Es ist kein leichter Weg für unerfahrene Wanderer, doch mit dem richtigen Paar Schuhe und einem großen Wunsch im Herzen kann ihn fast jeder bewältigen. Insgesamt 66,8 Kilometer zeigte die mobile App „Strava“ an, als die Wanderer ihr Ziel erreicht hatten. Dieser Weg durch mehrere Temescher und Arader Ortschaften führte am 24. Juli fünf Pilger von der „Heiliges Herz Jesu“-Kirche in der Temeswarer Elisabethstadt bis nach Maria Radna im Kreis Arad. Die Männer kamen am 26. Juli, nach zwei Übernachtungen unterwegs, am Festtag der Heiligen Joachim und Anna, in Radna an, um sich an dem Gottesdienst zu beteiligen.
Pilgerwege sind meist sehr bekannte Pfade, über die jedes Jahr Dutzende von Menschen ziehen. Von Temeswar aus führt der klassische Pilgerweg nach Maria Radna entlang der Kreisstraße DJ691, durch Ortschaften wie Bruckenau/Pișchia, Fibisch/Fibiș, Blumenthal/Mașloc, Aliosch und Neudorf. Die fünf Temeswarer Wallfahrer wollten jedoch einen neuen Weg entdecken, oder, besser gesagt, einen sehr alten Pilgerweg nach Radna wiederentdecken, einen Weg, der nicht entlang der bekannten Autostraße, sondern über Täler und Hügel führt. In diesem Fall gehen die Wanderer nur wenige Kilometer über asphaltierte Straßen, den Großteil des Pilgerwegs bilden Forst- oder Landwirtschaftswege. Das, was sie sich vorgenommen hatten, schafften sie auch. Zwar setzte das Erkunden des neuen Wegs auch Hindernisse wie sehr schlammige Wege oder die Überquerung von Wassergräben voraus, doch die mutigen Wallfahrer ließen sich davon nicht einschüchtern, sondern machten unermüdlich weiter. Der heftige Regen, der sie unterwegs erwischte, sorgte lediglich dafür, dass sie ihre Regenmäntel aus dem Rucksack hervorholten und richtig ausgestattet weiterzogen.
Initiiert wurde die diesjährige Fußwallfahrt nach Radna vom Salvatorianerpater Martin Gál. Ihn begleiteten vier Freunde, darunter auch der Computerprogrammierer Sorin Voinea. „Es war eine Freude, die hundertjährige Tradition der Fußwallfahrten nach Radna weiterzuführen und auf die Bedeutung dieses wunderbaren Gnadenortes hinzuweisen“, sagte Sorin Voinea im Nachhinein. „Die Fußwallfahrt mit Leib und Seele war sehr angenehm, es war eine gute Gelegenheit, in mich selbst einzukehren, zu beten, aber auch ein Opfer für Gott, die Heilige Maria von Radna und den Heiligen Anton zu erbringen, für die Menschen, die mir nahe stehen, zu beten, aber auch für all das Gute in meinem Leben zu danken“, fügte er hinzu.
Sorin Voinea beteiligte sich auch im vergangenen Jahr an der von Martin Gál veranstalteten Fußwallfahrt nach Maria Radna. Damals hatte er aber die falschen Schuhe an und hätte beinahe aufgegeben, doch mit Unterstützung des Salvatorianerpaters und der anderen Weggefährten schaffte er es, weiterzumachen, in einem langsameren Tempo, und erreichte schließlich das Ziel.
In diesem Jahr machte sich Sorin Voinea besser vorbereitet auf den Weg. Er besorgte sich Laufschuhe mit einer dickeren Gummisohle, leichte Kleidung, einen Schlafsack und einen Rosenkranz, denn unterwegs wird bei solchen Wallfahrten der Rosenkranz gebetet. Den Schlafsack und sonstiges Gepäck befördert ein Bus zu den Kirchen, in denen die Wallfahrer während der Pilgerreise übernachten. Auf diesem Pilgerweg waren es die katholischen Kirchen in Deutschbentschek und Neudorf, in denen sich die fünf Wallfahrer über Nacht ausruhten. An beiden Orten zelebrierte Pater Martin je eine Heilige Messe mit den katholischen Gemeinschaften vor Ort. „Ich empfehle auch die Mitnahme eines kleinen Kissens, was ich heuer leider vergessen habe. Es ist nicht sehr angenehm, mit dem Kopf auf dem harten Boden in der Kirche zu schlafen“, riet Sorin Voinea. Irgendwie scheint sich der Wallfahrer dann doch ausgeruht zu haben, denn der Weg über Täler und Hügel bereitete ihm diesmal keinerlei Probleme. Die langen Hosen seien auf einer solchen Pilgerfahrt ebenfalls unentbehrlich, denn an manchen Orten ist die Vegetation, die überwunden werden muss, ziemlich hoch.
