Die elektronische Signatur – Ein Überblick

Der technische Fortschritt und die Digitalisierung sind Phänomene, die unsere Gesellschaft aktuell weltweit prägen. Diese Entwicklungen setzen auch die zunehmende Nutzung der elektronischen Signatur voraus. Die COVID-19-Pandemie führte zum vermehrten Einsatz sog. „Remote-Leistungen“ (z.B. Abschluss von Rechtsgeschäften ohne physische Anwesenheit; Heim- oder Telearbeit, etc.) und zu einer stärkeren Nutzung solcher elektronischen Identifizierungs- bzw. Vertrauensdienste.

Rechtlicher Rahmen

Rechtsgrundlage auf europäischer Ebene ist die sog. eIDAS-Verordnung (Verordnung Nr. 910/2014, nachfolgend „eIDAS-VO“ oder „VO“), die einen detaillierten rechtlichen Rahmen für die elektronische Signatur festlegt. Die VO ist in jedem Mitgliedstaat und damit auch in Rumänien unmittelbar geltendes Recht.

Ferner ist das nationale Gesetz Nr. 455/2001 (nachfolgend „das Gesetz“) im Bereich der elektronischen Signatur einschlägig. Bei Unstimmigkeiten zwischen der europäischen und nationalen Regelungen genießt grundsätzlich die erste Vorrang.

eIDAS-VO

Die VO unterscheidet:

•    die einfache 
•    die fortgeschrittene und
•    die qualifizierte

elektronische Signatur.

Die 3 elektronischen Signaturarten sind aus rechtlicher Sicht nicht gleichwertig, sondern entfalten unterschiedliche Auswirkungen. Jede der o.g. drei Varianten besitzt unterschiedliche Sicherheitsstufen, deren Auswahl von der Art der geplanten Vorgehensweise und dem Risiko, das diese mitbringt, abhängt. 

Die einfache Signatur („semn˛tura electronic˛“) weist ein geringes Vertrauensniveau auf und kann daher bei Vorgängen mit geringem Risiko herangezogen werden.

Die VO definiert die fortgeschrittene Signatur ( „semn˛tura electronic˛ avansat˛“) anhand von 4 Kriterien, die kumulativ erfüllt werden müssen:

(i)    sie ist lediglich dem Unterzeichner zuordenbar, 
(ii)    sie muss dessen Identifizierung ermöglichen, 
(iii)    sie muss unter Verwendung elektronischer Signaturerstellungsdaten erstellt werden, die der Unterzeichner unter seiner alleinigen Kontrolle verwenden kann und 
(iv)    jede nachträgliche Veränderung muss ersichtlich sein.

Die qualifizierte Signatur gewährleistet die maximale Sicherheit. Sie muss allen Kriterien der fortgeschrittenen Signatur entsprechen, wird jedoch mithilfe einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt, die auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruht.

Die qualifizierte Signatur ist die einzige elektronische Signatur, die aus rechtlicher Sicht einer handschriftlichen Unterschrift entspricht. Insofern empfiehlt sich deren Nutzung dann, wenn das dazugehörige Risiko als hoch eingestuft wird (z.B. Unterzeichnung von Arbeitsverträgen, Kreditverträgen, gerichtlichen Verfahrensakten, u.a.) und die Identität des Unterzeichners zweifellos feststehen muss. Im Unterschied zur fortgeschrittenen herrscht bei einer qualifizierten Signatur die Vermutung der kumulativen Erfüllung der o.g. Kriterien. Sollten Zweifel darüber bestehen, wird der entsprechende Nachweis mithilfe des ausstellenden Vertrauensdiensteanbieters erbracht.

Nationale Regelung

Das rumänische Gesetz weicht vom Wortlaut der VO ab und unterscheidet zwischen der einfachen und der sog. erweiterten Signatur (semn˛tura extins˛). Die Definition der letzteren entspricht grundsätzlich derjenigen der fortgeschrittenen Signatur gemäß VO. Das Gesetz enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen bzgl. einer qualifizierten Signatur, allerdings wird diese anerkannt, da es Bestimmungen über qualifizierte Zertifikate, Signaturerstellungseinheiten und Vertrauensdiensteanbieter enthält. 

Erwähnenswert ist, dass ein mithilfe einer elektronischen Signatur entsprechend der nationalen Regelung unterzeichnetes Dokument keine automatische Anerkennung auf europäischer Ebene genießen würde. Daher haben die in diesem Bereich tätigen Anbieter ihre Dienstleistungen an die Vorgaben der VO angepasst, sodass ihre Produkte unionsweit anerkannt werden können.

Ausdrückliche neue Regelungen

Mit der DVO 140/2020 wurde die Möglichkeit der im Bauwesen tätigen Spezialisten (technische Experten, Ingenieure, Bauleiter, u.a.) eingeführt, fachliche Dokumente auch im Behördenverkehr mittels einer qualifizierten Signatur elektronisch zu unterzeichnen.

2021 wurde mit der DVO 36 ferner ausdrücklich geregelt, dass Arbeitsverträge und arbeitsrechtliche Unterlagen mittels qualifizierter Signatur unterzeichnet werden können. Dies ist in der Praxis allerdings wohl eher uninteressant, zumal dies mit Kosten für die Anschaffung einer Signatur für jeden Arbeitnehmer verbunden ist. 

Fazit

Die elektronische Signatur ist auch in Rumänien inzwischen präsent. Leider ist die ältere nationale Regelung noch nicht ganz an die eIDAS-VO angepasst. Trotz des uneinheitlichen und damit verwirrenden Wortlauts herrscht zumindest inhaltlich weitgehend Übereinstimmung.