„Bewahre sie in Deinem Namen“

ADZ-Gespräch mit dem römisch-katholischen Bischof von Temeswar, Josef Csaba Pál

Foto: Bistum Temeswar

„Als ich nach Reschitza gekommen bin, habe ich zuerst den Rauch gesehen. Ich habe allen erzählt, wie schön die Gegend um Reschitza ist, aber über die Stadt selbst habe ich am Anfang kein Wort gesagt”, erinnert sich lächelnd Bischof Josef Csaba Pál. Es hat nur wenige Wochen gedauert, bis er die Menschen aus Reschitza kennengelernt und sie in sein Herz geschlossen hat. „Ich bin den Reschitzaern sehr, sehr dankbar“, sagt der ernannte Bischof, der Pfarrer der Maria-Schnee-Pfarrei und Erzdechant des Banater Berglands gewesen ist. Josef Csaba Pal stammt aus Șoimeni-Ciuc, Kreis Harghita. Nach Abschluss des Priesterseminars in Karlsburg/Alba Iulia war er zunächst als Kaplan im siebenbürgischen Neumarkt/Târgu Mureș tätig, bis es ihn ins Banat und anschließend ins Banater Bergland verschlug. ADZ-Redakteurin Raluca N e l e p c u traf Bischof Josef im Bischöflichen Ordinariat in Temeswar/Timișoara und führte mit ihm folgendes Gespräch.

 

Am 6. August ist es soweit: Die Diözese Temeswar bekommt offiziell einen neuen Bischof geweiht. Mit welchen Gefühlen treten Sie dieses neue Amt an?


Am Anfang war ich überrascht, aber langsam, langsam habe ich mich an den Gedanken gewöhnt. In meinem Leben hatte ich immer die größte Freude, wenn ich den Willen Gottes tun konnte. Dass ich Bischof wurde, ist auch der Wille Gottes. Der liebe Gott verlangt also etwas von mir und es ist schön, mich darüber zu freuen. Das ist auch meine Hoffnung für die Zukunft. Nicht ich habe das für mich erwählt, sondern Er will von mir, von uns, dass wir diesen Weg gehen. Ich habe ein Wort, welches ich in diesem Monat leben möchte: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich kräftig“, sagt der Heilige Paulus. In dieser Hinsicht denke ich, dass, wenn ich nur Vertrauen in mich selbst habe, es zu wenig ist. Aber an die Kraft Gottes zu vertrauen, das gibt Hoffnung.

 

Ihre berufliche Laufbahn als Priester begann in Neumarkt, es folgten Bakowa, Busiasch, Nitzkydorf und schließlich die Maria-Schnee-Pfarrei in Reschitza, wo Sie mehr als 30 Jahre lang tätig waren. Was haben Sie in all diesen Jahren und an all diesen Stationen Ihres Lebens gelernt bzw. was bringen Sie mit in Ihr neues Amt?


