Bukarest (AHK) - Nach zwei extrem schwierigen Jahren aufgrund der Corona-Pandemie ab 2020 und des 2021 gestarteten Krieges Russlands gegen die Ukraine, der leider weiterhin andauert, blicken die Unternehmen nun etwas optimistischer in die Zukunft. Aber es gibt auch viele Risiken, die die wirtschaftliche Perspektive eintrüben. Das zeigt auch die aktuelle Konjunkturumfrage, die von der AHK Rumänien, zusammen mit anderen 15 AHKs in der Region Mittel- und Osteuropa, durchgeführt wurde. Aus der Umfrage geht die aktuelle Konjunktur- und Geschäftslage der Unternehmen hervor, sie verschafft aber auch einen Überblick über die aus Sicht der Unternehmen wichtigsten Risikofaktoren für die Geschäftsentwicklung sowie eine Bewertung der wichtigsten Standortfaktoren.
Die aktuelle Geschäftslage der deutschen Unternehmen in Rumänien hat sich im Vergleich zum Frühjahr 2022 etwas verbessert und wird von 45% der Befragten als „gut“ bewertet. Mehr als 47% halten diese für befriedigend und nur noch 8% beurteilen die Geschäftslage ihres Unternehmens zurzeit als schlecht. Was die Geschäftserwartungen betrifft, blicken die Unternehmen im Frühjahr 2023 zuversichtlich in die Zukunft. Knapp 46% der Befragten sind der Meinung, dass sich ihre Geschäfte in den kommenden 12 Monaten besser entwickeln werden (2022: 41%). 16% gehen davon aus, dass die geschäftliche Entwicklung vor Ort schlechter aussieht (2022: 11%).
In Bezug auf die konjunkturelle Entwicklung vor Ort in den nächsten 12 Monaten rechnen über 25% der Befragten mit einer Verbesserung (2022: 11%), nur noch 29% sind pessimistisch und sehen eine Verschlechterung (2022: 52%); 46% der Unternehmen erwarten keine Veränderungen (2022: 38%). Mehr als die Hälfte sieht eine Umsatzsteigerung im Vergleich zum Vorjahr, während 32% diesbezüglich keine Änderungen erwarten.
Erfreulich ist auch die Tatsache, dass die Beschäftigtenzahlen steigen werden. Mehr als 42% der befragten Unternehmen geben an, weiter Personal einstellen zu wollen (2022: 41%). Für weitere 42% bleiben die Beschäftigtenzahlen auf gleichem Niveau. Was die Investitionsabsichten in den kommenden 12 Monaten betrifft, sagen 40% der Unternehmen, dass diese steigen werden (2022: 25%), während 24% vorsichtiger sind und geringere Ausgaben für Investitionen planen (2022: 20%).
Was die wirtschaftlichen Risikofaktoren aus Sicht der Unternehmen angeht, ist das Thema Fachkräftemangel wieder „zurück“ auf der Tagesordnung, im Zusammenhang damit auch die gestiegenen Arbeitskosten. Aber auch Energiepreise machen den Unternehmen nach wie vor zu schaffen. Das Hauptrisiko stellen derzeit die Arbeitskosten dar, gefolgt vom Fachkräftemangel und den Energiepreisen. Im Frühjahr 2022 zählten vor allem Rohstoff- und Energiepreise zu den relevantesten Risikofaktoren aufgrund der durch die Pandemie ausgelösten Einschränkungen und der Unsicherheit. Die „klassischen“ Risikofaktoren in der Umfrage, Infrastruktur und Wirtschaftspolitik rücken in den Hintergrund und werden immer weniger als Risiko gesehen.
