Siebenbürgischer Erfindergeist

Wilhelm Folberth erfand automatischen Scheibenwischer

Wilhelm Folberth mit seiner Familie (1927)

Auf den ersten Blick ist es nur einer der Autoausstattungen, denen man nicht die größte Bedeutung als Komponente zollt u.zw. der Scheibenwischer. Doch ist dieser ausschlaggebend für die Sicherheit der Insassen und des gesamten Straßenverkehres. Dass dieser aber auf eine Erfindung eines Siebenbürger Sachsen zurückgeht, wissen vielleicht einige eingeweihte Autofahrer als Kenner der Geschichte, doch sicher nicht viele. Heuer erfüllen sich am 21. Juli 50 Jahre seit dem Tod des Erfinders des ersten automatischen Scheibenwischers Wilhelm Folberth, der am 24. September 1884 in Mediasch geboren wurde und 1967 in Lokewodd, Ohio, in den USA, starb.

Bekanntlich waren die Vereinigten Staaten von Amerika, Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ein großer Anziehungspunkt für Zuwanderer aus der ganzen Welt geworden. Man schätzt, dass 22 Millionen Menschen einreisten, um sich ein neues Leben dort aufzubauen, und hofften da einen hohen Wohlstand zu erreichen, eine Zukunft ihren Familien zu sichern. Zu diesen zählten auch tausende Siebenbürger Sachsen, Rumänen besonderes aus einigen Gebieten wie Fogarasch, das auch heute noch im Volksmund als Klein-Amerika bezeichnet wird.

Wilhelm Folberth war von vier Geschwistern das dritte Kind des Mediascher Weißbäckers Karl Folberth und seiner Gattin Maria geborene Knopp. Er erlernte das Schlosserhandwerk bei seinem Vetter Adolf Haltrich, der eine diesbezügliche Werkstatt führte und ein bekannter Handwerker in der Stadt an der Kokel war. Haltrich war übrigens auch ein großer Sportfreund und gründete den Radsportverein von Mediasch. Der Traum vom Eldorado jenseits des Ozeans war auch in der Familie Folberth ausgebrochen. 1902 war sein älterer Bruder Friedrich über See gereist und fand ein neues Zuhause in Cleveland. Nur zwei Jahre vergingen, bis Wilhelm seinem Bruder nach Amerika folgte.

Dank auch ihrer fachlichen Kenntnisse, die sie in der Heimat erworben hatten, fanden sie eine Anstellung beim Autohersteller Oldsmobile. Sie suchten nach ihrer Selbstständigkeit, gründeten bald ihre eigene Werkstatt und gaben ihrer Firma auch einen anziehenden Namen: „The Folberth Auto Speciality CO“. Die Tüftler gingen ihrem Traum nach und konnten in den Jahren 1904/1905 ihr erstes selbst gebautes Automobil vorweisen. Dieses war mit einem Einzylinder Motor ausgestattet, und war der Stolz der beiden Brüder. Wilhelm, der nun William geworden war, widmete sich vor allem der Technik in ihrem Unternehmen, Friedrich, nun Fred, konzentrierte sich auf den finanziellen Teil. Wilhelm, der sich keine Ruhe gab wegen der Schwierigkeit mit einem von Hand betriebenen Scheibenwischer, erfand 1919 den automatisch angetriebenen, der zu einem großen Erfolg führte. Der von ihm erfundenen automatische Scheibenwischer wurde von den Auspuffgasen angetrieben und baute auf das Vakuumprinzip.

Die Rechte sicherte sich der Erfinder durch 95 Einzelpatente. Die Nachfrage war gleich so groß, dass sie täglich 5000 Scheibenwischer herstellten und den Bestellungen kaum gerecht werden konnten. Auch ohne viel Werbung die sie machten – das Universal-Modell kostete 7 Dollar, das Junior-Modell 5 Dollar –, waren in wenigen Jahren über eine Million Autos mit dem automatischen Scheibenwischer ausgestattet worden. 1925 verkauften sie die Fertigungsanlage und die Patente an die Firma „Trico“ für eine Million Dollar. William, der auch ein vielseitiger Sportler war, verzeichnete eine neue Erfindung in einem ganz anderen Bereich, und zwar immer neuere Varianten von Bogen zum Bogenschießen. Er heiratete Nettie Geist und gemeinsam hatten sie drei Kinder. Fred blieb unverheiratet in Amerika.

Trotz Reichtum blieben die beiden Brüder Folberth bescheiden und auch sehr großzügig. Sie hielten weiterhin die Bindungen zu ihrer Heimat aufrecht und kamen auch gelegentlich zu Besuch.

Im städtischen Museum von Mediasch werden diese als besondere Persönlichkeiten geehrt. Auch sind Fotos ihrer Familien, Urkunden, sowie ein Originalscheibenwischer, der in ihrer Firma in den USA erzeugt wurde, zu sehen. Vor fünf Jahren wurden von der Heimatortsgemeinschaft Mediasch in der Honterus-Straße, ehemalige Steingasse, zwei Gedenktafeln an den Geburtshäusern von Fred und William Folbert, bzw. von Adolf Haltrich, ihrem Lehrmeister und Fahrradklubbegründer enthüllt.

Fred und William Folberth sind mit über hundert Erfindungen, die patrentiert wurden, in die Geschichte des Automobilbaus eingegangen. Sie ergänzen somit die Reihe der namhaften Siebenbürger Sachsen wie Conrad Haas oder Hermann Oberth, die in die Weltgeschichte der Technik eingegangen sind.