Rumäniens Wirtschaftskarte hat in den vergangenen fünf Jahren interessante Veränderungen erfahren: Die Leistungskraft der einzelnen Landkreise hat zwischen 2012 und 2016 stark zugenommen, wobei der Landkreis Klausenburg/Cluj eine Wachstumsrate des nominalen Bruttoinlandsprodukts von 62 Prozent in der Zeitspanne 2012 bis 2016 verzeichnet hat. Landesweit nahm das BIP in nominalen Werten um 29 Prozent zu. Hohe Wachstumsraten melden auch die Kreise Konstanza/Constanţa (+ 56 Prozent), Prahova (+ 42 Prozent), Ilfov (+ 40 Prozent) und Buzău (+ 37 Prozent). Dies geht aus einer von Ziarul Financiar unlängst veröffentlichten Analyse, die auf Daten des Nationalen Instituts für Statistik beruht. Nominale Indikatoren werden von Ökonomen eher vermieden, wenn es darum geht, die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes oder einer Region zu beurteilen, da nur inflationsbereinigte Werte ein reales Bild abgeben. Weil jedoch in den vergangenen fünf Jahren die Inflationsrate sehr gering war (teilweise sogar negativ) und weil die von der Bukarester Wirtschaftszeitung veröffentlichte Statistik nur nominale Indikatoren untereinander vergleicht, können diese als wegweisend für die wirtschaftliche Realität betrachtet werden.
Klausenburg zweitwichtigster Wachstumsmotor des Landes
Sieht man von der Hauptstadtregion Bukarest-Ilfov ab, waren 2012 die wirtschaftlich stärksten Landkreise Rumäniens die Kreise Temesch/Timiş, Konstanza, Prahova, Klausenburg und Kronstadt/Braşov, vier Jahre später dann Konstanza, Temesch, Klausenburg, Prahova und Kronstadt. Der westrumänische Kreis Temesch hat zwischen 2012 und 2016 ein nominales BIP-Wachstum von nur 24 Prozent verzeichnet, unter dem Landesdurchschnitt von 29 Prozent. Das größte Wachstum meldet wie bereits angegeben der Kreis Klausenburg, mit einem Plus von 62 Prozent zwischen 2012 und 2016. Die Stadt Klausenburg/Cluj-Napoca ist in der Zwischenzeit zum zweitwichtigsten Wachstumsmotor des Landes geworden, der gleichnamige Landkreis wird in Kürze den Kreis Temesch ablösen. Die beiden Kreise trennen nur noch 800 Millionen Lei, das BIP des Kreises Temesch lag 2016 bei 35,3 Milliarden Lei, jenes in Klausenburg bei 34,5 Milliarden Lei.
Nur die Kreise Konstanza mit 36,5 Milliarden Lei und Prahova mit 30,8 Milliarden Lei erreichen ferner die 30-Milliarden-Marke, über 20 Milliarden Lei erwirtschaften dann die Kreise Kronstadt (26 Milliarden Lei), Jassy/Iaşi (23,6 Milliarden Lei) und Ilfov (21,1 Milliarden Lei). Die Stärke von Konstanza erklären die Fachjournalisten von Ziarul Financiar damit, dass der Schwarzmeerhafen und der Tourismus dort maßgeblich für die verhältnismäßig hohe Wirtschaftsleistung aufkommen. In der Hauptstadt werden die Einkommen erwirtschaftet, die dann der Bukarester Jetset an der Küste ausgibt. Auch soll die Zunahme des nominalen BIP im Kreis Konstanza von 56 Prozent, also doppelt so viel wie im Landesdurchschnitt, auf die durchgängige Eröffnung der Autobahn zwischen Feteşti, Cernavodă und Konstanza in den vergangenen Jahren zurückzuführen sein, so dass die Bukarester nun schnell am Schwarzen Meer sind. Sollte dies so sein, dann müssten die Autobahn A1 zwischen Nadlak/Nădlac und Hermannstadt, sollte sie in naher Zukunft gänzlich ihrer Bestimmung übergeben werden (gebaut wird zurzeit noch zwischen Margina im Kreis Temesch und Deva), zur wirtschaftlichen Entwicklung strukturschwächeren Regionen wie zum Beispiel der Temescher Osten oder der Kreis Hunedoara (Städte wie Deva, Hunedoara, Simeria, Broos/Orăştie) und der bereits relativ starke Kreis Alba mit seinen Industriezentren Mühlbach/Sebeş, Karlsburg/Alba Iulia und Cugir wesentlich beitragen.
