Er ist Musiker, Bildhauer, Grafiker, Schauspieler, Puppenspieler, Filmemacher und Zeichentrickfilmschaffender. Obwohl nicht in eine Künstlerfamilie geboren, wurde ihm die künstlerische Begabung in die Wiege gelegt. Wer mit ihm ins Gespräch kommt, wird überrascht sein von seiner sanften Art. Eine gewisse Lockerheit begleitet ihn wie ein treuer Schatten. Man kann sich kaum vorstellen, dass er jemals laut wird – und sollte es doch geschehen, weicht die Aufregung schnell seinem heiteren Gemüt. Wenn man in Hermannstadt nach Augustin Cosmin Pop fragt, wird man meist fragende Blicke ernten. Doch sobald man den Namen „Popică“ erwähnt, huscht ein Lächeln über viele Gesichter. Denn als Popică ist Augustin weit über die Stadtgrenzen in so manchen Künstlerkreisen bekannt.
Von Fărcaș zu Țăndărică
Popicăs Vater war ein leidenschaftlicher Liebhaber rumänischer Folklore, insbesondere des Taragotspiels von Dumitru Fărcaș. Also wurde der sechsjährige Sohn in die Kunstschule eingeschult. „Mein Vater träumte davon, dass ich wie Fărcaș spielen würde. Sobald ich ein Instrument halten konnte, ließ er mich Musik studieren – und dafür bin ich ihm dankbar. Ich spiele zwar nicht wie Fărcaș, aber ich spiele Jazz, Pop, Rock und vieles mehr“, erinnert sich Popică. Sein musikalischer Werdegang begann mit dem Akkordeon, gefolgt vom Klavier, dann Klarinette und Oboe. Doch ab der neunten Klasse verlagerte sich sein Fokus auf die bildende Kunst. „Ich wurde als Letzter über dem Strich angenommen – aber ich hatte es geschafft“, erzählt er lachend. So wurde er zum Bildhauer. Die Ferien nutzte er um zu reisen. Die Kosten dafür deckte er mit Straßenmusik. Da sein Vater 1995 verstorben war, hielt er sich mit diesen Einnahmen übers Wasser. Zur gleichen Zeit gründete er mit seinem Freund Liviu Trifu das Duo „Fao“. Die Preise, die sie auf verschiedenen Wettbewerben erhielten, ließen sie von einer Musikkarriere träumen. Es kam 1998 sogar zu der Aufnahme eines Albums: „Născut între jivine“ (Geboren zwischen wilden Tieren). Die Straßenmusik und die Bühnenauftritte führten dazu, dass er viel in der Schule fehlte. Die Anzahl an unentschuldigten Stunden brachte die Wiederholung des Abschlussjahres mit sich. Aber im betreffenden Jahrgang gab es keine Klasse für Bildhauer, also machte er seinen Abschluss als Grafiker. „Ich habe meine Lyzeumszeit wirklich genossen und wäre es nach meinem Kopf gegangen, hätte ich locker noch zwei weitere Jahre angehängt“, führt er die Erzählung weiter.
Nach dem Schulabschluss stand die Frage im Raum: Was studiert ein musizierender Bildhauer, der als Grafiker lizenziert ist? Die Antwort: Puppenschauspiel. „Das Studium und die Kunstgattung sind viel komplexer als man es sich vorstellt. Man lernt viel mehr als in dem klassischen Schauspielstudium. Neben dem Puppenschauspiel auch Dinge wie Schattenspiel, Maskenspiel. Ich kann noch immer eine Vorstellung mit zwei Papierservietten konzipieren. Der bessere Begriff dafür wäre Animation, denn man beseelt Dinge“, fügt Popică erklärend hinzu. Um den Erfahrungsunterschied zu den Studenten des klassischen Schauspiels zu überbrücken, spielte er zugleich in studentischen Produktionen der Regiestudenten, was ihm die Möglichkeit bot, auch mit den Professoren der anderen Gattung zu arbeiten. Nach dem Studium folgte ein Engagement am Țăndărică-Animationstheater und später ein Masterstudium in Regie für Animationstheater (Kinder- und Jugendtheater).