In der Umfrage wurden insgesamt 21 Standortfaktoren, die einen wesentlichen Einfluss auf die Investitionsentscheidungen von Unternehmen haben, untersucht. Ein ausschlaggebender Standortfaktor für Investoren ist die EU-Mitgliedschaft Rumäniens, die auch dieses Jahr positiv bewertet wurde (Saldo: 44 Prozentpunkte). Erfreulich ist auch, dass sich die öffentliche Vergabepraxis im Zeitverlauf verbessert hat (auf ein Saldo von minus 13 Prozentpunkten, im Jahr 2018 waren es noch minus 35 Punkte). Auch die akademische Ausbildung (0 Punkte) und die Qualifikation der Arbeitnehmer (minus 2) schneiden gut ab. Für das Berufsbildungssystem gibt es jedoch Verbesserungsbedarf. Investitionen in Aus- und Weiterbildung sind dringend notwendig sowohl von Seiten der Unternehmen als auch von den zuständigen Behörden. Die Zufriedenheit der Unternehmen ist diesbezüglich leicht zurückgegangen (Saldo: minus 13 Prozentpunkte).
Die Verfügbarkeit von qualifiziertem Fachpersonal ist eine der größten Herausforderungen, vor denen die Unternehmen stehen und dies betrifft sowohl Fachkräfte als auch Hochschulabsolventen. Die Migration rumänischer Fachkräfte nach Westeuropa, die Alterung der Bevölkerung, aber auch die Mängel im Bildungssystem gehören zu den Hauptgründen, die zum akuten Fachkräftemangel geführt haben. „Fachkräfte und Bildung gehören zu den wichtigsten Themen für Rumänien. Wir wollen eine grüne Wirtschaft, wir wollen eine digitalisierte Wirtschaft, aber das rumänische Bildungssystem kann nicht ausreichend Fachpersonal zur Verfügung stellen, um den gegenwärtigen und zukünftigen Bedarf abzudecken. Junge Menschen benötigen wesentlich mehr praxisrelevante Qualifikationen für die vorhandenen Arbeitsplätze. Das erforderliche Wissen und der praktische Umgang mit komplexen Technologien werden noch nicht ausreichend gelehrt. Deshalb ist eine deutlich bessere Koordinierung zwischen dem Bildungs- und dem Unternehmensumfeld dringend erforderlich“, meint Sebastian Metz, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der AHK Rumänien.
Was die Produktivität der Arbeitnehmer angeht (Saldo: 1 Prozentpunkt) sowie hinsichtlich der Flexibilität des Arbeitsrechts schneidet Rumänien dieses Jahr relativ gut ab. Auch die administrativen und politischen Rahmenbedingungen haben sich leicht verbessert, bleiben aber im negativen Bereich. Davon werden politische und soziale Stabilität (Saldo: minus 4) und Rechtssicherheit (minus 7) am besten bewertet, diese haben im Vergleich zu den Jahren 2018 bis 2021 erkennbar positive Veränderungen durchgemacht.
Der Krieg in der Ukraine bringt kurzfristige Folgen mit sich, aber auch langfristige Veränderungen in der internationalen Arbeitsteilung. Die meisten befragten Unternehmen machen sich Sorgen wegen höherer Kosten für Energie, Rohstoffe und Vorleistungen, aber auch wegen Störungen in der Lie-ferkette. Langfristig wird eine veränderte Risikobewertung der Standorte erwartet.
Die Umfrage wurde im Zeitraum 13. Februar bis 17. März 2023 unter 132 Mitgliedsunternehmen der AHK Rumänien und deutschen Unternehmen in Rumänien durchgeführt. Nach Sektoren sind diese in folgenden Bereichen tätig: 37% Dienstleistungen, 36% verarbeitendes Gewerbe, 17% Handel, 7% Bauwirtschaft, 3% Energie- und Wasserversorgung, Entsorgung.
Das MOE-Ranking der Investitionsstandorte basiert auf Daten von insgesamt 15 deutschen Auslandshandelskammern in den jeweiligen Ländern. Rumänien steht im Attraktivitäts-Ranking auf Platz neun in der Region. Die ersten Plätze werden von Slowenien, Polen und Tschechien belegt.