Am 26. Juni 2019 wurde die Richtlinie (EU) 2019/1023 („Restrukturierungsrichtlinie“) mit Relevanz für Insolvenzverfahren veröffentlicht. Die Mitgliedstaaten mussten diese Richtlinie grundsätzlich bis zum 17. Juli 2021 umsetzen. Die rumänische Umsetzung lässt allerdings weiterhin auf sich warten. Lediglich ein Gesetzentwurf existiert derzeit. Zwar hätten Mitgliedstaaten der Europäischen Kommission eine Vertagung um ein Jahr mitteilen dürfen, Rumänien hat dies jedoch nur für die elektronischen Frühwarnsysteme angemeldet. Diese sollten bis zum 17. Juli 2022 implementiert werden. Die Frist zur Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie lief somit ergebnislos ab; die Auswirkungen des Versäumnisses werden wohl erst in den nächsten Jahren zu beobachten sein.
Restrukturierungsvereinbarung: Ein neues Verfahren für Unternehmen in Schwierigkeiten
Der Vorschlag sollte die bereits in der rumänischen Insolvenzszene bekannten Rechtsintitute des Concordat Preventiv und Mandat Ad-Hoc beleben, da diese in der Vergangenheit nur geringen Erfolg hatten. Die neuen Verfahren werden die Geschäftsführung weiterhin den Schuldnerunternehmen überlassen, diese werden jedoch Sanierungsmaßnahmen gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter treffen.
Ein hochinteressantes Verfahren besteht in der sog. Restrukturierungsvereinbarung. Grundsätzlich werden hierbei einige oder alle Gläubiger des sich in Schwierigkeiten befindlichen Schuldners zu einer einvernehmlichen Vereinbarung eingeladen, welche die Zahlungsbedingungen oder sogar die Forderungshöhe dermaßen ändern soll, dass der Schuldner seine Aktivität fortführen kann.
Nachfolgend werden die wichtigen vorgeschlagenen Maßnahmen zur präventiven Restrukturierung gemäß des Gesetzesentwurfes, der im März 2021 zur Debatte gestellt wurde, kurz vorgestellt.
Mindestinhalt der Restrukturierungsvereinbarung
Die Vereinbarung muss Mindestinhalte aufweisen. Hierzu gehören Informationen zu der wirtschaftlichen Lage bzw. des Vermögens des Schuldners, eine Prüfung der tatsächlichen Sanierung und auch Gründe, die eine Einschätzung zur Insolvenzvermeidung und Rentabilität des Geschäfts erlauben. Sogar eine Simulation eines eventuellen Konkursverfahrens wird erforderlich sein, was einer gerichtlichen Sanierung im Insolvenzverfahren ähnlich ist. So werden die Gläubiger über die Alternative eines Konkurses informiert, um zu entscheiden.
Zustimmung durch Gläubigerklassen
Über die Restrukturierungsvereinbarung erfolgt eine Abstimmung der Gläubiger, die der Schuldner zur Abstimmung einlädt. Dabei wird grundsätzlich nach Gläubigerklassen abgestimmt, d. h. (1) gesicherte Gläubiger, (2) Arbeitnehmer, (3) unentbehrliche Gläubiger (z. B. Lieferanten von Versorgungsleistungen), (4) Staatshaushalt und (5) andere Gläubiger. Nicht alle Klassen müssen in einem Verfahren entstehen; dies hängt von der Situation des Schuldners und der geladenen Gläubiger ab.
Der Vereinbarung ist im Rahmen einer Gläubigerklasse zugestimmt, wenn die Mehrheit der Forderungen nach Wert innerhalb dieser Klasse dafür stimmt. Alle Gläubigerklassen der Vereinbarung müssen zustimmen.
Schuldner mit Umsatz unter 500.000 Euro dürfen die Klassenabstimmung umgehen und stattdessen die Abstimmung mit allen teilnehmenden Gläubiger halten, sodass die Vereinbarung der generellen Mehrheit der Forderungen bedarf.
Gerichtliche und außergerichtliche Genehmigung der Restrukturierungsvereinbarung
Maßgebliche Unterschiede zu den derzeitigen Instrumenten der Insolvenzvermeidung bestehen darin, dass der Syndikus-Richter die Vereinbarung genehmigt. Danach werden die Verbindlichkeiten des Schuldners gemäß der Vereinbarung restrukturiert, d. h. die Zahlungsbedingungen und evtl. die Verringerung der Forderungen durchgesetzt. Gläubiger, die gegen die Vereinbarung stimmen, werden die Lage akzeptieren müssen. Nur Gläubiger, die nicht zur Vereinbarung geladen wurden, bleiben von der Genehmigung unbetroffen.
Für Schuldner mit einem Umsatz von bis zu 1 Million Euro wird die Genehmigung durch den Syndikus-Richter allerdings nicht mehr nötig sein. Der Vereinbarung muss jedoch durch alle teilnehmenden Gläubiger zugestimmt werden (Einstimmigkeit). Der Schuldner muss sich in diesem Fall nur an einen Insolvenzverwalter wenden, der die Restrukturierungsvereinbarung rechtlich prüft und genehmigt.
Fazit
Die Genehmigung der Vereinbarung durch den Insolvenzverwalter ist von höchstem Interesse. Schuldner mit einem Umsatz von bis zu 1 Million Euro könnten durch dieses Verfahren u. U. eine schnelle außergerichtliche Restrukturierungsvariante erhalten, die möglicherweise zur Vermeidung der Insolvenz führen kann. Wann dieses Verfahren in die rumänische Insolvenzordnung eingeführt und wie es in der Praxis gehandhabt werden wird, erwarten wir mit Spannung.
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