Mit gutem Beispiel voran

Vorstellung der Südtirol-Autonomie in Bukarest

Südtirol-Referenten Lucio Giudiceandrea (l.), Davide Zaffi und Moderatorin Smaranda Enache im Hotel Minerva
Foto: die Verfasserin

Sie haben sich viel vorgenommen, die Organisatoren der Veranstaltungsreihe zur Autonomie von Südtirol. Sie wollen Brücken bauen, Ängste lindern, Südtirol als Vorbild glänzen lassen, denn indirekt geht es um die Autonomiebestrebungen der Ungarn in Harghita und Covasna. Südtirol soll beispielhaft stehen für eine Region, in der die Mehrheit der Bevölkerung als  Muttersprache nicht die Landessprache spricht, in der sich seit der Autonomie ethnische Spannungen abgebaut haben, in der heute die Wirtschaft floriert. Muss Rumänien das nicht auch wollen?

Italiener lernen heute Deutsch

Zum ersten Symposium der Veranstaltungsreihe im Hotel Minerva in Bukarest haben sich vergangene Woche etwa 30 Leute versammelt. Die ungarische Presse ist stark vertreten, rumänische Politiker dagegen fehlen. Für manche mag die Veranstaltung an sich schon eine Provokation sein. In den ersten anderthalb Stunden schildern die Redner aus Italien die Situation in Südtirol. Betont wird vor allem, wie gut es der Region und auch dem Staat seit der Autonomie 1971 geht. „Sozialökonomisch war die Autonomie ein Erfolgsmodell”, erklärt Prof. Christoph Pan, Leiter des Südtiroler Volksgruppeninstituts, die Situation. Heute gibt es in der Provinz nahezu Vollbeschäftigung. „Das Land hat einen Konflikt weniger und profitiert heute vom Wohlstand der Region.”

Der italienische Journalist Lucio Giudiceandrea fasst die Geschichte der Region in drei Phasen zusammen: Die erste Phase beginnt nach dem Ersten Weltkrieg, als das Gebiet an Italien fiel, und wird von der italienischen Minderheit geprägt, die in der Industrie und Verwaltung dominiert und der deutschsprachigen Mehrheit Kultur und Sprache aufdrängt. Ab Ende der 60er -Jahre führt der „Südtirol-Pakt” in der zweiten Phase zu mehr Selbstbestimmung für die deutschsprachige Mehrheit in der Region. Das hätten die Südtirol-Italiener lange und teilweise radikal abgelehnt, sagt Giudiceandrea und streckt in einer abwehrenden Geste seine Hand nach vorne, um seinen Satz zu unterstreichen. Erst in den letzten 15 Jahren, für ihn die „dritte Phase”, habe sich das Verhältnis der Südtirol-Italiener zu ihrer Provinz verbessert. Man zeigt sich offener, immer mehr lernen Deutsch. Südtirol sei nicht mehr nur Wohnsitz sondern auch Heimat geworden.

In Rumänien schwieriges Thema

Von einer solchen Situation ist man in Rumänien noch weit entfernt. Die Diskussion über die ungarischen Minderheitenrechte und Autonomiebestrebungen in Rumänien ist keine leichte. Das Thema stößt bei vielen Rumänen auf Ablehnung und wird von nationalistischen Parteien in Ungarn und Rumänien instrumentalisiert. Im Hotel Minerva ist Attila Korodi dankbar für das Forum. „Hier ist eine Diskussion in einer entspannten Atmosphäre möglich, außerhalb des Parlaments”, sagt der Abgeordnete des Demokratischen Verbands der Ungarn in Rumänien UDMR. Er findet, Rumänien müsse ein stärkeres Interesse daran haben, die ungarische Minderheit zu halten, nachdem Deutsche und Juden nicht mehr da sind. Ungarn müsse als Partner gesehen werden.

Dann ergreift Dr. Gabriel Andreescu, Professor an der Nationalen Schule für Politik und Verwaltung in Bukarest, das Wort. „Ich fühle mich wie ein Veteran, der zwischen anderen Veteranen sitzt”, sagt Andreescu, der schon mehrere Bücher und Artikel zu den ethnischen Spannungen in Siebenbürgen veröffentlicht hat. „Und wie man es als Veteran macht, möchte ich über die Vergangenheit und Zukunft sprechen.” Für die Zukunft, sagt er, bleibt im Moment nur der kleinste gemeinsame Nenner übrig: eine personelle kulturelle Autonomie. Eine territoriale Autonomie sei im Moment nicht durchsetzbar, viele Rumänen würden sich davon bedroht fühlen.

Genau diese Rumänen sind es, die die Veranstaltung eigentlich ansprechen wollte – gekommen sind sie nicht. In der Gruppe im Hotel Minerva herrscht der einträchtige Konsens, dass den Ungarn in Rumänien die eine oder andere Form von Autonomie zugesichert werden muss. Korodi wird diese Ansicht weiter im Parlament verteidigen: „Ich hoffe, wir werden bereit für intelligente Kompromisse sein.”