Der Philosoph ist schon wieder ein bisschen ins Fettnäpfchen getappt.
Gabriel Liiceanu, ein Verwöhnter der Nach-Wendezeit, Direktor des „Humanitas“-Verlagshauses seit 1990 (inzwischen sind es drei Firmen, die unter „Humanitas“ firmieren – es hat Diskussionen darüber gegeben, wie er an den früheren Politischen Verlag kam, die Grundlage von „Humanitas“, wozu der damalige Kulturminister Andrei Pleșu, allbekannt als Liiceanus Philosophenfreund, die entsprechende Order erließ…) und der Leader der drei „Intellektuellen Băsescus” (G.L., neben Pleșu und H.-R. Patapievici) veröffentlichte auf der elitären Kommentare-Seite „contributors.ro” einen Beitrag, wo er Regierungschef Ilie Bolojan mit dem biblischen Moses verglich.
Zwei erheblich jüngere Intellektuelle (Liiceanu ist 83), Theodor Paleologu (aus einem Zweig des alten byzantinischen Geschlechts der Paleologos) und Stelian T˛nase, bezogen sofort ironisch Stellung, zumal der alte Philosoph nicht zum ersten Mal den Vergleichsbogen grob überspannt hat (bei ihm standen schon viele der zeitweiligen Politikgrößen auf der Hochlobliste...)
Liiceanu tut´s bei Bolojan in biblischem Sound: den Vergleich mit dem jahrelangen einseitigen Verzehr von gottgesandtem Manna, dem Herumirren durch die Wüste mit dem Traum vom gelobten Land („Lichtlein am Ende...”) bis zum Überdruss im Hinterkopf, dem Murren des Volks der jüdischen Ex-Sklaven, die in der Wüste Sinai den dampfenden Fleischtöpfen der gut organisierten Ägypter nachtrauerten, ihrer Sklavenhalter, dem Wunsch, einen Bolojan-Moses klonen zu können, um mindestens 40 Mal in allen Landeskreisen das zu verwirklichen, was der Technokrat mit regierungs-, regionseigenen und EU-Mitteln im Landeskreis Bihor realisiert hat. Liiceanu stempelt Moses nicht zum „jüdischen Bolojan”. Das hätte gerade noch in der Hymne gefehlt, so Kommentatoren.
Theodor Paleologu spricht prompt vom „neuen Exaltier-Exzess” des Philosophen, lässt aber kein Missverständnis zu: „... ich schätze den gegenwärtigen Premierminister, glaube, dass er ein integerer und authentischer Patriot ist, ein kompetenter und effizienter Verwalter. Aber solche Dithyramben...” Und Paleologu erinnert an frühere „Exaltier-Exzesse” des Philosophen; Ion Ioanid verglichen mit Solschenizyn, Freund Patapievici verglichen mit Kirkegaard („ein dänischer Patapievici”...), Dithyramben auf Ewig-Notenbankchef Isărescu oder den als Politiker im Eiltempo reichgewordenen Hermannstädter Dan Barna, jetzt EU-Parlamentarier („der einzige Politiker mit einer modernen Vision”). Bolojan habe leider „das Unglück gehabt”, Liiceanu angenehm aufzufallen, bemitleidet Paleologu den Premierminister.
Schwer zu sagen, ob die Lobeshymnen, die der Philosoph loslässt, einen Interessenshintergrund haben. Bauchgefühl: eher nicht. Immerhin bringen dem Philosophen seine Schriften, sein Wirken beim wichtigen Verlagshaus Rumäniens (an erster Stelle ist immer noch der Jassyer Polirom-Verlag), seine politischen Stellungnahmen, auch seine Freundlichskeitsanfälle viel öffentliche, auch internationale Anerkennung. Er ist Chevalier de l‘Ordre des Arts et des Lettres, Commendatore dell‘Ordine della Stella della Solidaritá italiana, Träger des Verdienstkreuzes I. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und – zuletzt, das war 2012 – des Nationalordens „Der Stern Rumäniens” im Grad eines Offiziers.
Lohnt sich also Lobhudelei in biblischem Stile? Oder ist es die ureigenste Aufgabe Intellektueller, kritisch zu sein? Die einfachste und einleuchtendste Antwort lautet wohl: loben, wo und wem Lob gebührt, tadeln, wo es der Fall ist.
„Nix gschwätzt, isch gnuag globt“ – Nichts gesagt, ist Lob genug - heißt es im Schwabenland und das dürfte wohl die treffendste Antwort auf die Frage betreffs Lobhudelei sein, auch wenn angeblich „Lob Flügel verleihen“ soll. Halleluja!