Bukarest (ADZ) - PSD-Chef Liviu Dragnea kann in seinem zweiten Prozess vorerst aufatmen: Das Oberste Gericht vertagte am Montag die anstehenden Schlussplädoyers und damit den Schlussstrich im Berufungsverfahren auf den 20. Mai, nachdem die Anklage bzw. Antikorruptionsbehörde DNA sich völlig überraschend auf zwei Verfassungswidrigkeiten berief und vor Gericht eine entsprechende Beschwerde beim Verfassungsgericht beantragte.
Erstinstanzlich war Dragnea letzten Juni bekanntlich wegen Anstiftung zu Amtsmissbrauch zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Dem wegen Wahlmanipulation bereits vorbestraften Politiker hatte die DNA zur Last gelegt, zwischen 2006 und 2013 als damaliger Kreisratschef von Teleorman zwei Mitarbeiterinnen seines regionalen PSD-Verbands fiktiv beim lokalen Kinderschutz beschäftigt zu haben. Auf diese Weise sparte Dragneas PSD-Verband Löhne und Lohnabgaben, der prekäre Etat des Kinderschutzes Teleorman wurde indes um mehr als 100.000 Lei geschädigt.
Dragnea selbst beteuerte am Montag vor dem fünfköpfigen Spruchkörper des Obersten Gerichts abermals seine Unschuld, das Korruptionsverfahren gegen ihn sei „politisch gesteuert“, so der PSD-Chef. Die Zeugen der Anklage, nämlich die frühere Leiterin und weitere Angestellte des Kinderschutzes Teleorman, erhielten ihre belastenden Aussagen indes aufrecht.
Bei Rechtsexperten sorgte sowohl der DNA-Antrag auf Verfassungsbeschwerde als auch der vom Spruchkörper eingeräumte großzügige Aufschub angesichts der drohenden Verjährung der Straftaten gleichermaßen für Kopfschütteln: Ein „ängstlicher Richter“ sei „schlimmer als ein korrupter Richter“, derlei Vorgehen würden die gesamte Justiz disqualifizieren, sagte der frühere Präsident des Verfassungsgerichts, Augustin Zegrean.