Überzeugungen und Werte statt temporäre Begeisterungen

Wolfgang Köber über seinen Film: „Das Leben und Wirken von Hans Otto Roth“

Der Unternehmer und Regisseur des Filmes Wolfgang Köber im Schillerhaus | Foto: Valentin Brendler

Hans Otto Roth am Rednerpult | Foto: Privatarchiv Dr. Maria Luise Roth-Höppner

Johannes Honterus, Samuel von Brukenthal und Hans Otto Roth: In diese Reihenfolge stellt Thomas Șindilariu, Unterstaatssekretär im Departement für Interethnische Beziehungen, „ganz bewusst“ Hans Otto Roth, den siebenbürgisch-sächsischen Politiker, welcher in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wirkte und sich aktiv gegen die Nationalsozialisten und für Siebenbürgen und die evangelische Kirche A.B. eingesetzt hat. Der Dokumentarfilm „Das Leben und Wirken von Hans Otto Roth“ von Regisseur Wolfgang Köber und Produzent Eduard Schneider stellt genau das vor, was der Titel verspricht – mit einem prominentem Gast im Streifen: Die Tochter Roths, Maria Luise Roth-Höppner. Die Uraufführung war im vergangenen Jahr in Hermannstadt/Sibiu, am Donnerstag, den 30. März, wurde er in Bukarest – der Wahlheimat des Politikers – vor 40 Gästen im Schillerhaus präsentiert. Der Sachse und Siebenbürger Wolfgang Köber, der sich auf verschiedenste Weisen für Siebenbürgen einsetzt, hat sich über den Film und dessen Umstände mit ADZ-Redakteur Valentin Brendler unterhalten.

Herr Köber, Sie sind eigentlich kein Regisseur. Wie sind Sie dazu gekommen, diesen Film zu drehen?
Das war mehr oder weniger ein großer Zufall. Ich betrachte mich auch sehr ungern als Regisseur, sondern eher als Initiator oder „Anschieber“, der Schubkraftgeber der ganzen Sache. Natürlich mit Unterstützung von vielen vielen weiteren Partnern – alleine hätte ich das niemals geschafft. 
Ich bin froh, dass zur richtigen Zeit die richtigen Player greifbar waren und wir das machen konnten. Das ist zum Beispiel einer der wenigen positiven Einflüsse aus der Corona-Zeit. Ohne die hätten wir niemals genug Ressourcen gehabt, um den Film zu realisieren.

Wie haben Sie von Hans Otto Roth erfahren?
Ehrlich gesagt habe ich die Person Hans Otto Roth lange gar nicht gekannt. Als ich dann von ihm erfahren habe und mitbekam, dass seine Tochter so nahe bei uns lebt, hat mich das direkt sehr berührt und angespornt. Mich fasziniert an Roth die Tatsache, dass ihn Überzeugung und Werte ausmachen und nicht irgendwelche temporären Begeisterungen, die kommen und gehen.

Wie ist der Kontakt zu Roths Tochter entstanden?
Ich habe mit ihr in relativ kurzer Zeit einen warmen Kontakt geknüpft. Ich respektiere sie – und sie mich – und wir vertrauen uns. Sie hat bei der Uraufführung in Hermannstadt gesehen, dass wir im Film eins zu eins widerspiegeln, was sie auch über ihren Vater vermitteln wollte. Ihre Erinnerungen an die Zeit sind sehr lebendig und akkurat. Der Kontakt zu den anderen Personen hat sich nach und nach entwickelt. Wir hatten ein paar Schlüsselpersonen. Man bekommt immer ein paar Tipps, wo man noch jemanden finden könnte. In jeder Etappe kamen immer gravierende „Aha!-Momente“ dazu und deswegen hat es auch so lange gedauert, ein Ende zu erreichen.

Wie habe Sie alle Teile zusammengefügt, und hatten Sie dabei Hilfe?
Es haben geschätzt 40 bis 50 Personen mitgewirkt. Es kamen aus allen möglichen Ecken Hinweise und Dokumente – es war eine Schnitzeljagd, im wahrsten Sinne des Wortes. Die ist auch heute noch nicht vorbei. Wir kriegen jetzt noch zahlreiche Dokumente zugespielt – vielleicht arbeiten wir die auch noch ein, aber der Dokumentarfilm ist schon sehr umfangreich – irgendwann muss man auch mal Schluss machen und hoffen, dass das Endprodukt in der Form O.K. ist.

Wie war die Zusammenarbeit mit Eduard Schneider?
Eduard Schneider ist ein sehr guter und lieber Freund. Ich muss offen und ehrlich sagen, ich bin eher sehr pragmatisch und er ist viel mehr künstlerisch veranlagt, aber genau das hat sehr gut zusammengepasst. Er ist mehr als 100 Prozent akkurat und man muss ihn ab und zu in seinem Enthusiasmus ein bisschen bändigen, aber das ist sehr gut so. Außerdem hat er die technischen Voraussetzungen, um Filme auf höchstem Niveau zu drehen. Die größte Herausforderung war die Filmrolle, die wir in der Schublade von Roths Tochter gefunden haben. Der Film wurde noch nie abgespielt! Es war das erste Mal überhaupt, als wir die Rolle angesehen haben. Sie können sich vorstellen, wie schwer es ist, einen Film aus der Zeit, in dem Format, in die heutige digitale Technik zu integrieren. Das war etwas ganz Spezielles und das hat Schneider meisterhaft gemacht.

