Große Photovoltaik-Freiflächenanlagen (i. e. über 50 MW) stellen eine wichtige Lösung im Kampf gegen den Klimawandel und zur Erreichung der von Rumänien angenommenen Energieziele aus erneuerbaren Quellen dar. So wurde in den vergangenen Jahren die Entwicklung zahlreicher großer Freiflächen-PV-Parks begonnen, wobei davon einige bereits die Genehmigung für den Anschluss an das öffentliche Netz erhielten.
In Rumänien müssen an das nationale Stromnetz angeschlossene Photovoltaik-Freiflächenanlagen Vorschriften zweier Art einhalten: sowohl diejenigen aus dem Energiebereich, als auch diejenigen des Bau- und Stadtplanungsrechts. Für den Bau eines Photovoltaikprojekts gibt es also zwei Genehmigungsverfahren: (i) eines für das Bauvorhaben (gemäß Baugesetz Nr. 50/1991 und Gesetz Nr. 350/2001 über Städtebau und territoriale Entwicklung) und (ii) eines für alle Energieerzeugungskapazitäten (gem. Energiegesetz Nr. 123/2012 und der von der ANRE erlassenen Sekundärverordnungen).
Eine Ausnahme wird zur Problemstelle
Gemäß geltendem Baurecht wird eine Energieproduktionseinheit als Bauprojekt durch Ausstellung eines Städtebauzertifikates zu Bauzwecken (rum. certificat de urbanism) und anschließend einer Baugenehmigung (rum. autorizație de construire) definiert und genehmigt.
Das Gesetz Nr. 18/1991 über den Bodenfonds („Gesetz 18“) sieht als Regel vor, dass auf außerörtlich gelegenen landwirtschaftlichen Flächen grundsätzlich nicht gebaut werden darf, bzw. nicht ohne vorab einen Gebietsbebauungsplan für die Überführung des Grundstücks in den Innenbereich („PUZ“) genehmigen zu lassen. Im Juli 2022 wurde dieses absolute Bauverbot dahingehend geändert, dass für Flächen von bis zu 50 Hektar (mit Landqualität der Klasse III, IV oder V) eine Baugenehmigung erteilt werden konnte, sofern es sich um die Entwicklung erneuerbarer Energieprojekte (Begriff gem. Gesetz „Produktionseinheiten“, rum. „capacitate de producție“) handelte. Das absolute Bauverbot auf außerörtlich gelegenen landwirtschaftlichen Flächen ohne eine Überführung des jeweiligen Grundstückes in den Innenbereich (intra-muros) wurde somit für bestimmte spezifisch geregelte Ausnahmefälle und unter bestimmten Bedingungen (mitunter auch Solarparks) aufgehoben. Dies sollte eine Begünstigung für die schnellere Errichtung von kleineren Freiflächen-PV-Projekten darstellen.
Leider überstürzte diese Ausnahmebegünstigung in der Praxis die Regel. Aufgrund einer nicht nachvollziehbaren rechtlichen Auslegung durch das Landwirtschaftsministerium (MADR), wurden unmittelbar nach Einführung der obigen Ausnahme keine Genehmigungen für die Einführung von Grundstücken (größer als 50 Hektar) in den Innenbereich zwecks Errichtung von PV-Anlagen mehr erteilt. Die Ausnahme hatte somit die Regel abgeschafft und große Photovoltaik-Freiflächenanlagen konnten praktisch nicht mehr errichtet werden.
Lösung des PV-Marktes – pragmatisch oder auch rechtlich sauber?
Aufgrund der vorstehend genannten Hindernisse entwickelte die Praxis eine etwas unorthodoxe Lösung: ursprünglich als große Solarparks angedachte Projekte wurden in kleinere Einheiten aufgeteilt, die auf Grundstücken von bis zu 50 Hektar hätten errichtet werden können. Jede dieser Einheiten wurde baurechtlich als einzelnes Bauprojekt genehmigt, wobei anschließend für zusammenhängende Bauprojekte eine einzige Netzanschlussgenehmigung („ATR“) ausgestellt wurde. Somit schienen die Anforderungen des Gesetzes 18, ein PV-Bauprojekt auf außerörtlich gelegenen landwirtschaftlichen Grundstücksflächen bis zu 50 Hektar zu errichten, erfüllt zu sein.
Schnittstelle zwischen Bau- und Energierecht
Wie schon beschrieben, unterliegt die Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen zwei Genehmigungsbereichen: dem Baurecht und dem Energierecht. Die in der Praxis erarbeitete Lösung scheint dem Baurecht gerecht zu werden. Gemäß den energierechtlichen Regelungen wird eine Energieproduktionseinheit durch die Ausstellung einer ATR, eines Netzanschlussvertrages, einer Produktionslizenz und anschließend einem Netzanschlusszertifikat definiert und genehmigt. Werden also mehrere baurechtlich einzelne Einzelbauprojekte aus Sicht des Energierechtes eine einzige Produktionseinheit darstellen, so ist die Produktionseinheit den Anforderungen des Gesetzes 18 nur teilweise gerecht. Die Praxislösung birgt hiermit nur den Anschein einer Gesetzeskonformität (i. e. eine Produktionseinheit auf eine Fläche von maximal 50 Hektar zu errichten), wobei in Wirklichkeit mehrere über eine einzige ATR zusammengeschlossene kleinere 50-Hektar-Projekte die Vorschriften des Gesetzes 18 umgehen. Die Umgehung eines absoluten Bauverbotes auf außerörtlich gelegenen Grundstücksflächen wird mit der Nichtigkeit der Baugenehmigung sanktioniert.
Fazit
Die in der Praxis erarbeitete Lösung stellt worst case eine Umgehung des absoluten Bauverbotes dar und führt zur Nichtigkeit der Baugenehmigung. Daher ist es besonders wichtig, bei der Entwicklung und Gestaltung von Freiflächen-PV-Parks die gesetzlichen Vorschriften beider Genehmigungsbereiche strengstens zu beachten.
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