Schon beim Antrittsbesuch des neu gewählten rumänischen Staatspräsidenten Nicu{or Dan beim deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier war es ein Thema: Die Pläne der neuen rumänischen Regierung zu deutlichen Einschnitten für alle nationalen Minderheiten, die neben erheblichen finanziellen Einbußen auch deren Status als Minderheitenvertreter im Parlament durch einen von der USR eingebrachten Gesetzesentwurf in Frage stellen. Davor hatte auch der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, Dr. Paul Jürgen Porr, seine Besorgnis über diese neuen Entwicklungen schriftlich an die Bundesregierung übermittelt. Auf dem Wein-Festival in Bogeschdorf/B²gaciu vom 12. bis 14. September, an dem auch Abgeordnete und Vertreter der rumänischen Lokalverwaltung teilgenommen haben, brachte Gastredner Dr. Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, in seinem kurzen Grußwort das Thema erneut aufs Tablett: Durch seinen expliziten Dank an die bisherigen rumänischen Regierungen für ihre vorbildliche Minderheitenpolitik, verbunden mit der Hoffnung, dass auch die neue Regierung diese fortsetzen würde. Am Rande der Veranstaltung konnte ADZ-Chefredakteurin Nina May mit Dr. Fabritius ein kurzes Gespräch führen.
Herr Fabritius, Sie hatten vorhin auf der Bühne ein sehr wichtiges Statement gemacht, nämlich: „Minderheitenpolitik Rumänien – Beispiel in Europa“. Können Sie das bitte vor dem Hintergrund der drohenden Beschneidung der Minderheitenrechte in Rumänien etwas genauer ausführen?
Sehr, sehr gerne. Es ist mir ein Anliegen als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, den bisherigen Regierungen Rumäniens konkret dafür zu danken, dass sie ein in der EU als Best-Practice-Beispiel bekanntes Minderheitenschutzsystem eingeführt und auch umgesetzt haben. Rumänien hat eine mustergültige Förderung der nationalen Minderheiten betrieben: Rumänien hat dafür gesorgt, dass sie eine Vertretung im parlamentarischen Bereich haben, mit einer ähnlichen Besserstellung wie in Deutschland der Südschleswigsche Wählerverband (Anm. Red.: die Partei der dänischen Minderheit in Schleswig-Hol-stein), deswegen war es mir ein Anliegen, den anwesenden Abgeordneten auf dieser Veranstaltung hier, aber auch dem Bürgermeister, und insbesondere als Signal nach Bukarest, der rumänischen Regierung zu danken. Gleichzeitig habe ich die Hoffnung geäußert, dass auch die gegenwärtige Regierung diesen Kurs fortsetzen wird.
Was würde passieren, wenn dies nicht geschähe?
Rumänien würde, wenn es diese Politik aus irgendwelchen Gründen nicht fortsetzen würde, eine sehr wichtige, sehr positive Reputation des Landes bei allen Staaten des Europarates riskieren. Der Europarat ist ja Hüter der Minderheitenrechte, der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie, ich durfte dort selber als Vertreter Deutschlands viele Jahre Mitglied sein, und wir haben Rumänien wirklich immer wieder als Musterbeispiel genannt. Und Rumänien hat davon viel profitiert. Die Reputation, die Rumänien auch im Bereich der Außenpolitik im Moment genießt, beruht natürlich auf vielem, aber das mustergültige Minderheitenprogramm, dass die Regierung bisher gefahren hat, ist Teil davon. Und ich würde es sehr bedauern, wenn dieser gute Ruf Rumäniens durch kurzfristige Maßnahmen, die vielleicht haushaltsrechtlich begründet sind, oder die zum Teil bei einzelnen Akteuren auch ideologische Gründe haben, gefährdet würde.
Welche Konsequenzen hätte dies aus Ihrer Sicht für Rumänien?
Meine Erfahrung als Minderheitenbeauftragter, in allen Ländern, wo wir mit autochthonen ethnischen Minderheiten zu tun haben, ist diejenige: Wenn ein einmal erworbener Standard im Bereich des Minderheitenschutzes geschwächt wird, ist es ungleich schwieriger, ihn wieder herzustellen.
Als Beispiel möchte ich Polen nennen: Polen hat durch die (rechtspopulistische) PiS-Regierung vor einigen Jahren aus innenpolitischen Gründen den muttersprachlichen Unterricht nur bei der deutschen Minderheit dort zugrunde gerichtet, man kann das so deutlich sagen. Die neue Regierung bedauert diesen Schritt der Vorgängerregierung sehr und tut sich jetzt aber unglaublich schwer, den zugrundegerichteten schulischen muttersprachlichen Unterricht wieder aufzubauen. Man muss sich vorstellen: Alle Lehrer haben sich längst eine andere Arbeitsstelle in der Wirtschaft gesucht. Lehrerbildung und Bildung eines Schulsystems ist eine sehr komplexe Aufgabe.
Und auf Rumänien übertragen?
Wenn ich das jetzt auf Rumänien übertrage, also wenn ich zum Beispiel höre, dass die Absicht besteht, die Förderung der nationalen Minderheiten um 40% zusammenzustreichen, dann ist das eine existenzielle Bedrohung.
Und wenn ich mir vorstelle, dass Rumänien die sehr gut funktionierenden Selbstorganisationen der Minderheiten durch eine solche kurzfristige Maßnahme gefährdet, dann wird Rumänien, wenn man diesen Fehler später korrigieren will – und es ist eindeutig ein Fehler! – später weitaus mehr an Anstrengung unternehmen müssen, um eine derartige kurzfristige Entscheidung zu korrigieren.
Es ist natürlich die ureigenste Entscheidung der rumänischen Regierung, ich möchte sicherlich keinerlei Einmischung in innere Angelegenheiten auch nur andeuten, aber es ist mir aufgrund des bilateralen Freundschaftsvertrages zwischen Deutschland und Rumänien, in dem wir gerade eine Kooperation in diesem Bereich vereinbart haben, ein Anliegen, hier in sehr freundschaftlicher Art und Weise beratend ein Angebot zu unterbreiten.
Wir werden dies im übrigen auch in der bilateralen Regierungskommission zwischen Deutschland und Rumänien für die Angelegenheiten der deutschen Minderheit, die im November in Bukarest stattfinden wird, ganz bestimmt thematisieren, wenn bis dahin keine Klärung erfolgt.
Gibt es Länder mit einer ähnlich guten Minderheitenpolitik wie Rumänien?
Sicher, es gibt ein paar Länder, die einen guten Minderheitenschutz haben. Dänemark etwa, nur um ein Beispiel zu nennen.
Aber es fällt mir deutlich leichter, Länder zu nennen, die einen sehr viel schlechteren Minderheitenschutz als Rumänien haben. Deswegen haben wir ja im gesamten Europarat Rumänien immer aktiv als Beispiel hervorgehoben: Noch ist Rumänien ein Best-Practice-Land!