Bukarest – Berlin – Hermannstadt
Im Abschlussjahr seines Masters kam der Wendepunkt. Schulfreund Tudor Avrămuță frischgebackener Kunstabsolvent in Klausenburg/Cluj-Napoca, trat mit einem Projekt an ihn heran: ein Konzept für eine Zeichentrickserie. „Er fragte, ob ich die von ihm gezeichneten Figuren animieren würde. Bei beiden war damals Schmalhans Küchenmeister, also sagte ich zu. Ich kaufte mir einen Computer und machte mich an die Arbeit.“ So wurde „Animat Planet Show“ geboren. Eine Zeichentrickfilmserie, die von Media Factory und der bekannten Komikergruppe „Divertis“ produziert wurde. Die 20-minütigen Folgen liefen über sieben Staffeln sonntags im rumänischen Prime-Time-Fernsehen. „Wir konkurrierten mit Hollywood-Blockbustern – und ich sage mit Stolz: Unsere Einschaltquoten waren besser.“ Da dadurch ein stabiles Einkommen gesichert war und er sich einen Szenenwechsel wünschte, siedelte Popică 2006 nach Berlin um. Es war eine schöne, aber auch eine anstrengende Zeit. Zum Animationsteam gehörten vier Leute. Der einzige, der über die ganze Zeit dabei blieb, war er, wobei er für mehr als die Hälfte der Animation zuständig war. Das bedeutete während einer Staffel Arbeitstage von zehn bis vierzehn Stunden. „Bis zur Kandidatur von Mircea Geoană 2009 lief alles gut. Dann wurde die Serie politisch blockiert – und ich stand wieder vor einem Neuanfang... wie so oft bis damals in meinem Leben“, erinnert sich Augustin. So kam er nach Bukarest zurück und stand erneut wie ein Debütant da, denn alle Stricke waren gerissen. Also nahm er das Saxophon zur Hand und lebte als Straßenmusiker in Bukarest. Mit der Zeit fand er ein paar Restaurants, in denen er spielen konnte und alles kam langsam wieder in geordnetere Bahnen. Er ging zu Castings und bekam eine Rolle in einem Stück über den Maler Toulouse-Lautrec in der Regie von Horațiu Mălăele am Metropolis-Theater. „Nach einem Jahr war ich wieder soweit, dass ich auf festen Beinen stand. Ich habe mich immer selber erhalten, dass bedeutete auch, dass, wenn das Geld für eine Semmel fehlte, gab es die Semmel nicht. Es gab niemanden, der mir diese Semmel hätte kaufen können“, schildert Popică diese Zeit. In jenen Tagen stellte er auch eine Schattenspielvorstellung zusammen. Als die Theateraufführungen seltener wurden, packte er seine Requisiten und zog erneut nach Berlin – mit dem Ziel, ein kleines Ensemble zu gründen. Hier erlebte er mit der Schattenspielvorstellung einen gewissen Erfolg, so dass es für das Leben in der deutschen Hauptstadt reichte. In der damaligen Zeit verliebte er sich auch. Mit seiner damaligen Freundin besuchte er Hermannstadt, sie fuhr zurück, doch er beschloss, etwas länger in seiner Heimatstadt zu bleiben. Die Entwicklungen in Berlin führten zu seinem Entschluss, für längere Zeit in Hermannstadt zu bleiben. Für einen zu erwartenden Neuanfang in Berlin fehlten damals die Kräfte. So kam es aber, dass er Teodora kennenlernte, sich erneut verliebte und mit ihr eine Familie gründete. Diese stellt bis heute den Mittelpunkt seines Lebens dar.
