Tarifverhandlungen im Unternehmen aufgrund des neuen kollektiven Arbeitsrechts

Wie in bisherigen Artikeln hervorgehoben, trat in Rumänien am 25. Dezember 2022 ein neues Gesetz über das  kollektive Arbeitsrecht in Kraft (Gesetz Nr. 367/2022 über den sozialen Dialog – SDG). 

Ziel des SDG ist die Stärkung der Beziehungen zwischen den Sozialpartnern (Arbeitgeber, Gewerkschaften, Arbeitnehmervertreter), aber auch die Schaffung eines geeigneten Umfelds für Diskussionen zwischen den an den kollektiven Arbeitsbeziehungen beteiligten Parteien.
Das neue Gesetz führt neue Verpflichtungen für Unternehmen im Zusammenhang mit Tarifverhandlungen (sog. Kollektivverhandlungen – negocieri colective) ein, deren Hintergrund wir nachfolgend kurz darstellen.

Verpflichtung zu Tarifverhandlungen

Da die Rechte der Arbeitnehmer einen zentralen Aspekt darstellen, spielen Tarifverhandlungen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Arbeitsbeziehungen – auch im Hinblick auf die Verhinderung und Begrenzung kollektiver Arbeitskonflikte und die Sicherung des sozialen Friedens. Daher erhielt das SDG einen erweiterten Anwendungsbereich: Kollektivverhandlungen sind nun bereits in Unternehmen mit mindestens 10 (zuvor 21) Beschäftigten obligatorisch.

Zweck der Tarifverhandlungen

Gemäß Gesetz zielt eine „Kollektivverhandlung“ auf den Abschluss eines Tarifvertrags (contract colectiv de muncă) ab. Nach seiner Unterzeichnung gilt ein solcher Tarifvertrag für die gesamte Ebene, für die er abgeschlossen wurde (im vorliegenden Fall: für das Unternehmen).

Einleitung der Verhandlungen

Das SDG regelt die Möglichkeit beider Parteien (Arbeitgeber oder Arbeitnehmervertreter), Tarifverhandlungen einzuleiten (zuvor war nur der Arbeitgeber zu deren Einleitung verpflichtet). Das Versäumnis, Tarifverhandlungen einzuleiten, kann jedoch Geldbußen (nur) für den Arbeitgeber nach sich ziehen.

Unabhängig davon ist es wichtig zu erwähnen, dass die Aufnahme von Tarifverhandlungen nicht automatisch die Verpflichtung für die Parteien auslöst, einen Tarifvertrag abzuschließen; die Parteien können infolge der Verhandlungen zu einer gemeinsamen Vereinbarung kommen oder auch nicht.

Verhandlungsberechtigte Parteien

Wenn (i) der Arbeitgeber mindestens 10 Arbeitnehmer beschäftigt und (ii) es keine Gewerkschaft auf Unternehmensebene gibt, können die Interessen der Arbeitnehmer von ihren gewählten und bevollmächtigten Vertretern gefördert und vertreten werden.

Das neue Gesetz sieht je nach Belegschaft des Arbeitgebers eine Höchstzahl von Arbeitnehmervertretern vor (z. B. können in Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten maximal 6 Vertreter gewählt werden).

Die Arbeitnehmervertreter spielen nur dann eine Rolle, wenn auf Unternehmensebene keine Gewerkschaft existiert. Daher gilt die Regel, dass die Tarifverhandlungen primär zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften geführt werden. 

Je nach der Zahl ihrer Mitglieder kann eine Gewerkschaft auf Unternehmensebene repräsentativ sein oder nicht. Sind nicht repräsentative Gewerkschaften Mitglieder eines Gewerkschaftsverbands (federație sindicală), kann dieser Verband verhandlungsberechtigt sein, wenn mindestens 35 Prozent der Arbeitnehmer des Unternehmens Mitglieder sind. Andernfalls werden die Arbeitnehmer von allen nicht repräsentativen Gewerkschaften im Unternehmen, die keine Verbandsmitglieder sind, vertreten. Nur wenn es keine Gewerkschaft gibt, verhandeln die Arbeitnehmervertreter.

Pflichten des Arbeitgebers

Was die Verpflichtungen der Arbeitgeber betrifft, so sind sowohl die Tarifverhandlungen als auch die Unterrichtung/Anhörung über (i) die aktuelle und voraussichtliche Entwicklung der Tätigkeiten und der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens sowie (ii) Entscheidungen, die zu wichtigen Änderungen der Arbeitsorganisation führen, alternativ mit der Gewerkschaft oder, falls es keine gibt, mit den Arbeitnehmervertretern zu führen.

Darüber hinaus sieht das SDG ein spezielles Verfahren für Tarifverhandlungen vor, das der Arbeitgeber streng beachten muss, um weitere unangenehme Folgen zu vermeiden (Bußgelder, Klagen, Verweigerung der Registrierung des Tarifvertrags). 

Die Gesetzgebung sieht eine Anhörungspflicht (ggü. der Gewerkschaft und, falls es keine gibt, den Arbeitnehmervertretern) auch bei Entscheidungen vor, die die Rechte der Arbeitnehmer wesentlich betreffen.

Fazit

Im neuen kollektiven Arbeitsrecht Rumäniens hat die Verpflichtung zu Tarifverhandlungen an Bedeutung gewonnen. Es ist zu erwarten, dass diese von den Behörden gründlicher überprüft wird.

Das Thema Tarifverhandlungen ist komplex und wirft angesichts der Vielfalt der praktischen Situationen, mit denen Unternehmen konfrontiert sind, eine Vielzahl von Fragen auf. Daher müssen Unternehmen eine gründliche rechtliche Analyse jedes einzelnen Falles durchführen, um die Grundsätze und Anforderungen der neuen Gesetzgebung zu erfüllen.


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