Aktuelle Hürden des Baugenehmigungsverfahrens – Aufruf zur Reform

Hintergrund


Die Praxis der letzten Jahre hat gezeigt, dass das Baugenehmigungsverfahren in Rumänien immer formalistischer und bürokratischer wird, was in der heutigen „digitalisierten“ Epoche schwer nachvollziehbar und akzeptabel ist. Die Anzahl und Art der Dokumente1, die die Behörden zwecks Ausstellung der Baugenehmigung anfordern, stehen oftmals nicht in Verhältnis mit der Art und dem Umfang der auszuführenden Bauarbeiten. Darüber hinaus müssen Bauherren mit langen Wartezeiten auf Baugenehmigungen rechnen, was eine vernünftige Planung und die zeitgerechte Realisierung des Bauvorhabens besonders erschwert. Nachfolgend werden einige wesentliche Hürden des Baugenehmigungsverfahrens erläutert und Lösungen für die Verbesserung der Situation vorgeschlagen.


Wesentliche Hürden des Baugenehmigungsverfahrens

 

Das Urbanismuszertifikat (certificat de urbanism), das die für die Einholung der Baugenehmigung erforderlichen Genehmigungen, Zustimmungen, Gutachten und Dokumentationen auflistet und somit die Grundlage des Baugenehmigungsverfahrens darstellt, kann in der Regel leider nicht online beschafft werden. Da dieses Zertifikat letztendlich nur ein Auszug aus dem geltenden Gebietsbebauungsplan (plan urbanistic general) ist, könnte und müsste das Verfahren für seine


Ausstellung jedoch digitalisiert und automatisiert werden. Ferner fordern die ausstellenden Behörden den Antragsteller immer wieder auf, einen Nachweis des Eigentums an der Immobilie zwecks Einholung des Urbanismuszertifikates zu erbringen. Dieser Nachweis ist allerdings laut Gesetz nicht erforderlich, da das Urbanismuszertifikat den Antragsteller nicht zur Ausführung von Bauarbeiten berechtigt, sondern lediglich dazu dient, ihn über die erforderlichen Formalitäten für die Erlangung einer Baugenehmigung zu informieren. Die in dem Urbanismuszertifikat angeforderten Zustimmungen/Genehmigungen haben oftmals keine Relevanz für die tatsächlich auszuführenden Bauarbeiten (wie z. B. die Zustimmung des Kulturministeriums bei baulichen Interventionen an Gebäuden, die überhaupt keine kulturelle Bedeutung haben). Falls die Genehmigung eines Gebiets- oder Detailbebauungsplans (plan urbanistic zonal sau de detaliu) vor der Einholung der Baugenehmigung erforderlich ist, hat der Antragsteller oftmals dieselben (inhaltlich identischen) Zustimmungen/Genehmigungen von denselben Behörden erneut einzuholen (das erste Mal in der Phase des Gebiets-/Detailbebauungsplans und das zweite Mal in der Phase der Baugenehmigung). Ferner ist die Gültigkeit dieser Zustimmungen/Genehmigungen nicht an die Gültigkeit des zugrundeliegenden Urbanismuszertifikates gekoppelt, sodass einige Zustimmungen/Genehmigungen im Laufe des Baugenehmigungsverfahrens ablaufen können und somit erneut einzuholen sind. Die Baugenehmigungsdokumentation hat nach dem Gesetz unabhängig von der Art des Bauvorhabens denselben Inhalt und Umfang. An bauliche Interventionen an einer einfachen Wohnung bestehen in diesem Sinn dieselben Anforderungen wie an die Errichtung eines 20-stöckigen Bürogebäudes. All diese Probleme führen dazu, dass die Einholung der Baugenehmigung in der Praxis manchmal ein halbes oder sogar ein volles Jahr in Anspruch nimmt – und zwar auch bei Bauvorhaben mit einer geringen Komplexität.


Reform des Baugesetzes

 

Angesichts der signalisierten Probleme sollte die Gesetzgebung im Baubereich wie folgt grundlegend reformiert werden:

 

  • Digitalisierung und Automatisierung des Verfahrens zur Ausstellung der Urbanismuszertifikate und bestimmter darin vorgesehenen Genehmigungen/Zustimmungen;

 

  • Gründung von Abteilungen der ausstellenden Behörden, die als „One Stop Shop“ funktionieren (nach Antragstellung und Einreichung der erforderlichen Dokumentation koordiniert diese Abteilung das Verfahren zur Einholung aller notwendigen Genehmigungen/Zustimmungen von den weiteren Behörden);

 

  • Diversifizierung der Arten von Baugenehmigungen und der hierfür erforderlichen Dokumentation abhängig von der Natur und Komplexität der auszuführenden Bauarbeiten;

 

  • Neugestaltung der Verantwortungsbereiche aller im Baugenehmigungsverfahren involvierten Personen (ausstellende Behörde, Bauherr, Planer usw.), sodass der Bauherr die Hauptverantwortlichkeit für die gesetzmäßige Ausführung der Bauarbeiten übernimmt.


Fazit

Die oben dargestellten Hürden des Baugenehmigungsverfahrens sind klare Symptome der anachronistischen Gesetzgebung in diesem Bereich. Das Gesetz Nr. 50 betreffend die Genehmigung von Bauarbeiten datiert aus dem Jahre 1991 und wurde während der Zeit unzählige Male geändert und ergänzt. Es ist höchste Zeit, dass dieses Gesetz grundlegend reformiert oder sogar neugestaltet wird, um ein flexibles und an der Natur und Komplexität des Bauvorhabens angepasstes Baugenehmigungsverfahren zu regeln.


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1 Genehmigungen, Zustimmungen, Gutachten und Dokumentationen