Wort zum Sonntag: Wenn Jesus auf einem Esel reitet

Als die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem käme, nahmen sie Palmzweige und gingen ihm entgegen und riefen: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel! Jesus aber fand einen jungen Esel und ritt darauf, wie geschrieben steht  (Sacharja 9,9): „Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.“ (Johannes 12,12 - 15)

Menschenaufläufe bergen ein gewisses Gefahrenpotenzial in sich. Dabei muss es gar nicht erst um politisch motivierte Menschenansammlungen gehen; erinnern wir uns bloß an den Sturm des Kapitols vor fünf Jahren, als es Tote und Verletzte gab. Selbst fröhliche Volksfeste müssen inzwischen mit Betonpollern gesichert und von Ordnungshütern bewacht werden, da immer wieder bewaffnete Selbstmordattentäter oder Wahnsinnige, die das Auto als Waffe benutzen, gezielt unschuldige Menschen verletzen oder gar töten wollen.

Sicherlich gibt es auch die anderen Bilder: fröhliche Menschen, die vor Freude auf die Straße gehen, so wie beim Fall der Berliner Mauer. Oder glückliche Sportsfreunde, die sich über den Sieg ihrer Lieblingsmannschaft freuen.

Fakt ist, dass bei Menschenaufläufen die Stimmung schnell kippen kann. Bemerkenswerterweise geschieht das in der Regel vom Positiven zum Negativen und nicht umgekehrt. Wie oft hört man, etwa bei Sportveranstaltungen, dass friedlich feiernde Fans plötzlich gewalttätig wurden. Manchmal ist es bloß der Alkohol, oft aber spielen Aufruhr und Aufwiegelung eine Rolle, die von Interessengruppen, politischen Parteien oder Geheimdiensten bei Demonstrationen gezielt eingesetzt werden.

Am Palmsonntag gedenkt die Christenheit des Einzugs Jesu in Jerusalem. Es wird berichtet, dass die Menschen der Stadt vor Freude auf die Straße gingen; zunächst zumindest. Es sollte EINER kommen, der Kranken heilen und Wunder tun konnte. Das musste doch ein ganz besonderer Mensch sein und daher lief ihm eine große Menge entgegen.

ER wurde empfangen und begrüßt wie ein König. Das ist verständlich – auch vor dem Hintergrund, dass das Volk Israel damals unter römischer Fremdherrschaft stand. Die „Messias-Erwartung“ ging bis in den politischen Bereich hinein. Das Volk erwartete einen von Gott gesandten Führer, der endlich Ordnung schaffen sollte. Viele sahen damals in Jesus einen, der dazu fähig wäre. Doch ER macht all denen, die solche Erwartungen hegten, einen Strich durch die Rechnung.

Wenn Jesus auf einem Esel in Jerusalem einreitet, dann tut er das nicht darum, weil er gerade kein Pferd gefunden hätte. Viele Menschen haben ihn damals nicht verstanden und verstehen ihn bis heute nicht. Der Auftrag mit dem ER von Gott in diese Welt gekommen war, war eine ganz andere Herrschaft – nämlich die Herrschaft Gottes – sichtbar zu machen.

Und die ist anders als jede menschliche Herrschaft. Es ist gerade dieser Ritt auf dem Esel zum Symbol des ganz ANDERN, vor allem eben auch des gewaltlosen Herrschers geworden. Durch sein Tun hat Jesus gezeigt, dass es auch anders geht: nicht wie die Mächtigen dieser Welt (die gerade in dieser Zeit eindrücklich auf negative Weise von sich reden machen), sondern demütig und sanftmütig.

Die Menge lief Jesus bei seinem Einzug nach Jerusalem nach, weil sie ganz andere Vorstellungen davon hatte, was ER tun und wer ER sein sollte. Doch die Stimmung kippte damals ziemlich schnell. Wenige Tage, nachdem ihm gehuldigt wurde, rufen die Menschen – möglicherweise sogar dieselben, die ihm kurz vorher gehuldigt hatten – „Kreuzige ihn!“

Offenbar war der Weg ans Kreuz unausweichlich. Stellvertretend für den Menschen nimmt Jesus das Leid auf sich, stellvertretend geht er in den Tod. Darin bewies er seine grenzenlose Liebe zu den Menschen und wurde dem göttlichen Auftrag gerecht.