Craiova/Bukarest (ADZ) – Rumäniens Richterstand will sich nicht länger vom Verfassungsgericht (VG) gängeln lassen, dem Verfassungsrechtler schon seit geraumer Zeit vorwerfen, wiederholt „ultra vires“, jenseits seiner Befugnisse, geurteilt zu haben: So hat das Berufungsgericht Craiova dieser Tage den Gerichtshof der EU (EuGH) wegen des jüngsten VG-Urteils in der Causa der strittigen Sonderermittlungsbehörde für Justizstrafsachen (SIIJ) angerufen, nachdem die Mehrheit der Verfassungshüter diese für durchaus verfassungskonform befunden hatte. Das Urteil der rumänischen Verfassungsrichter steht in eklatantem Widerspruch zu jenem des EuGH, der Mitte Mai just das Gegenteil befunden hatte.
Die Verfassungsrichter hatten zudem einen Beschluss verabschiedet, der den rumänischen Gerichten einen Anwendungsvorrang der EuGH-Urteile gegenüber den Urteilen des eigenen Verfassungsgerichts untersagt. Rumänische Gerichte dürften das EuGH-Urteil vom 18. Mai nicht „zum Nachteil“ der Urteile der eigenen Höchstinstanz anwenden, so das VG, das damit ein rechtskräftiges Urteil des Berufungsgerichts Pitești in puncto SIIJ für ungültig erklärte.
Die Craiovaer Berufungsinstanz rief den EuGH nun mit etlichen Fragen bezüglich der Eigenständigkeit der Richter sowie des Anwendungsvorrangs von EuGH-Urteilen an; konkret beantragten die Craiovaer Richter die Annullierung des hochumstrittenen Urteils des rumänischen Verfassungsgerichts zur SIIJ – ein präzedenzloses Vorgehen in der Geschichte der rumänischen Justiz. Zudem rief das Appellationsgericht Craiova den EuGH auch wegen des inzwischen von der Justizinspektion eingeleiteten Disziplinarverfahrens gegen den Piteștier Berufungsrichter an, der die SIIJ de facto mit seinem Urteil aufgelöst hatte.