, gastronomische Ausstellungen und Ritterturniere veranstaltet werden, beginnen sich die Schäden durch Witterungseinfluss bemerkbar zu machen. Wegen der noch nicht geklärten Eigentumslage kann auch niemand Eingriffe vornehmen, um erforderliche Reparaturen durchzuführen.

Ist der Staat Eigentümer oder nicht?

Laut einem Beschluss des Kronstädter Appellationsgerichtes und den vom Grundbuchamt ausgestellten Unterlagen ist seit November 2017 der rumänische Staat Eigentümer der Festungsanlage auf dem Kronstädter Schlossberg. Er wurde als solcher provisorisch ins Grundbuch eingetragen. Der diesbezügliche Beschluss wurde aber erst am 27. April 2018 dem Bürgermeisteramt mitgeteilt. Selbst wenn es auch nur eine provisorische Eintragung im Grundbuch ist, hat der Staat volle Eigentumsrechte und kann Reparaturen an dem Baudenkmal vornehmen, er könnte die Festung für Besucher öffnen und theoretisch das Verwaltungsrecht dem Bürgermeisteramt übertragen. Das ist aber nicht möglich, da es sich um eine Immobilie handelt, deren Schätzwert eine Million Lei überschreitet. Der Steuerwert wurde auf 1,9 Millionen Lei festgelegt. In diesem Fall wird noch ein Beschluss des Obersten Gerichts benötigt. Der ehemalige Eigentümer, das Tourismus- und Gaststättenunternehmen SC Aro Palace SA, hat einen Einspruch gegen vorangegangene Beschlüsse eingereicht. Nur nachträglich kann eine endgültige Eintragung ins Grundbuch vorgenommen werden. Unter diesen Voraussetzungen können keine Investitionen vorgenommen werden, auch wenn die Festung sich in staatlichem Besitz befindet, da es noch keinen endgültigen Beschluss bezüglich des Besitzers gibt. Anderseits könnte der Betrieb für Touristen aufgenommen werden, wenn besagte Handelsgesellschaft ein Übergabeprotokoll an den Staat unterzeichnet. Bürgermeister George Scripcaru betonte vor Kurzem, dass der Staat nun alle Rechte über den Bau hat und dass man hoffentlich eine Lösung finden wird, um die Festung bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens für Touristen zu öffnen. Bleibt der Bescheid des Obersten Gerichts derselbe, dass nämlich der Staat und nicht die Stadt Eigentümer der Festung ist, ist das Kronstädter Bürgermeisteramt gewillt, diese in Verwaltung zu übernehmen, die erforderlichen Investitionen durchzuführen und die Festung wieder in den Tourismusbereich einzuführen.

Wie ist die Festung zum Streitobjekt geworden?

Der ursprüngliche gemauerte Kern der Anlage wurde 1553 von den habsburgischen Truppen errichtet. Erst 1625 - 1630 wurde die äußere Befestigungsanlage mit den vier Eckbasteien gebaut. Der da befindliche Brunnen wurde 1623 angelegt. Während des Schuster- und Bürgeraufstandes 1688 haben die Kronstädter Aufständischen, die sich gegen die Ratsherren und Habsburger als neue Landesherren empört hatten, zeitweilig die Festung besetzt. Während der Revolution von 1848/1849 wurde die Festung von den österreichischen und russischen Truppen beschossen, da sich darin die von Josef Bem geleitete ungarische Armee verschanzt hatte. Ursprünglich ist die Festung als Eigentum der Ungarischen Schatzkammer im Grundbuch eingetragen worden und wurde von der königlichen ungarischen Regierung bis 1918 verwaltet. Nach der Vereinigung Siebenbürgens mit Rumänien ist diese laut einem Dekret aus dem Jahr 1927 in den Besitz des rumänischen Staates übertragen worden. Fünf Jahre später spricht das Verteidigungsministerium durch ein Gesetz vom 16. Mai 1932 die Festung der Stadt Kronstadt/Brașov zu, die wiederum demselben Ministerium die Kaserne „Ferdinand I.“ in der Fabrikstraße/Mihai-Viteazul-Straße übergibt. Im Jahre 1938 wird die Festung durch ein neues Dekret dem rumänischen Staat übertragen. 1940 wurde dann die Festung samt den weiteren Anlagen dem Nationalen Verteidigungsministerium erteilt und wurde im Grundbuch auch auf dieses eingetragen. Dagegen legte damals die Stadtleitung Einspruch ein, aber ohne Erfolg. Die Festung befand sich auch nach der Machtergreifung der Kommunisten am 6. März 1945 weiterhin in Besitz des Verteidigungsministeriums. 1952 wird sie in den Besitz des Innenministeriums übertragen. In den Mauern der Festung befanden sich zeitweilig ein Gefängnis, ein Lager der Staatsarchive und ein Störsender. 1974 wird durch eine Verfügung des Innenministers das Verwaltungsrecht der Kronstädter Nationalen Tourismusgesellschaft ONT Carpați übertragen. 1975 wurde dann in der Schlossanlage eine mittelalterliche Gaststätte eingerichtet, in der besonderes ausländische Gäste verköstigt wurden. Nach der Wende von 1989, als das Kronstädter Tourismusunternehmen ONT Carpați sich in SC Postăvarul SA umwandelte, geht die Festung als „Complex Cetate“ laut einem Beschluss des Tourismusministeriums in Besitz des neuen Gaststättenunternehmens über. Seither läuft das Tauziehen, um die Eigentumsverhältnisse zu klären. Logisch wäre es, dass die mittelalterliche Festung im Besitz des Bürgermeisteramtes oder der Stadt wäre, nachdem diese vor Jahrhunderten auf dem Stadtgebiet gebaut worden ist. Aber das muss man noch abwarten!