Eine Pandemie ist ernst und traurig und erschreckend. Andererseits kommt man ohne Humor (wie auch ohne Musik) nur schwer durch schwierige Zeiten. Für die, die nicht direkt betroffen sind, war ein bisschen Humor eine Möglichkeit eine schwierige, ja auch unverständliche, konfuse Zeit zu überbrücken. Auch der Kommunismus war ernst und traurig und erschreckend. Und wir haben trotzdem auch gescherzt. Die Witze von damals sind heute nicht mehr verständlich (witzig) für die Menschen, die die Zeiten nicht erlebt haben. In einigen Jahren werden auch die Witze während der Pandemie eher erklärungsbedürftig sein. Aber heute haben sie ihren Zweck erreicht, denn Lachen ist gesund und hilft über so manches hinweg. Vielleicht wird es aber auch in Zukunft noch interessant sein, zu sehen, zu welchen Themen man heute gelacht hat. Denn diese gehen meistens von dem heutigen Alltag und dem aus, was man in dem betreffenden Alltag als abstrus gesehen hat. So beschäftigt sich auch dieser Beitrag mit den Themen des Humors während der Pandemie, mit dem was man im Rumänischen „haz de necaz“ (Scherzen im Unglück) nennt. Also: Was hat uns zum Spaßen angeregt und worüber haben wir gelacht?
Ganz am Anfang haben wir über Hamsterkäufe gelacht. Die Hamsterkäufe anderer, aber auch unsere. Damals, Ende Februar, Anfang März, da war die Welt noch halb-heil, da dachten viele aber an die Möglichkeit, dass „es“ näherkommt, dass „es“ heranrückt und dass man vorbereitet sein muss. Darunter haben viele verstanden, dass man sich und seine Familie mit einem Ansammeln an Waren (vorwiegend Lebensmittel, aber auch Desinfektionsmittel oder Toilettenpapier) versorgen muss. Zuerst verschwanden aus den Supermärkten die Desinfektionsmittel, kleine Plastikflaschen mit Gels, schließlich auch der Spiritus. Dann begann bei uns das Mehl zu schwinden, in Deutschland schrieb die Presse über die Teigwaren, die gehamstert wurden. Dann erinnerte sich der rumänische Konsument an die Hefe, die man zum Brotbacken gewöhnlich braucht, die wurde dann auch alle. Und aus Australien kam der Schlachtruf: WC-Rollen! Also kamen die ersten Witze über Hamsterkäufe. Einer dieser Witze: Da sitzt ein allerliebstes, unschuldiges, aber ein bisschen schuldbewusst guckendes Baby mit recht viel Speckröllchen an Beinchen, Ärmchen und am Leibchen unter der Überschrift: „Me, after I eat all of my quarantine snacks in one night“. („Das bin ich, nachdem ich meine Quarantäne-Snacks innerhalb einer Nacht verputzt habe)“. Wer über sich selbst lachen kann, ist ein kluger Mensch. Und wir leiteten das Foto weiter, auf Facebook oder WhasApp.