Als ganz junger Priester, als Kaplan, war ich in Neumarkt tätig. Ich hatte einen sehr guten Pfarrer dort, von dem ich sehr viel gelernt habe. Einfach für die Gläubigen zu leben, für die Menschen da zu sein. Er tat das so, er hatte wenig Zeit für sich selbst. Das habe ich auch ins Banat mitgenommen. Bakowa, Busiasch, Nitzkydorf - ich habe diese drei Pfarreien bekommen. Nitzkydorf war auch das Heimatdorf des damaligen Ordinarius und späteren Bischofs Kräuter. Dort habe ich bemerkt, dass die Leute Gott brauchen. Ich war ganz jung und unerfahren, doch diese Menschen haben mich geliebt, weil ich ihnen den lieben Gott geschenkt habe. Sie sagten: „Herr Pfarrer, Sie kümmern sich nicht um Unterhaltung, aber Sie können beten und das ist gut für uns”. Es war sehr, sehr schön dort. Nach zwei Jahren bin ich weinend nach Reschitza gegangen. In Reschitza habe ich bemerkt, dass mein Vorgänger, Paul Lackner, sehr viel gearbeitet hat. Auch er war ungefähr 40 Jahre lang in Reschitza tätig. Viele Reschitzaer haben geweint, als ihr Pfarrer gestorben ist, andere haben sich dann gefreut, dass ich gekommen bin. Und ich habe dabei gedacht: „In meinem Herzen sollen alle einen Platz haben”. So habe ich dort angefangen. Damals war es ganz anders in Reschitza. Die Kirche war mindestens fünf Mal jeden Sonntag voll. Wir hatten jeden Sonntag drei deutsche Messen, dazu eine ungarische, eine rumänische und am Abend eine dreisprachige. Der liebe Gott hat mich geleitet, denn ich habe nicht gewusst, was auf mich zukommen wird. Einmal ist ein Mann zu mir gekommen, der über seine seelischen, religiösen Probleme sprechen wollte. Am Ende habe ich gesagt, dass ich keine Zeit mehr habe, aber er möge nochmal kommen, am nächsten Sonntag. Er fragte: „Kann ich auch meine Frau mitbringen?” „Ja, sicher”. Und sie sind gekommen und haben auch ihre Freunde mitgebracht. So hat sich ein Familienkreis gebildet - jeden Sonntag hatten wir ein Treffen, zu dem viele Familien kamen. Ich habe bemerkt, dass es wichtig ist, dass die Menschen nicht nur die Predigt hören, wo sie voneinander nur den Rücken in der Kirche sehen, sondern auch, dass sie sich mit der Lehre Christi und mit dem Evangelium konfrontieren. So hat sich in Reschitza eine schöne Gruppe gebildet. Doch in zwei Jahren sind all diese Leute nach Deutschland ausgewandert. Anfang der 90er Jahre sind 80 Prozent des Kirchenrats und der Jugendgruppe ausgereist, und dann bin ich wieder mit leeren Händen geblieben. Ich habe erfahren, dass ich eigentlich für den Export gearbeitet habe. Es war aber auch noch eine spirituelle Frage in mir: „Habe ich für Erfolg gearbeitet oder für Gott?“ Wenn ich für Gott gearbeitet habe, dann ist es gut; denn diese Menschen werden diesen Glauben auch dorthin bringen, wohin sie gehen. Zwei von ihnen sind ständige Diakone geworden – sie kommen auch zur Bischofsweihe. Viele von ihnen sind tiefgläubig geblieben, und das bereitet mir Freude. Mit denen, die hiergeblieben sind, haben wir zu arbeiten begonnen. Der liebe Gott hat einen Schatz in den Menschen geschaffen, und dieser Schatz ist sehr, sehr wertvoll. Wir können den Menschen helfen, dass sie diesen Schatz selbst entdecken und zusammenarbeiten. Die Gemeinde aus Reschitza ist gewachsen. Mit diesem Geist bin ich zum orthodoxen und zum reformierten Pfarrer gegangen, und es hat sich eine Freundschaft, eine Brüderlichkeit unter uns gebildet. Das haben auch die Gläubigen sehr gut angenommen.

 

Stichwort „Ökumene”. Vor allem zur Zeit des ehemaligen orthodoxen Metropoliten Nicolae Corneanu war „Ökumene” im Banat ein beliebtes Thema. Wie ist es heute darum bestellt? Was planen Sie zur Stärkung der Ökumene im Banat?


Wir sollen einander zu allererst respektieren. Jeden Menschen. Wenn die Menschen anders sind, dann ist das eine noch größere Aufgabe. Jetzt muss der Glaube helfen, denn, wo wir gleichen Sinnes sind, ist es leicht, einander zu lieben. Man kann so etwas nicht allein planen, die anderen müssen auch mitmachen wollen und gemeinsam kleinere oder größere Schritte tun. Ich denke immer so: Eine Mutter freut sich sehr, wenn ihre Kinder einander verstehen, einander lieben und einander helfen. So ist auch der himmlische Vater: Er freut sich, wenn wir einander lieben, wenn wir einander helfen, wenn wir wirklich in Geschwisterlichkeit leben. Mein Herz ist offen und ich möchte dafür arbeiten, aber ich will mir keine großen Pläne machen.

 

Sie waren sehr viele Jahre Seelsorger in Reschitza. Als Bischof hat man aber viele andere Aufgaben, man steht mehr in der Öffentlichkeit und nicht so viel unter den Gläubigen. Wie schwer wird es Ihnen fallen, vom Seelsorger zum Bischof zu wechseln?


”Ich habe eine große Freude. Es gibt kein zweifaches Evangelium, ein Evangelium für Priester und eines für die Bischöfe (lacht). Ich werde also dasselbe Evangelium leben. Auch als Bischof treffe ich Menschen, und mit diesen Menschen möchte ich im Geist des Evangeliums leben. Es stimmt: Ich werde auch eine andere Arbeit verrichten. Als ich nun am 16. Mai ernannt wurde, habe ich gedacht: „Lieber Gott, so vieles wird sich in meinem Leben ändern”. Aber danach habe ich überlegt: Das Wichtigste wird sich doch nicht ändern, nämlich, dass Gott mich liebt, dass er bei uns ist und ich seinen Willen tun möchte. Wenn es so ist, dann möchte ich schauen, was er von mir verlangt, auch in der Zukunft als Bischof. Ich will für die Menschen leben, und wo wir können, sollen wir einander helfen und versuchen, miteinander zu arbeiten.

