Wort zum Sonntag: Das gefährdete Leben


Wir Menschen lieben das Leben und wenden alle möglichen Mittel an, um es je länger zu erhalten. Aber das darf uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir ausnahmslos alle an Leib und Seele gefährdete Wesen sind. Unseren Leib bedrohen viele Gefahren: Viren, Mikroben, Bazillen erregen eine Unmenge von Krankheiten, die uns den Lebensfaden abschneiden wollen. Hinzu kommen Naturkatastrophen wie Erdbeben, Stürme, Überschwemmungen, Feuersbrünste, Vulkanausbrüche und Hunger verursachende Dürren. Sie reißen viele, viele Menschen in den Tod. Und als ob das noch nicht genug wäre, bedrohen wir Menschen uns gegenseitig mit dem Tod: Kriege, Morde, Bombenattentate und Verkehrsunfälle vermehren die Lebensgefahr. 

Dass wir gefährdete Wesen sind, erkannten schon die alten Griechen. Nach ihrer Sage wurde dem Götterliebling Achilles die Gabe der Unverwundbarkeit verliehen, bis auf seine Ferse. Und gerade an dieser „Achillesferse“ traf ihn der tödliche Pfeil. Auch die von Gesundheit strotzenden Germanen wussten um die ständige Gefährdung des Lebens. Der Sage nach badete sich der Held Siegfried im Blute des getöteten Drachen und erhielt dadurch eine Hornhaut, die kein Pfeil und kein Schwert durchdringen konnte. Aber ein Lindenblatt war auf seinen Rücken gefallen. So blieb einzig diese Stelle verwundbar. Genau dahin traf ihn der Speer des Mörders.

Auch das geistige Leben unserer Seele ist stets bedroht. Wir sind durch Ideologien leicht verführbar, die uns unverantwortlich versichern, dass wir nur dieses eine irdische Leben besitzen. Aus ihm sollen wir die Freuden und Genüsse auspressen wie den Saft aus der Zitrone. Überlässt sich der Mensch unbeherrscht dem Selbsterhaltungs- und dem Fortpflanzungstrieb, wird er habgierig, egoistisch, genusssüchtig, machtlüstern, leichtsinnig, neidisch, rachedurstig und in letzter Konsequenz zum „Wolf des andern“. Viele machen sich die Lebenseinstellung zu eigen, die man in der römischen Kolonialstadt Timgad in Nordafrika in einen Spieltisch eingeritzt fand: „Jagen, Baden, Lachen, Spielen: das heißt Leben!“ Kein Wunder, dass dabei das höhere, auf Gott hingeordnete geistige Leben auf der Strecke bleibt. Diese heidnische Lebenseinstellung zeigt sich auch im Leben vieler Christen. 

Aber wir sind nicht unumschränkte Herren über unser Leben, wir sind nur seine Verwalter. Das lehrt uns Christus. Er vergleicht uns mit Knechten, denen ihr Herr bei seiner Abreise sein Gut zur Verwaltung übergeben hat. Der verantwortungsvolle Knecht verwaltet das Gut des Herrn sorgfältig. Zu jeder unvorhergesehenen Stunde kann der Herr zurückkommen, er findet den Knecht treu im Dienst. So soll der Christ sein Leben betrachten und danach einrichten. Christus warnt: „Wenn aber der Knecht denkt: Mein Herr kommt noch lange nicht zurück, und anfängt, die Mitknechte und Mägde zu misshandeln und sich berauscht, wird der Herr bei seiner plötzlichen Rückkehr den ungetreuen Knecht in Stücke hauen!“

Mit welcher Hilfe können wir aus der vielseitigen Gefährdung unseres Lebens gut herauskommen? Ein Inder wurde von seinem Freund gefragt: „Warum bist du Christ geworden?“ Der Inder antwortete ihm in seiner bilderreichen Sprache: „Einst traf ich auf einer Wanderung auf einen Tiger, der mich knurrend verfolgte. Von Panik ergriffen, rannte ich um mein Leben. Schließlich konnte ich mich an einer Schlingpflanze in einen Brunnenschacht hinunterlassen. Ich blickte nach oben, wo der Tiger mit seinen wilden Augen auf mich schaute. Ich blickte nach unten und sah eine riesige Giftschlange, die gierig nach mir spähte. Mein Schrecken wurde riesengroß, als ich eine Ratte bemerkte, die an der Schlingpflanze nagte, an der mein Leben hing. Da fiel ein Schuss. Der Tiger verschwand und ein Mann zog mich aus dem Brunnen. Der Tiger, der mich verfolgte, war die Sünde. Die Schlange ist der Satan, der mich erbeuten will. Die Ratte ist der Zahn der Zeit, der an meinem Lebensfaden nagt. Jesus hat die Sünde überwunden und rettet mich vor dem ewigen Verderben. Deshalb bin ich Christ geworden!“

Wir alle sind in der gleichen gefährdeten Lage. Ergreifen wir die rettende Hand Christi. Unser gefährdetes Dasein wandelt sich in ewiges Heil um.