Flut von Neuregelungen im rumänischen Arbeitsrecht

Zum Ende des vergangenen Jahres ist eine erhebliche Anzahl relevanter und grundlegender Neuerungen im rumänischen Arbeitsrecht eingetreten. Obwohl jeder einzelnen ein gesonderter Artikel gewidmet werden sollte, werden die Neuerungen der vergangenen zwei Monate nachfolgend in einer Zusammenschau präsentiert.

Neues Mindestgehalt zum 1. Januar 2023

Wie zuvor in der Presse angekündigt und teilweise heftig diskutiert, wurde zum 1. Januar 2023 durch den Regierungsbeschluss 1447/2022 das gesetzliche Mindestgrundgehalt für eine Vollzeitstelle um 450 Lei auf 3000 Lei brutto erhöht. Es besteht ein Freibetrag von 200 Lei, wenn das Grundgehalt dem Mindestgehalt entspricht und das Gesamtgehalt 4000 Lei nicht übersteigt. 

Für den Bausektor beträgt das neue Mindestgehalt 4000 Lei.

Arbeitsgesetzbuch erheblich geändert

Wie bereits berichtet, wurde das Arbeitsgesetzbuch am 22. Oktober 2022 umfangreich geändert. Es wurden neue Pflichtinhalte für Betriebsordnungen und vor allem für Arbeitsverträge veröffentlicht (die in der alten gesetzlichen Arbeitsvertragsvorlage nicht reflektiert waren, was für eine Übergangszeit von fast zwei Monaten etwas Ungewissheit in Bezug auf den Inhalt neuer Arbeitsverträge verursachte), neue Informationspflichten geregelt, neue Formen des Urlaubs (z. B. für pflegende Angehörige oder bei höherer Gewalt), flexible Arbeitszeitregelungen und Weiteres eingeführt. 

Neue Arbeitsvertragsvorlage

Mit der Anordnung Nr. 2171/2022 wurde am 9. Dezember 2022 auch die neue gesetzliche Vorlage für Arbeitsverträge veröffentlicht. Alle seitdem abgeschlossenen Arbeitsverträge müssen dieser Vorlage entsprechen. 

Diese ändert die bisher gewohnte Vertragsstruktur, berücksichtigt die im Oktober 2022 geregelten neuen Pflichtbestandteile – und geht sogar noch darüber hinaus, da sie auch einige Aspekte beinhaltet, die laut dem geänderten Arbeitsgesetzbuch eigentlich nur einer Informationspflicht unterliegen, ohne Vertragsbestandteil sein zu müssen. Daher gehen wir davon aus, dass der Gesetzgeber die Vorlage hinsichtlich dieser Aspekte nur als Orientierung, nicht jedoch als zwingenden Pflichtinhalt regeln wollte. 

Jedenfalls müssen die Vertragsvorlagen aller Arbeitgeber geändert werden, sofern dies noch nicht geschehen ist.

Whistleblowing

Auch das aufgrund längst abgelaufener Umsetzungsfristen gemäß EU-Richtlinie überfällige Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern wurde nach einem äußerst zähen Gesetzgebungsprozess am 22. Dezember 2022 veröffentlicht. 

Dieses wurde und wird in Theorie und Praxis von vielen Seiten teils heftig kritisiert, u. a. weil der Whistleblower grundsätzlich nach wie vor seine Identität angeben muss. Dies wird dem Gesetzeszweck, bestehend aus dem Schutz von Personen, die Informationen von öffentlichem Interesse preisgeben und dies oft anonym tun wollen, verständlicherweise als abträglich angesehen.

Neues kollektives Arbeitsrecht

Zu den oben skizzierten Änderungen kommt ein neues Gesetz über den Sozialdialog, das am 25. Dezember in Kraft trat und den vorherigen Rahmen für das kollektive Arbeitsrecht (das alte Gesetz 62/2011) vollständig ersetzte.

Das neue Gesetz 367/2022 ist das Ergebnis von mehr als fünf Jahren schwieriger Verhandlungen zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden und gilt als Reaktion auf das Gesetz von 2011, das seitens der Gewerkschaften als Beschneidung ihrer Rechte empfunden worden war. Sein Zweck besteht u. a. darin, die Tarifbindung zu erhöhen. Dementsprechend bringt es viele Änderungen mit sich, die aus Sicht vieler Arbeitgeber als unangenehm empfunden werden dürften. Hierzu gehören u. a.:

  • die Stärkung der Rechte von Gewerkschaften und Verbänden, jedoch auch von Arbeitnehmervertretern;
  • eine geringere Repräsentativitätsschwelle von Gewerkschaften (35 Prozent der Belegschaft auf Betriebsebene);
  • eine Pflicht, bereits ab einer Belegschaft von zehn Mitarbeitern im Betrieb Tarifverhandlungen zu führen;
  • eine Pflicht zu Tarifverhandlungen auf Ebene der Wirtschaftssektoren, und unter bestimmten Umständen sogar eine Beitrittspflicht für Unternehmen;
  • die Wiedereinführung eines Nationaltarifvertrags (der ebenso wie Sektorentarifverträge u. U. für allgemeinverbindlich erklärt werden kann);
  • Erweiterung der Gründe, die zum Arbeitskampf berechtigen – u. U. sogar während des Bestehens eines Tarifvertrages.

Hierüber werden wir noch gesondert berichten. 

Fazit

Das Jahresende brachte nicht nur eine frische Brise, sondern einen regelrechten Sturm in das rumänische Arbeitsrecht. Aus Sicht des Arbeitgebers sind viele Änderungen zu bemerken, die einerseits Mehraufwand und andererseits Kosten verursachen können.

Insbesondere sind die praktischen Auswirkungen des kollektiven Arbeitsrechts mit Spannung zu verfolgen – es ist nicht auszuschließen, dass rumänische Arbeitgeber bald (wieder) Tarifverträge beachten müssen, an deren Verhandlung und Abschluss sie nicht beteiligt waren. 


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