Ihr Vorgänger, Bischof Martin Roos, hatte zu Beginn seiner Amtszeit die Stärkung der Beziehungen zwischen den drei Schwesterdiözesen Temeswar, Großbetschkerek/Zrenjanin und Segedin/Szeged als Ziel angegeben. Wie stehen diese Beziehungen heute bzw. was haben Sie in dieser Richtung vor?


Als Priester und als Domherr haben wir alles mit Bischof Martin Roos miterlebt. Wir haben uns sehr gefreut über die Freundschaft dieser Schwesterdiözesen, die einst eine einzige Diözese waren. Diese Geschwisterlichkeit kann man nicht abschaffen - wir möchten sie natürlich weiterhin pflegen. Ich war vor Kurzem in Zrenjanin, wir haben das zehnjährige Bischofsjubiläum des dortigen Bischofs zusammen gefeiert. Ich möchte diese Geschwisterlichkeit weiterpflegen, denn sie liegt auch mir am Herzen.

 

Welche sind Ihre Ziele als Bischof von Temeswar?


Als Bischofsmotto habe ich erwählt: „Bewahre sie in Deinem Namen”. Eine Aussage aus dem Johannesevangelium. Jesus denkt nicht an sich selbst. „Bewahre sie”, sagt er – also die Menschen, die zu ihm gehören. Er will das nicht allein tun. Er könnte auch selbst diese Leute „bewahren“, aber er hat das dem Vater anvertraut. Jesus ist auf die Erde gekommen, um das Leben der Dreifaltigkeit auf die Erde zu bringen. In dieser Hinsicht möchte ich in jeder einfachen menschlichen Beziehung diesem Muster folgen. Auch auf meinem Bischofswappen steht die Dreifaltigkeit. Wir haben immer gesehen, dass die Dreifaltigkeit das Abbild für jede Gemeinde, Diözese, ja auch für eine Familie ist. Es geht um die Einheit in der Vielfalt. In unserer Diözese Temeswar wird diese Vielfalt noch mehr betont, denn es gibt viele verschiedene Kulturen und Sprachen. Diese Vielfalt bedeutet, dass wir nicht alle gleich sind. Der andere darf anders sein. In dieser Hinsicht müssen wir schauen, was wir tun können. Nicht nur mit den vier Sprachen, sondern auch wir Menschen. Wenn wir keine Liebe haben, dann stört es uns, dass wir verschieden sind. Aber wenn wir die Liebe haben, dann bereichert uns das. Ich möchte den Mitmenschen, Priestern und Ordensleuten helfen, immer wieder zu entdecken, wie wir nach diesem Geist leben könnten.

 

Am 5. August zelebrieren Sie in der Maria-Schnee-Pfarrei in Reschitza Ihre Abschiedsmesse, am 6. August findet in der Sankt-Georgs-Kathedrale in Temeswar die Bischofsweihe statt. Wie sieht das Programm an diesen Tagen aus?


Am 5. August ist das Fest Mariä Schnee, und unsere Kirche feiert ihr Kirchweihfest. Ich möchte dort noch dabei sein. Um 11 Uhr feiern wir eine dreisprachige Heilige Messe in Reschitza und das wird auch meine Abschiedsmesse sein. Ich habe mitbekommen, dass Menschen aus meinen ehemaligen Pfarreien kommen werden, aus Nitzkydorf zum Beispiel. Ich möchte einfach den Reschitzaern danken, dass sie mir geholfen haben, als Priester zu leben. Sie haben von mir seelische, priesterliche Sachen erwartet, und das ist dankenswert. Die Reschitzaer waren gut zu mir und ich hatte und habe gute Mitarbeiter unter ihnen gefunden.


Am 6. August findet in Temeswar die Bischofsweihe statt. Um 10 Uhr beginnt das Fest – es ist eine dreisprachige Liturgie. Es kommen über 30 Bischöfe, mehr als 150 Priester und zahlreiche Gläubige. Der apostolische Nuntius wird die päpstliche Ernennungsurkunde in lateinischer Sprache vorlesen. Es ist eine schöne Zeremonie. Ich hoffe, dass es auch eine große Gnade sein wird, alles miteinander zu erleben. Wo viele Menschen sind, die beten, ist auch der Glaube stärker, die Herzen sind offen und wir können die Gnade Gottes aufnehmen. Es kommen auch Menschen aus meinem Heimatdorf, meine Verwandten und Klassenkollegen vom Karlsburger Priesterseminar. Wir waren 30 in einem Jahrgang, die Priester geworden sind, und wir haben jedes Jahr ein Klassentreffen – dafür kommen nun meine ehemaligen Kollegen zur Bischofsweihe. Sie bleiben auch am nächsten Tag, dem 7. August, wo in Maria Radna um 11 Uhr eine Dankesmesse zelebriert wird.