Geringe Bevölkerung, schwacher Kreisvorort
Die Schlusslichter im BIP-Vergleich sind die Kreise Mehedinţi (5,1 Milliarden Lei), Giurgiu (5,3 Milliarden Lei), Covasna (5,6 Milliarden Lei), Sălaj (5,9 Milliarden Lei), Tulcea (6,02 Milliarden Lei), Călăraşi (6,5 Milliarden Lei), Ialomiţa (6,6 Milliarden Lei), Vaslui (6,7 Milliarden Lei), Teleorman (7,3 Milliarden Lei) und Karasch-Severin/Caraş-Severin (8 Milliarden Lei). Das sind alle Kreise mit geringer Bevölkerung und einem schwachen Kreisvorort, der in allen Fällen unter 100.000 Einwohnern zählt, vor 1989 von den sozialistischen Landesplanern als Kreisstadt ausgebaut werden sollte und in dem hohe staatliche Fördermittel geflossen sind. So zum Beispiel die Städte Drobeta-Turnu Severin, Călăraşi, Tulcea und selbstverständlich Reschitza/Reşiţa.
Im mittleren Feld liegen Kreise wie Argeş (19 Milliarden Lei) mit den Dacia-Werken, Dolj (18,6 Milliarden Lei) mit der Ford-Niederlassung, Arad (16,9 Milliarden Lei), Bihor (16,7 Milliarden Lei), Mureş und Hermannstadt/Sibiu mit jeweils 16,2 Milliarden Lei. Haben sich in den Städten Arad, Großwardein/Oradea und Hermannstadt zahlreiche ausländische Investoren niedergelassen, so profitiert der Kreis Mureş traditionsgemäß von der Erdgasförderung, aber auch vom Tourismus in und um Schäßburg/Sighişoara und in den Ostkarpaten. Interessant ist, dass der Kreis Arad, mit 170.000 weniger Einwohnern als sein nördlicher Nachbar Bihor, es schafft, ein höheres BIP aufzuweisen. Dies ist vor allem auf das ausländische Kapital zurückzuführen, das im Kreis Arad stärker ist als in Bihor. Eher schwach schneiden die nordrumänischen Kreise Sathmar/Satu Mare mit einem nominalen BIP im Jahre 2016 von nur 9,1 Milliarden Lei (bei etwa 344.000 Einwohnern) und Maramureş mit einem Wirtschaftsleistung von 12,3 Milliarden Lei bei 461.000 Einwohnern ab.
Regionale Unterschiede bleiben erhalten
Die Hauptstadt Bukarest trägt mit 184,7 Milliarden Lei zum BIP Rumäniens bei, das entspricht einem Anteil von 24,35 Prozent. Sie behält damit ihre hervorragende Stellung im ökonomischen Geflecht des Landes, trägt aber gleichzeitig maßgeblich zur Verödung ihres Hinterlandes bei, die Landkreise der Südrumänischen Tiefebene zählen zu den ärmsten des Landes. Trotz der starken Zunahme der wirtschaftlichen Tätigkeit in fast allen Landkreisen (nur im Kreis Giurgiu ging das nominale BIP zwischen 2012 und 2016 um 3 Prozent zurück), bleiben die starken regionalen Unterschiede bestehen. Die Region Bukarest-Ilfov trägt mit 27,13 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt des Landes bei, während dort bloß 11,16 Prozent der Bevölkerung leben. Die Westregion mit den Kreisen Temesch, Arad, Hunedoara und Karasch-Severin erwirtschaftet ein regionales BIP von 72,5 Milliarden Lei, das entspricht einem Anteil am Landes-BIP von 9,55 Prozent. In der Westregion leben 8,70 Prozent der rumänischen Bevölkerung. Und dann das Beispiel Oltenien: Die fünf südrumänischen Landkreise Dolj, Gorj, Mehedinţi, Olt und Vâlcea erwirtschafteten im vergangenen Jahr ein BIP von 55,8 Milliarden Lei, 7,35 Prozent des Gesamt-BIP. Dort leben jedoch 9,90 Prozent der Bürger Rumäniens. Am gravierendsten ist der Unterschied in Ostrumänien. In der Region Nordost (Suceava, Botoşani, Neamţ, Jassy, Bacău und Vaslui) leben 3,26 Millionen Menschen, das sind 16,20 Prozent der Gesamtbevölkerung. Ihr Anteil am BIP lag 2016 bei 10,20 Prozent.