Es war lange Zeit allgemein bekannt, dass juristische Personen des Privat-und des öffentlichen Rechts sowie Behörden in Rumänien Stempel verwenden mussten. Was bei ausländischen Investoren aus Staaten, deren Rechtssystem wenig Wert auf diese Formalität legt, regelmäßig auf Verwunderung stieß, war eine hierzulande für alle Gesellschaften unvermeidbare Praxis.
Einerseits war die Abstempelung von Unterlagen, die in Beziehung mit den öffentlichen Behörden, insbesondere mit den Finanzbehörden, verwendet wurden, eine Bedingung für die Einreichung der Unterlagen; dies galt gleichermaßen für Anträge, Beschwerden, Erklärungen und Jahresabschlüsse. Andererseits war die Verpflichtung zur Verwendung eines Stempels für eine große Anzahl von Berufen wie Rechtsanwälte, Notare, Ingenieure, Projektprüfer, Gutachter usw. gesetzlich geregelt.
So wurde der Stempel in Rumänien zu einem unverzichtbaren Instrument in der Tätigkeit von Rechtssubjekten – mit Ausnahme natürlicher Personen.
Fragliche Effizienz
In der Praxis bietet die Abstempelung freilich keine echte Garantie der Korrektheit eines Dokuments und insbesondere keine effiziente Zertifizierung der Identität des Ausstellers. Mit der Entwicklung der Technologie wurde die Erstellung eines Stempels zu einer einfachen und schnellen Aktivität; in jeder Stadt existierte eine Vielzahl von Dienstleistern. Somit war die Prüfung, ob die Person, die die Erstellung eines Stempels für eine Gesellschaft beantragte, tatsächlich zur Vertretung dieser Gesellschaft befugt war, ausschließlich von der Wachsamkeit des Stempelerstellers abhängig.
Die ständige Praxis der Behörden, gestempelte Dokumente von ausländischen juristischen Personen, die keinen Stempel hatten, zu verlangen – wie z. B. durch das Handelsregister im Fall von Gesellschaftern einer rumänischen Gesellschaft – verursachte ebenso einen hohen Bedarf an Stempeln auf dem Markt. Insgesamt waren Stempel oft ohne die Einreichung sämtlicher bzw. richtiger Unterlagen erhältlich.
Dies führte schrittweise zu der Erkenntnis, dass diese Formalität technisch überholt und veraltet war, was eine Änderung der anwendbaren Normen erforderte.
Glücklicherweise wurden Schritte unternommen:
Erste Schritte
Bereits im Juli 2015 wurden durch die Dringlichkeitsverordnung 17 wichtige Änderungen des Steuerverfahrensgesetzes („StG“) vorgenommen. Natürliche Personen, juristische Personen des Privatrechts und Einheiten ohne juristische Persönlichkeit unterlagen keiner Verpflichtung zur Stempelung von Erklärungen, Anträgen oder anderen Unterlagen, die bei Behörden vorgelegt oder in Durchführung ihrer Tätigkeit ausgestellt wurden, mehr.
Da diese Gesetzesänderung kaum praktische Konsequenzen zeigte, wurde im Juni 2017 eine weitere Änderung des StG durch die DVO 49/2017 beschlossen. Hierdurch wurde die Anforderung von gestempelten Unterlagen durch einen Beamten einer öffentlichen Behörde sogar als sanktionierter Disziplinarverstoß eingestuft.
Neueste Änderungen
Durch das Gesetz 169/2019 wurde zusätzlich die Pflicht juristischer Personen des öffentlichen Rechts zur Stempelung von Dokumenten abgeschafft. Ausgenommen blieben diejenigen juristischen Personen, für die solch eine Verpflichtung durch spezielle Gesetze vorgesehen ist.
Zu den ersten Behörden, die den Verzicht auf die Formalität der Stempelung durch Ministeranordnung bestätigten, gehören das Gesundheitsministerium und die untergeordnete Nationale Krankenkasse. Die Implementierung der Änderung war in der Praxis jedoch meist schwer. Auf einer Seite mussten die Behörden Listen von Unterschriften der Personen erstellen und austauschen, die Dokumente im Behördenverkehr ohne Abstempelung unterzeichnen durften. Darüber hinaus vertraten bestimmte Behörden die Meinung, für die Durchsetzung dieser Regelung sei der Erlass einer Ministeranordnung erforderlich.
Um diese teilweise unbegründeten Einwände verschiedener Behörden auszuräumen, haben Ende Januar 2021 die Ministerien für Entwicklung, Öffentliche Arbeiten und Verwaltung (MDLPA) und für Investitionen und Europäische Projekte (MIPE) entsprechende Anordnungen erlassen, die die Durchsetzung der 2015 – 2019 in Kraft getretenen Gesetze bezwecken.
Fazit
Infolge der Gesetzesänderungen in den letzten Jahren ist die bisher allgegenwärtige Verwendung des Stempels in Rumänien eine immer seltenere Praxis geworden. Es ist jetzt Aufgabe jeder Behörde, eine eigene Inventur der für ihre Tätigkeit anwendbaren Regelungen durchzuführen und festzustellen, für welche Tätigkeiten Stempel noch verwendet bzw. verlangt werden müssen.
Für einige Behörden wurde auf Stempel komplett verzichtet; für andere – wie z. B. Gerichte, Gerichtsvollzieher usw. – bleibt die Verwendung des Stempels aufgrund von Spezialgesetzen (hier: die Straf- bzw. Zivilprozessordnung) noch zwingend erforderlich.
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