Ebenfalls zu Hamsterkäufen ein Vorher-Nachher-Foto: Eine sexy Frau in roter Spitzennachtwäsche, die sich in einen Kühlschrank hineinlehnt. Und einen Monat später: Nur die Bekleidung ist vom ehemaligen Glanz und der ehemaligen Gloria geblieben, da ist jetzt im Foto rechts (oder nachher) igitt! recht viel Cellulitis auf den immer noch in hochstaksigen Pumps steckenden Beinen zu sehen! Unter der Collage, die sicherlich von einem besorgten Macho geschrieben ist: „11 marzo, 3 aprile“. Inzwischen ist mehr als ein Monat Isolation vergangen…
Hamsterkäufe, Händewaschen, so hat alles angefangen
Wir haben auch über das Händewaschen gelacht. Denn wir haben es als Kinder eingepaukt bekommen und nun kommen Persönlichkeiten aus aller Welt, um daran zu erinnern, woran man eigentlich nicht erinnert werden müsste. Oder? Also erinnern Sie sich noch an den Witz: „Acum ca toata lumea se spala pe manute, nu fiti timizi… hai si la subrat.“ („Also, wenn jeder jetzt jeder seine Hände wäscht, kommt, seid nicht schüchtern und wascht auch die Achseln“). Die Straßenbahnfahrer unter den Lesern werden dem Witzbold recht geben…
So zwischen Hamsterkäufen und der Sorge um Hygiene: Die WC-Papier-Krise. Zwar ist Covid19 nicht direkt mit diesem Aspekt verbunden, aber für viele war die Isolierung zu Hause gleichgesetzt mit dem Hilferuf nach Papier. So greifen in Videos auf YouTube die Witzbolde nach Alternativen zu den knapp gewordenen Rollen. Und da waren dem Vorstellungsvermögen keine Grenzen gesetzt. Sogar ein kuschelig-wuscheliges Kätzchen musste sich aus dem Staub machen und sich in Sicherheit bringen, als Herrchen (auf dem Thron) nach ihm greifen wollte, die Rolle war nämlich alle.
Wir haben auch über unsere Isolierung gelacht, die für manche Langeweile, Ratlosigkeit, oder gar Verzweiflung bedeutete. Da kursierte zum Beispiel ein Video mit den ersten 27 Quarantäne-Tagen (leider hat mich eine Folge nicht erreicht, nur zu gern hätte ich gewusst, wie die Geschichte weitergeht). So fängt die Quarantäne-Collage mit „Day 1“ an, an dem sich Sponge Bob und Patrick – Zeichentrickfilmliebhaber kennen diese Namen – über die Möglichkeiten, die Zeit zu vertreiben austauschen: „Was willst du heute machen?“ „Ich weiß nicht. Was willst du heute machen?“ Sie spricht weiterhin von den kuriosesten Ideen, um die Outdoor-Hobbies an die Indoor-Situation anzupassen (Skilaufen oder Windsurfing auf der Couch), dem manchmal chaotischen Leben mit Kindern in Isolierung und mehrfachen Nervenzusammenbrüchen: Es geht um Väter, die aus dem Haus wollen und lieber zu Hause bleiben sollten (wegen des Alters) oder um New Yorker, die es den Italienern ähnlich machen wollen und sich aus dem Fenster lehnen, um zu singen, aber von Nachbarn gerügt werden oder um von Mehl bedeckten Kindern (Mehl war die Nummer Eins der Hamsterkäufe) oder Kinder, die von Möbelstücken runterhopsen, um Ehepaarstreite, keifende Männer – greinende Frauen oder tapsige Männer – wütende Frauen, die zurückschlagen, von müden Eltern, von Menschen, die (mit sich selbst) vor dem Spiegel tanzen.
Von Kindern, Lehrern und Eltern im Homeoffice
Die Szenen mit Kindern wiederholen sich oft in den Corona-Witzen. Erinnern Sie sich an den Winzling, den man ruft, um seinen Onkel zu sehen und schnell kehrt macht, als er hört, dieser käme aus China? Oder an die Kinder-Szenen mit Online-Unterricht, als ein niedlicher Junge müde-erbost und höchst ernst betont: „Was will sie schon wieder? Nicht schon wieder!“ Sie, das ist „Frau“, Frau Lehrerin also. Viele der Witze mit Kindern haben das Thema Homeoffice und wie Eltern Arbeit und Kinder unter einem Dach unter einen Hut bringen oder zu bringen versuchen.