Wie ist die weitere Produktion gelaufen?
Gefühlt hat es ungefähr ein Jahr gedauert – natürlich nicht mit permanenter Produktion. Wir hatten mehrere Filmorte und Persönlichkeiten, und das zieht sich alles. Du brauchst die Leute natürlich am richtigen Ort, im richtigen Umfeld, damit sie auch vor der Kamera in Ruhe reden und sich darauf einstellen können. Das kann man nicht ad hoc machen. Auch das Schneiden dauerte sehr lange.

Wo wurde der Film bislang gezeigt? 
Wir haben den Film bisher absichtlich nur einem ausgewählten Publikum zugängig gemacht: In Hermannstadt und in Dinkelsbühl. Dann war es mir ganz wichtig, als nächste öffentliche Vorführung Bukarest auszuwählen, weil Bukarest die Wahlheimat von Hans Otto Roth unter der Woche war. Ich sehe auch heute die Verbundenheit der anwesenden Gäste im Schillerhaus mit ihm und ich glaube, das war die richtige Entscheidung

Wie war das Feedback in den Städten?
Ich war überrascht zu sehen, dass in Dinkelsbühl sehr viel positive Kritik geäußert wurde. Es kamen viele Leute, auch aus Familien, die sich von früher noch kannten, die viele Einzelheiten mitgaben, die interessant waren und die das Salz in der Suppe ausgemacht haben. Es war ein sehr sensibles Thema und ich glaube, die Leute haben gewartet, dass da mal was kommt. Etwas Greifbares, etwas Kompaktes wie ein Film.

Kann man den Film kaufen?
Die Realisierung des Filmes hat keine kommerziellen Aspekte. Das war nie Sinn der Sache. Der Herr Roth soll in unserer Erinnerung bleiben. Jetzt, am 1. April, jährt sich sein 70. Todestag und das ist ein Punkt, wo man Erinnerungen an ihn aufblühen lassen muss. Wir wollen dadurch den jungen Leuten vermitteln, dass man Werte leben kann und sie vertreten kann und sich nicht von irgendwelchen anderen „Hypes“ lenken lassen sollte.

„Es ist unser Schicksal, in gewissem Sinn ein Doppeldasein zu führen. Wir sind Deutsche und wollen Deutsche sein. Wir sind gleichzeitig aber auch Bürger des rumänischen Staates, dem wir treu verbunden sind“ – das hat Hans Otto Roth zehn Tage nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges geschrieben. Haben Sie auch das Gefühl, in diesem Schicksal zu stecken?
Ich bin, glaube ich, ein ganz gutes Beispiel dafür. Ich bin 1994 nach Deutschland ausgewandert, habe mich aber nie von Siebenbürgen gelöst. 2005 bin ich nach Rumänien zurückgekommen – zur großen Verwunderung der ganzen Familie. 
Wie es das Schicksal so will, habe ich hier eine sächsische Frau kennengelernt, die mir zwei wunderbare Kinder geschenkt hat. Wir sind eine echte siebenbürgisch-sächsische Familie! Dieses Doppeldasein habe ich auf mehreren Ebenen. Ich bin Vorsitzender des deutschen Wirtschaftsclubs in Siebenbürgen, bin selber auch Unternehmer, habe im Presbyterium der evangelischen Kirchengemeinde A.B. in Hermannstadt bei wirtschaftlichen Fragen geholfen, ich bin im Deutschen Forum aktiv und bin ehrenamtlicher Ansprechpartner für Rückkehrer nach Siebenbürgen, um auch anderen Mut zu machen, den Weg zurückzufinden. 
Ich bin hier zuhause. Ich glaube an Siebenbürgen. Es hat eine sehr reiche Geschichte und wenn wir sie hier nicht leben, wer soll es dann machen? Wir sind hier zuhause und am richtigen Ort. Das treibt mich an.

Was ist Ihr Traum, sind Ihre Hoffnungen für Siebenbürgen?
Mir ist die wirtschaftliche Entwicklung sehr wichtig – natürlich für die Allgemeinbevölkerung und nicht nur für die Sachsen. Ich wünsche mir Wohlstand und Aufschwung. Wenn die Wirtschaft funktioniert, dann können sich auch die restlichen Bereiche entwickeln. Dadurch kann auch Kultur und Soziales mitgefördert werden.

Hoffen Sie, dass dadurch mehr Siebenbürger Sachsen oder andere Menschen aus der deutschen Minderheit aus Deutschland zurückkehren?
Nicht nur Deutsche. Ich wünsche mir auch, dass die Rumänen im Ausland wieder nach Hause kommen und ihr angesammeltes Wissen mitbringen. Rumänien, nicht nur Siebenbürgen, hat ein riesiges Entwicklungspotenzial, das muss man entdecken und auch wahrnehmen. 
Man kann nicht ins gemachte Nest kommen. Aufbau bedeutet auch, gewisse Sachen hinnehmen zu müssen, aber dadurch entstehen auch Chancen.


Der Vortrag von Wolfgang Köber und sein Film über Hans Otto Roth können ab 10. April auf der Webseite des Schillerhauses angesehen werden: www.casaschiller.ro