Wie bleiben wir wettbewerbsfähig?

AHK-Podiumsdiskussion auf der Suche nach Antworten

v. l. n. r.: Botschafter Dr. Peer Gebauer, die Vertreterin der EU-Kommission in Rumänien Ramona-Iulia Chiriac, Wirtschaftsminister Ștefan-Radu Oprea, CEO von BASF Rumänien Andreas Lier und Generaldirektor der AHK Rumänien Sebastian Metz | Foto: Jochen Empen

Bukarest - Auf einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion wurde am 3. September 2024 in Bukarest die Wettbewerbsfähigkeit Rumäniens und der EU diskutiert. Die AHK Rumänien hatte eingeladen – zahlreiche Vertreter ihrer Mitgliedsunternehmen waren erschienen, auf dem Podium saßen der rumänische Wirtschaftsminister Ștefan-Radu Oprea (PSD), die Vertreterin der EU-Kommission in Rumänien Ramona-Iulia Chiriac, der deutsche Botschafter Dr. Peer Gebauer und Andreas Lier, CEO von BASF Rumänien und Präsident der AHK. Sebastian Metz, Generaldirektor der AHK Rumänien, moderierte.

Allgemeiner Tenor der Veranstaltung war: Die Wettbewerbsfähigkeit ist in Gefahr, andere Regionen in der Welt (China, USA) sind uns hier voraus bzw. tun mehr für die eigene Wirtschaft; es müsse dringend gehandelt werden, um einen wirtschaftlichen Abschwung zu verhindern. Die Teilnehmer der Diskussion, durch Beiträge der Wirtschaftsvertreter aus dem Publikum ergänzt, besprachen zum einen spezifische Wachstumshindernisse, zum anderen notwendige Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft.

Ramona-Iulia Chiriac analysierte die Herausforderungen der Wirtschaft auf EU-Ebene, aber auch in Bezug auf Rumänien. Allgemein seien die europäischen Unternehmen durch bestimmte politische Maßnahmen anderer Regionen, aber auch die vergleichsweise höheren Energiepreise benachteiligt. Dazu käme ein zunehmender Mangel an qualifiziertem Personal und Probleme der Unternehmen, an Kapital zu gelangen.

Auf Rumänien bezogen (ein „Top-Performer“ in Sachen Wirtschaftswachstum innerhalb der EU in den vergangenen 10 Jahren) nannte Chiriac als weitere Hindernisse eine zu geringe Integration kleinerer und mittlerer Unternehmen in Rumänien in den europäischen Binnenmarkt, fehlende ausländische Direktinvestitionen in vielen Regionen des Landes, den nach wie vor nicht vollständig gewährten Beitritt zum Schengen-Raum sowie die Alterung der Gesellschaft und nach Westeuropa abwandernde Arbeitskräfte.

Minister Ștefan-Radu Oprea ging auf einige Branchen ein, die Rumäniens Wachstumsmotoren der Zukunft sein könnten und seitens der Politik entsprechend gefördert werden sollten. Die Gasförderung im Schwarzen Meer biete enorme Chancen für Rumäniens Wirtschaft, wie auch die unterirdische Speicherung von CO2. Zudem habe man eine Strategie entwickelt, wie die Verteidigungsindustrie in Rumänien umstrukturiert und in Public-Private-Partnership zu einem Erfolgsmodell werden könne. Die Ansiedlung des EU-Kompetenzzentrums für Cybersicherheit in Bukarest sei ein gutes Zeichen und belege das Potential der IT-Branche im Land.

Andreas Lier verlieh seiner Sorge um die wirtschaftliche Entwicklung in vielen Branchen, denen BASF und die Chemieindustrie allgemein zuarbeitet, Ausdruck. Viele Unternehmen würden aktuell über eine Reduzierung von Produktionskapazitäten und Stellenabbau nachdenken – auch BASF selber führt eine Verkleinerung des Standorts Ludwigshafen durch. Von der Politik erwartet er „mutige Antworten, Ideen und Maßnahmen“. Mit Blick auf Rumänien pries er das Potential an vielfältigen Energiequellen von Gas, Öl, Wind und Solar und appellierte auch an die Unternehmen, dieses zu nutzen und hier zu investieren.

Der deutsche Botschafter Dr. Peer Gebauer umriss die aktuelle Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Diese sei geprägt von einem gestiegenen Bewusstsein dafür, dass die wirtschaftliche Abhängigkeit von bestimmten Ländern (in Bezug auf Lieferketten) verringert und inländische Kapazitäten in Schlüsselindustrien aufgebaut werden müssen. Die kürzlich verabschiedete Wachstumsinitiative der Bundesregierung beinhalte 49 Einzelmaßnahmen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und Entbürokratisierung. Es müsse jedoch noch mehr getan werden und allgemein ein Mentalitätswandel stattfinden – hin zu mehr Risikofreudigkeit. Als Beispiel nannte er die europäische Diskussion um Künstliche Intelligenz, in der zu viel über die Risiken, aber zu wenig über die Chancen gesprochen werde.

Zwei Themen waren in der Veranstaltung allgegenwärtig: Zum einen die vehementen Forderungen der Unternehmen, insbesondere an die Vertreterin der EU-Kommission gerichtet, Bürokratie abzubauen. Zum anderen die Diskussion um den sogenannten Green Deal, der sich – so die Einschätzung einiger Teilnehmer – hemmend auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirke und durch einen Industrial Deal „ergänzt“ bzw. „ausbalanciert“ werden sollte. Eine entsprechende Initiative hatten BASF und andere Unternehmen Anfang des Jahres gestartet.

Ramona-Iulia Chiriac betonte ihrerseits die Notwendigkeit der Bekämpfung des Klimawandels und damit einhergehender Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Industrie. Die Ausbalancierung von industrieller Entwicklung und Energiewende sei eine der zentralen Herausforderungen der Kommission. Ursula von der Leyen habe bereits angekündigt, in den ersten 100 Tagen der neuen Kommission einen „Clean Industrial Deal“ zu verabschieden, der Investitionen in Infrastruktur und Industrie (insbesondere solche mit hohem Energieverbrauch) fördern und Unternehmen das Leben leichter machen soll.