Der rechtskräftig verurteilte, inzwischen von der Justiz wegen „exemplarischem Verhalten“ im Gefängnis vorzeitig entlassene, von der Staatsanwaltschaft in einer anderen Causa neuerlich gefilzte Ex-PSD-Chef Liviu Dragnea verfügt über eine Anhängergemeinde, die so zahlreich, „prinzipienfest“ wie „patriotisch“ ist. Wir haben es bei diesem Exponenten mit einer Sonderausprägung von Nationalismus zu tun, der „spezifisch national“ ist, der alle Gegensatzpaare einigend auf sich fokussiert, die man als Massenphänomen erahnen, aber auch durch ihre, gern übersehene, Breite der Gegensätze nicht übersehen kann.
Es geht um Massenpsychose, um zielumschwirrende Heterogenität, um (wissenschaftlich unbewiesene, aber feste) Überzeugungen, um den quasi-magischen Glauben an die Macht von Objekten (Hunderttausende beim wunder-erhoffenden Abküssen von Ikonen...), um „Vaterland“ und „Muttererde“ („schon immer unser“), um Weltverschwörungen „gegen uns“, um (sub)kulturelle Akkumulation und letztendlich um eine Weltsicht, die so borniert ist, wie der (durch Bildungsprekarität, Manipulation, gezielte Falschinformation und Dauerbeeinflussung) gekappte Horizont ihrer Vertreter es zulässt. So ist ein umfangreicher Teil der Bevölkerung Rumäniens, egal ob er hier lebt oder ausgewandert ist, aber als Wähler nach wie vor das Schicksal des Landes mitbestimmt. Oft entscheidend.
Es sind diejenigen, die Dragnea bei seiner Entlassung aus dem Gefängnis wie einen Messias empfingen, diejenigen, die beim Urnengang oft radikale Personen oder Parteien (AUR) hoch-schieben, die (unangenehm) „überraschen“ - weil man ihre Existenz im intellektuellen Gespräch meidet, da das Thema „unappetitlich“ ist. Es sind die mystisch-sozialistischen Nationalisten.
Wenn sie sich im Gebet an einen Heiligen wenden, suchen sie nicht das Licht Gottes, sie fordern Gesundheit für sich und die Ihrigen, Geld und Glück in der Liebe. Für sich. Für sie ist Bill Gates die Verkörperung Satans, das Impfen unsere Markierung mittels Nanochips, die Schutzmaske die „Unterdrückung der Freiheit“. Ceauşescu war für sie immer im positivsten Sinn der „Mensch der Vorsehung“, „fremd“ sind für sie ausschließlich die „Westeuropäer und Amerikaner“, die aus „uns“ eine Kolonie machen wollen und einen „Absatzmarkt“, auch einen Kriegsschauplatz, wenn er nur fern genug von „denen“ ist.
Der Staat ist die Trutzburg des „nationalen Seins“, der Schutz der „traditionellen Familie”, der Traditionen (dito: der Orthodoxie) und des „Nationalvermögens“ (von dem „man“ ruhig drauflos stehlen darf, denn es gehört ja „uns“ - nur erwischen lassen darf man sich nicht, das ist leicht ehrenrührig), der Staat ist für sie der Lieferant für Sozialgelder, Renten, Löhne, Subventionen und Entschädigungen („Großzügigkeit des proletarischen Staates“) und derjenige, dem man Abgaben mit Kreativität vorenthalten kann, muss, soll(te). Dieser mystisch-sozialistische Nationalismus birgt ein riesiges Potenzial an Gewalttätigkeit und Willkür (immer stur auf Konfrontationskurs), äußert sich aber in der Regel durch Fröhlichkeit und Wohlgemutsein, er verleiht Kraft, Souveränität und ein Überlegenheitsgefühl gegenüber allem und jedem. Treffendster Ausdruck sind die beliebten „Manele“, deren einzige Themata „Sex“, „Geld“ und „Feinde“ sind.
Fazit: die Verurteilung des Hauptexponenten dieser „Überzeugungsrichtung und Weltanschauung“, Dragnea, war „eine westeuropäische Verschwörung“ mit rumänischen Handlangern, „seine“ PSD entpuppte sich als „Partei der Feiglinge und Verräter“. Dragnea ist der Messias für alle seine treuen Anhänger geblieben, der „seinen Dornenweg“ ging und immer noch als Einziger zum „Retter Rumäniens“ berufen ist, der allen die Renten und Subventionierungen sichert, die Korruption toleriert, weil wesenseigen dem Volk, der Justiz und Ordnungsorgane am Gängelband führt.
So, „wie es sein muss“.