Riki von Falken in „One more than one“

Pulsierende Tanzperformance am DSTT

Riki von Falken in „One more than one“ Foto: Zoltán Pázmány

Das Gesicht blieb weitgehend ausdruckslos, um den Körper sprechen zu lassen: durch die geometrischen, wiederholten Bewegungen scheint die Person an Fäden zu hängen, als ob das Schicksal sie darin gefangen hielte, dann wiederum befreit sich die schmale Figur aus diesem Spinnengewebe und tastet sich ab, wie um sich zu vergewissern, dass sie noch da ist, dass das Leben weitergeht. Immer wieder greift die Solistin auch nach dem Herz, es schlägt, es schlägt, es schlägt…

In einer Show, die von Solistin und Publikum absolute Konzentration abverlangte, hielt die Berliner Tänzerin Riki von Falken das Temeswarer Publikum am vergangenen Dienstag gebannt auf den Stühlen des Deutschen Staatstheaters.

Die Mimik blieb sparsam, nur die großen Augen standen weit geöffnet, staunend fast, in Kontakt mit dem Publikum oder in Kontakt mit den Händen.

Die minimale Bühnenausstattung – nur ein weißer Laken bedeckte den Fußboden und den Hintergrund – ließ die Blicke der Zuschauer nicht auf sich gleiten, nur die Bewegung stand im Vordergrund.

Nichts sollte von der Körpersprache ablenken: minimalistisch war auch die hämmernde Musik mit repetitiven Strukturen von Steve Reich, dazu kamen musikalische Fragmente von Heiner Goebbels und Beat Furrer. Alles war nur ein Begleiter der Körperbewegungen.

 

Verarbeitung eigener Erfahrungen

 

Für Riki von Falken stellt die 2003 entstandene Tanzperformance „One more than one“ den Abschluss einer Trilogie dar, die mit „White Linen“ und „Wach“ begann. Die Trilogie, die deutschlandweit stark gefeiert wurde, ist aus persönlichen tragischen Erfahrungen, in der Konfrontation und in dem Umgang mit Leben, Verlassenheit und Tod, hervorgegangen.

In ihrer Beziehung zum Bildhauer Günter Anlauf in den neunziger Jahren erlebte die Künstlerin eine schwere Zeit, als der Partner erkrankte und sie monatelang im Krankenhaus neben dem Bett des Komapatienten verbrachte. Diese Erfahrungen bildeten einen großen Einschnitt in ihrem Leben. Damit veränderte sich auch, wie die Künstlerin mit ihrem Körper kommunizieren und was sie mitteilen wollte.

Riki von Falken, Solistin, Choreografin und graduierte Sozialpädagogin, hat sich bei namhaften Tänzern wie Merce Cunningham, Jennifer Muller, Trisha Brown und Stephen Petronio weitergebildet und beherrscht körperorientierte pädagogische Verfahren wie Feldenkrais, Eutonie und Alexandertechnik. Die Solistin ist Dozentin für Ballett, Jazz und Modern Dance und hat neben Deutschland auch in Malaysia unterrichtet.

Die Vorstellung, zu der das Deutsche Kulturzentrum Temeswar eingeladen hatte, stellte für das hiesige Publikum eine Neuheit dar.

In der auf der DSTT-Bühne dargebotenen Performance begibt sich die Choreografin und Tänzerin auf die Suche nach der Gestalt von Erinnerung. Der Verlust des Anderen hat sich verinnerlicht, das Leben hat sich verändert, die Erinnerung bleibt. Heute ist diese Zeit abgeschlossen. Die Rekonstruktion nach 12 Jahren eröffnet der Solistin wie auch den Betrachtern die Möglichkeit, „One more than one“ aus heutiger Sicht, in einem neuen Kontext, wahrzunehmen.

Für ihr Lebenswerk hat Riki von Falken vor Kurzem den Willms Neuhaus Preis der gleichnamigen Stiftung erhalten.

An der Realisierung der Vorstellung beteiligten sich Ralf Grüneberg (Licht/Ton), Conrad Katzer (Technik), Chris Kremberg (Kostüm) und Tania Hertling (Foto). Für die künstlerische Produktionsleitung zeichnete Katja Kettner.

Die Veranstaltung wurde durch das Nationale Performance Netz Gastspielförderung Tanz International aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert und fand mit Unterstützung des Goethe-Instituts und des Auswärtigen Amtes statt.