Auch die Lehrer sind nicht davongekommen: Da sitzt eine ergraute, entkräftete und ins Leere guckende abgemagerte Frau vor einem Laptop, rundherum Blätter, Bücher und eine riesige Kanne deren Inhalt klar für jeden ist (Es kann nur Kaffee sein!) Die Überschrift lautet: „They said it would be easy! („Sie haben gesagt, dass es einfach sein wird!“)
An Ostern gab es Schokohasen mit Mundschutz, ein von einem Osterei mit Mundschutz verscheuchtes Coronavirus und vor Ostern einen italienischen Politiker der streng dekretierte: „Si sospende la settimana santa, uscirà solo Pilato, perché è lʼunico che si è lavato le mani“. (Die Karwoche wird eingestellt, nur Pilates kann aus dem Haus, weil er der Einzige ist, der sich die Hände gewaschen hat“).
Musik und Märchen - parodiert
Nicht zuletzt sollten hier die musikalischen Parodien oder die abgeänderten Märchen, die mit neuen Motiven erzählt werden und die so einem Witzbold auf YouTube Zugriffe gebracht haben. Hier einige musikalische Beispiele: „I will survive (Coronavirus version for teachers going online)“ https://www.youtube.com/watch?v=CCe5PaeAeew, wo sich ein Professor selbst zu den Glückspilzen zählt, die ihren Arbeitsplatz nicht verloren haben. Es hat 2,1 Millionen Zugriffe auf das Video auf YouTube gegeben. Raúl Irabiéns Publikum war sogar größer: 2,5 Millionen für „Bohemian Rhapsody“ in der Corona-Version, wo er sich über unsere Ängste („Ist es ein Husten oder doch nur eine Allergie?“) und unserem obsessiven Händewaschen („Wasch deine Hände schnell!“) lustig macht und es zum Totschlag kommt: „Mama, ich bin nicht im Bett geblieben. Ich bin an einem Mann vorbeigelaufen. Nun ist er tot. Mamaaa Ohhh“. https://www.youtube.com/watch?v=9Eo9M4-BrJA Oder Chris Mann, der Adeles Hit „Hello“ diesmal als „Hello (from the Inside)” uminterpretiert und 12,5 Millionen Zugriffe (ja, richtig, zwölf, Komma fünf Millionen) landet: https://www.youtube.com/watch?v=M5azNpTwVk8 Er ist in Isolierung in Kalifornien und wünscht sich nur einen Burger (mit Cheese), drückt sein Gesicht gegen die Fensterscheibe und „freakt out“: „Itʼs just me myself and I“ („Ich bin es ganz allein“). Oder „The Kiffness‟ mit „Yesterday (Lockdown Acapella Version)‟: „Yesterday, Covide 19 seemed so far away… https://www.youtube.com/watch?v=RoQJerrMcwA. Oder „U can’t touch this Covid 19 Edition made entirely with healthcare products” (https://www.youtube.com/watch?v=cbe_aoaw0y4 Ein Hit mit 9, 5 Millionen Zugriffen wurde „Do re mi“ aus dem Filmklassiker „The Sound of Music“ („Meine Lieder – meine Träume“), selbstverständlich adaptiert: https://www.youtube.com/watch?v=MMBh-eo3tvE. Nicht nur die Trapp-Kinder lassen sich gern von Maria beraten.
Oder Märchen, die man umgedichtet hat mit einem Schuss derben Humor: „Die Geiß mit den drei Geißlein“ (es ist die rumänische Variante des Märchens, die parodiert wird) https://www.youtube.com/watch?v=pqSjQsNJFGk. Fazit: #stai in vizuină (#bleib im Bau) oder „Schneewittchen“ https://www.youtube.com/watch?v=01hGv9RL450.
Und schließlich sind die Witze der Pandemie immer online, sie erreichen uns immer übers Internet. Deshalb erwähnen wir – zum Schluss, aber nicht zuletzt – den PC-Mann, der vor dem PC einkauft, Filme schaut, Emails liest, arbeitet, sich mit anderen Menschen trifft, entspannt, chattet, seine Rechnungen bezahlt und und und. Der passende Titel dazu: „Embrace the future!“ („Heiß die Zukunft willkommen!“) Das tun wir auch!