Ebenfalls im fünfköpfigen Wallfahrerteam dabei war der Salvatorianerbruder Adrian Hafner. Der Temeswarer, der in diesem Jahr in den Philippinen seine Gelübde als Ordensmann abgelegt hatte und ab Herbst in Rom studieren wird, bewertete die Fußwallfahrt nach Radna als eine „wunderbare spirituelle Erfahrung“. „Vor zwei Monaten habe ich meine Profess abgelegt und jetzt habe ich die Gelegenheit gehabt, meine Spiritualität zu stärken. Drei Tage sind wir gegangen, wir haben viel meditiert und gebetet. Auf dem Weg haben wir über die sieben Zeichen gesprochen, die Jesus gemacht hat und die im Evangelium nach Johannes festgehalten sind“, erzählte Fr. Adrian Hafner SDS, der den zweiten Tag, an dem die Wallfahrer mehr als 30 Kilometer zurücklegten, als am schwierigsten empfand. „Alles, was ich gebraucht habe, war ein gutes und gemütliches Paar Schuhe, einen Regenmantel, weil wir auch Regen unterwegs hatten, eine gute Stimmung, viel Wasser und natürlich einen Rosenkranz“, sagte der junge Salvatorianerbruder.
Die Salvatorianer in Temeswar veranstalten jedes Jahr eine Fußwallfahrt nach Maria Radna. Die diesjährige Coronavirus-Pandemie erlaubte es aber nicht, mehr Menschen auf diesen Weg zur Mutter Gottes mitzunehmen, erklärte Pater Martin Gál, der Anführer der Gruppe. Deswegen waren es heuer nur die fünf Männer, die die Strapazen der Entdeckung eines neuen Pilgerwegs nach Radna auf sich nahmen. „So wie Jesus sich auf den Berg zurückgezogen hat, so haben auch wir Salvatorianer einen neuen Pilgerweg nach Maria Radna entdeckt, wir haben uns auf den Berg Gottes, auf unseren Berg, zurückgezogen, um für den Alltag aufzutanken. So viele haben uns gebeten, für sie zu beten, an sie zu denken. Das haben wir unterwegs und in Maria Radna auch getan“, sagte der Salvatorianerpater. Für die Salvatorianer war es wichtig, einen neuen Pilgerweg zu entdecken, da auf dem meistbenutzten Weg, auf jenem entlang der Autostraße, sehr viel Verkehr herrscht und es ziemlich gefährlich werden kann. „Wir sind durch Überland/Giarmata Vii, Jahrmarkt, Deutschbentschek, Charlottenburg und Chesinț nach Neudorf gelaufen, um am letzten Tag rund acht Kilometer nach Maria Radna zu gehen“, erzählte Martin Gál. „Unsere Vorfahren kannten alle Wege nach Maria Radna, doch die jetzige Generation kennt diesen Weg nicht. Wenn es regnet, ist es ein bisschen schwierig, aber es gibt Alternativen. Ich könnte ruhig sagen: Im Banat führen alle Wege nach Maria Radna“, sagte Pater Martin. Das Besondere an dieser Art der Wallfahrt zu Fuß sei, dass man sich schlicht und einfach die Zeit nimmt – für sich selbst, für die Mitmenschen und für Gott, so der Salvatorianerpater. „Es ist kein Marathonlauf nach Maria Radna, sondern wir nehmen uns bewusst die Zeit, um zu gehen, um zu beten, um über verschiedene Bibelstellen zu diskutieren“, erzählte er. Der Salvatorianerpater empfiehlt eine solche Fußwallfahrt allen Gottsuchenden, und das insbesondere jetzt, in der Pandemie. „Es ist wunderschön, durch die Natur zu gehen und dort durch das Natürliche das Übernatürliche zu treffen und zu entdecken“, sagte er.
Eine Fußwallfahrt erfreut Geist und Seele und stärkt den Glauben. Wichtig ist, dabei zu sein und nicht nur einen Weg zu einem bekannten Wallfahrtsort, sondern auch in das eigene Innere zu finden. Der neu entdeckte Pilgerweg nach Maria Radna ermöglicht diese Einkehr ganz bestimmt.