Die Faulheit, die zum Erfolg führt
Dem Komiker Raul Gheba bleibt Popică bis heute verpflichtet. Gheba arbeitete damals für eine Werbe-agentur und schlug Augustin vor, für einen seiner Kunden eine Reihe von Werbeanimationen zu entwickeln. So wurde die Reihe „Giraf“ geboren, mit der sie sogar bei zwei Werbefestivals mit Gold gekürt wurden. Um aber geregelt mit der Agentur arbeiten zu können, musste Popică eine GmbH gründen. „Ich kann sagen, entgegengesetzt aller Weltweisheit, dass Faulheit manchmal auch sehr positive Folgen haben kann,“ beginnt er die Schilderung dieser Lebensepisode. Er sollte das Unternehmen im Dezember gründen. „Ich war noch immer ein Hippie im Herzen und hatte mit Bürokratie nichts am Hut“, erzählt er. Also verschob er die Unternehmensgründung bis nach den Winterfeiertagen. Die Feiertage zogen vorbei, doch die Motivation für die notwendigen Behördengänge blieb weiterhin aus. „Am 3. Februar habe ich Geburtstag, also ließ sich bis zu dem Datum nichts wirklich machen.“ (lacht) „Dann kam aber das Ultimatum seitens der Werbeagentur: entweder ich gründe das Unternehmen oder sie suchen jemand anderen für den Auftrag. Also musste ich schnell reagieren und am 22. Februar 2017 war ich Unternehmenseigentümer.“ Kurze Zeit darauf gab ihm seine Buchhalterin den Hinweis, dass die Förderlinie Start-up-Nation eröffnet wurde. Als sich Augustin die Richtlinien ansah, konnte er es kaum glauben: Nur Unternehmen, die nach dem 31. Januar 2017 gegründet worden waren, konnten sich bewerben! „Hätte ich alles im Dezember gemacht, hätte es diesen Zug für mich gar nicht gegeben.“ Er bewarb sich erfolgreich für die Förderung und konnte dadurch sein eigenes Studio „Popixar“ komplett ausstatten. Damit begann eine von Erfolg gekennzeichnete Zeitspanne in seinem Leben, die bis heute anhält. Er macht Videos für Bands wie Fără Zahăr oder Vama, arbeitet an Dokumentarfilmen mit, macht Videotutorials für Apps und vieles mehr. „Ich habe inzwischen im Bereich der Animation alles gemacht, was es so gibt – außer Langspielfilme,“ fasst er seine Tätigkeit zusammen.
Zurzeit ist Popică mit Roton-Music eine Partnerschaft eingegangen. Als Mitarbeiter war er schon in den letzten drei Jahren für den Musikproduzenten tätig. Die Partnerschaft betrifft den Kinder-Youtube-Kanal „Clopoțelul magic“ (Das magische Glöckchen), mit über 1300 Videos der zweitgrößte rumänische Kanal seiner Art. Um sich als Partner einzubringen, beschäftigte er sich intensiv mit Erziehung und Bildgestaltung. „Wir sind die ersten, die in allen Videos Blaulichtfilter einsetzen. Das Gehirn der Kinder leidet so nicht mehr unter der blauen Farbe – sie bleiben entspannter.“
Gleichzeitig arbeitet er mit dem bekannten Regisseur Igor Cobileanski an der Serie „Plaha“, die teilweise auf dem Leben von Vladimir Plahotniuc basiert und seit dem 29. August in der Republik Moldau ausgestrahlt wird. Popică ist für alle visuellen Effekte verantwortlich – darunter auch das Verjüngen des Hauptdarstellers. „Der Aufwand ist enorm. Jede Folge dauert eine Stunde – das entspricht insgesamt sieben Langspielfilmen. Das beste Feedback war: Man sieht gar nicht, was du gemacht hast. Und das bedeutet, dass ich meine Arbeit gut gemacht habe.“
„Ich liebe Commedia dell´Arte. In der Animation kann ich diese Vorliebe ausleben. Es geht um das gleiche Prinzip der eher übertriebenen Bewegungen, die die Figuren machen, aber auch des spärlichen Umgangs mit Symbolen.“
„In Bukarest wäre die Auftragslage sicher besser und ich würde wahrscheinlich auch mehr Geld verdienen. Aber erstens ist das Leben in Bukarest teurer und zweitens würde ich meine beiden Kinder nicht in Bukarest großziehen wollen. In Hermannstadt lebt es sich gemütlicher.“
Ein Blue-Block-Filter (auch „Blaufilter“ oder „Blue Light Filter“) ist eine Technologie, die das blaue Licht von Bildschirmen reduziert oder blockiert. Dieses blaue Licht wird von Smartphones, Tablets, Computern und Fernsehern ausgestrahlt und kann negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben – besonders auf den Schlaf und die Augen.