Bukarest (ADZ) - Der soziale Referenzindikator (ISR) soll ab kommendem Jahr jährlich an die Inflation angepasst werden. Einem Bericht der Nachrichtenseite profit.ro zufolge hat das Abgeordnetenhaus als zweite Parlamentskammer am Mittwoch ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, der ISR ist seit 2008 unverändert bei 500 Lei geblieben. Auf Basis des ISR werden verschiedene Sozialleistungen, u. a. Arbeitslosengeld, Mindestsozialeinkommen, Unterstützung für Wohnungsheizung oder Kindergeld, berechnet. Das seit über einem Jahrzehnt unverändert gebliebene Niveau des Indikators ist mit ein Grund, warum Rumänien bei Armutsbekämpfung und Sozialausgaben im europäischen Vergleich hinterherhinkt (siehe auch ADZ vom 24. November 2020 zum Bericht der Friedrich-Ebert-Stiftung „Improving Social Protection“/„Îmbunătățirea protecției sociale“).
Das am Mittwoch verabschiedete Gesetz wurde sowohl von Oppositions- als auch Regierungsparteien mitgetragen. Ein von der PSD, ALDE und Pro România initiiertes Projekt, welches die stufenweise Erhöhung des ISR auf 1200 Lei bis 2023 vorgesehen hatte, wurde vergangenen Herbst vom damaligen Parlament angenommen, danach von der PNL beim Verfassungsgericht angegriffen, das die Klage jedoch abgewiesen hatte, und anschließend Ende Dezember von Staatspräsident Klaus Johannis nicht gegengezeichnet, sondern an das neu gewählte Parlament mit geänderten Mehrheitsverhältnissen zur Überarbeitung zurückgeschickt. Profit.ro weist allerdings darauf hin, dass in der Vergangenheit PSD-Regierungen unter Victor Ponta und später Viorica Dăncilă die Erhöhung des ISR auch nicht mitgetragen oder sich sogar dagegen gestellt hatten.
Laut Daten des europäischen Statistikamtes Eurostat lagen Rumäniens Sozialausgaben im Jahr 2018 – derzeit das letzte Jahr, für welches Daten für alle EU-Staaten vorliegen – EU-weit mit 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf dem zweitniedrigsten Niveau vor Irland (14,2 BIP-Prozent) und hinter Lettland (15,2 BIP-Prozent). Der EU-Schnitt betrug 2018 27,9 Prozent der Wirtschaftsleistung, die höchsten Sozialausgaben verzeichneten Frankreich (33,7 BIP-Prozent), Dänemark (31,4 BIP-Prozent), Finnland (30,1 BIP-Prozent), Deutschland (29,6 BIP-Prozent) und Österreich (29,2 BIP-Prozent).