Hermannstadt – Dass die Autorin Karin Gündisch auch andere Textgenres neben Kinderbuch und Jugendbuch in ihrem Portfolio hat, davon konnte man sich am Freitag, den 1. August, im Erasmus-Büchercafé überzeugen: Das Buch „Die Tür zum Paradies“ ist 2024 im Schiller-Verlag erschienen. Es beinhaltet neun Kurzgeschichten und die hundert Seiten lange Geschichte „Tage, die kommen“, die bereits im Jahr 1994 unter dem Titel „Liebe, Tage die kommen“ als Roman erschienen ist.
Das Buch sei ein Perspektivwechsel, so Beatrice Ungar, Chefredakteurin der Hermannstädter Zeitung, die die Moderation des Abends übernommen hatte: „Frauen haben beim Lesen vielleicht manchmal ein Déjŕ-vu, Männer können sehen, wie die Sichtweise auf der anderen Seite aussieht.“ Sie betonte, das Buch komme ohne Schuldzuweisung aus und ihr gefalle es auch deshalb, weil es der Versuch sei, etwas, was man eigentlich in der Öffentlichkeit normalerweise nicht bespreche, in Worte zu fassen: „Das ist Karin Gündisch hier gut gelungen – auch durch das, was sie nicht sagt.“
Die Autorin selbst betonte, sie habe immer wieder für Erwachsene beziehungsweise für sich selbst geschrieben: „Es war nicht vorauszusehen, dass ich Kinderbuchautorin wurde. Durch die Auswanderung im Jahr 1984 habe ich meinen Lehrerinnenberuf verloren, aber ich hatte dann die Auswanderung als Thema. Und die Kinder- und Jugendbücher gaben mir die Möglichkeit, wieder an die Schulen zu kommen.“
Die längere Geschichte, die bereits vor drei Jahrzehnten in Deutschland erschienen war, thematisiert weibliche Sexualität und die Zwänge rund um das Thema Abtreibung: „Als ich diese Erzählung schrieb, gab es in Deutschland heftige Diskussionen um den Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch, der einen Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stellt“, schreibt Karin Gündisch in „Anstelle eines Nachworts“ in ihrem Buch. Für die meisten Frauen stelle eine Abtreibung ein Trauma dar, so Karin Gündisch während der Lesung im Erasmus-Büchercafé.
Außerdem las sie aus der Kurzgeschichte „Ihr seid doch ein glückliches Liebespaar“, die eine Ehe mit ihren Höhen und Tiefen nachzeichnet sowie aus „Martha auf dem Kalvarienweg“, einer weiteren Geschichte, die von der hochbetagten Martha handelt, die sich in ihren iranischen Pfleger verliebt hat. Immer wieder blitzt auch der siebenbürgisch-sächsische Kontext hervor, in dem sich die handelnden Figuren bewegen.
Für sie seien – auch nach 30 Jahren – alle Geschichten in dem Buch gleich wichtig. Sie schreibe über Themen, die sie beeindruckten, sie beschäftigten, sie nicht losließen, so Gündisch. Bezogen auf die Geschichte „Tage, die kommen“, sagte Karin Gündisch abschließend bei dieser ersten Lesung aus ihrem neuen Buch: „Es ist ein heikles Thema – gewiss. Aber es betrifft uns alle auf irgendeine Art und Weise. Denn „indem wir unsere Sexualität annehmen oder ablehnen, indem wir etwas gut machen oder indem wir etwas versäumt haben, indem wir uns über etwas freuen oder etwas falsch gemacht haben. Es betrifft eigentlich jeden – weil wir Menschen sind.“