Wir lesen die Perikope für den Bußtag, Lukas 13,1-9. Da hat es Opfer gegeben. Menschen haben ihr Leben verloren: einige durch die blinde Vorschriftenhörigkeit des Pilatus, andere durch den Einsturz eines baufälligen Turmes. Sicher haben die Leute um Jesus herum alle erwartet, dass er sein Mitgefühl den leiderfüllten Familien gegenüber äußere, wie das ja auch heute bei hochgestellten Persönlichkeiten ausgiebig praktiziert wird. Doch der Heiland spricht kein Beileid aus, weder für die Opfer noch für die trauernden Hinterbliebenen. Er, der die Macht hat, Leben zu lassen und Leben zu nehmen, für den Sterben dazugehört, weist statt dessen auf die Todverfallenheit aller Menschen hin, die ohne Reue in Sünden leben.
Wie auch Johannes der Täufer in Matthäus 3,8ff drängt Jesus darauf, die Buße und Umkehr nicht hinauszuzögern, weil das Böse überall lauert, denn der Böse ist am Werk in der Welt. Wer Gottes Geboten nicht gehorcht, steht nicht unter seinem Schutz, und es ist unverdiente Gnade, wenn die Katastrophe ausbleibt und das Leben weitergeht. „Lass ihn noch dies Jahr“, bittet der Gärtner für den Feigenbaum und der Besitzer willigt ein. Was aber ist schon ein Jahr im Leben eines Baumes? Und auch im Leben eines Menschen kann ein Jahr sehr kurz sein, vor allem, wenn es sich um eine aufgeschobene Schuldbegleichung handelt. In einer solchen Gnadenfrist befinden sich die Menschen, darum mahnt Jesus zur eiligen Bekehrung.
Was hat nun ein reuiger Sünder einem unbußfertigen Frevler gegenüber für einen Vorteil? Antwort darauf gibt uns die Heilige Schrift und die Geschichte der Kirche, denn da haben wir viele beeindruckende Berichte darüber, wie Gott die aufrichtig Gläubigen beschützt und vor allem Bösen bewahrt. Es gibt zwar auch nicht wenige Berichte über Märtyrer, die um ihres Glaubens willen das irdische Leben verloren haben, doch die haben alle den Gewinn des ewigen Lebens schon vorher deutlich erkannt, so dass sie mit Freude in den Tod gegangen sind. Aber nicht das Martyrium ist für Christen die Regel, sondern ein gesegnetes Leben in Gerechtigkeit, Friede und Freude. Dazu verhelfen Bekehrung und rechtschaffene Werke.
Damit haben die Christen die Erhabenheit des Evangeliums über alle anderen Religionen der Welt bewiesen. Es ist ja offensichtlich, dass dort, wo der christliche Glaube bestimmend ist, die Gesellschaft moralisch, politisch und wirtschaftlich an Qualität gewinnt, während dort, wo Jesus Christus abgelehnt wird, die Verhältnisse ziemlich rasch sich verschlechtern und ins Durcheinander geraten. Jesus zeigt der Menschheit den Weg zur Glückseligkeit, nach der alle sich sehnen. Einen Weg voller Herausforderungen, vor denen viele zurückschrecken und nach Abkürzungen Ausschau halten. Der Versucher bietet diese mit viel List auch reichlich an. Nur wer von einem solchen Irrweg zurückgefunden hat, kann den Wert der Buße schätzen.
Buße allein aber reicht Gott nicht, so wie es nicht reicht, dass einer ein Feigenbaum ist und grüne Blätter hat; er muss unbedingt auch Früchte tragen, weil er sonst abgehauen wird. Ein Büßer darf sich nach empfangener Vergebung nicht träge in der Gnade des Herrn sonnen, er muss vielmehr tätig werden und rechtschaffene Früchte der Buße bringen. Welches diese sind, sagt uns der Täufer in Lukas 3,11ff: freigebig sein, genügsam sein und in Staatsämtern Dienst nach Vorschrift tun und nicht mehr. Dazu braucht es keine hohe Theologie oder viel Grübeln; die Werke sind allen erreichbar. So wird Gerechtigkeit gefördert und es kommt zu dem bei Gott sehr beliebten Ausgleich zwischen hoch und niedrig, reich und arm. Amen.