1916, die Schlacht von Verdun: Der deutsche Angriff auf die französische Festung gilt als der Tiefpunkt des Ersten Weltkriegs. 40 Millionen Granaten werden in zehn Monaten verschossen. Die Zustände auf dem Schlachtfeld waren dramatisch. Die Soldaten lagen oft tagelang in den Schützengräben. Unge-fähr 2,5 Millionen Männer gingen durch diese Hölle. Rund 700.000 Menschen starben: Schätzungen bemessen die deutschen Verluste auf 338.000, die der Franzosen auf mehr als 364.000 Tote. Der Gewinn: ein unbedeutendes Stückchen Land...
Niemand kann sich Krieg und schon gar nicht den Ersten Weltkrieg vorstellen. So geht es auch der 14-jährigen Pauline. Der Zweite Weltkrieg wird in der Schule ja noch ausführlich durchgekaut, doch was vorher war? Zahlen und Daten zum Auswendiglernen, höchstens. Dies ändert sich für Pauline Lichtenberg, als ein Brief aus dem Jahr 1916, an sie addressiert, von der Front aus Verdun eintrifft - eine Feldpost mit 96 Jahren Verspätung! Wie kann das sein?
Die Presse filmt das Ereignis. Pauline erscheint in der Zeitung. Klar, dass der Brief nicht ihr persönlich gilt, sondern einer anderen Pauline: ihrer Urgroßmutter. Der Absender: ein Wilhelm, der seiner Pauline ewige Liebe schwört. Ob er aus dieser Hölle lebend rauskommt, weiß er nicht... „Das Sterben geht weiter, kein Ende in Sicht“, schreibt er mutlos. Und: „wenn ich es schaffe, unversehrt aus diesem sinnlosen Krieg zurückzukommen, dann nur wegen Dir“. Pauline ist seine Hoffnung.
Pauline will es nun wissen: Wer ist dieser Wilhelm? Gab es ein Happy End für diese junge Liebe? Und was hatte es auf sich mit dieser Schlacht in Verdun? Wie gut, dass ihre Großmutter nicht weit entfernt im Altersheim wohnt. Oma Lieschen hat sogar noch eine Schachtel mit alten Fotos und Briefen. Aber auch an so manche Geschichte, die ihr ihre Mutter erzählte, kann sie sich noch erinnern: Pauline.
Wie war das damals mit der Liebe? Ganz anders als heute, muss die junge Pauline bald erkennen. Denn ihre Namenvetterin hat ihren Angebeteten nur als Besucherin in einem seiner Cello-Konzerte kennengelernt, beide waren noch Schüler, und kaum ein Wort mit ihm gewechselt. Angeschmachtet haben sie sich, ja! Doch schüchtern bis in die Haarspitzen war ihr Wilhelm! Trotzdem haben sie sich beide auf den ersten Blick verliebt. Ausgerechnet das Kriegsgeschehen macht den verstockten Backfischen dann endlich Beine: die ganze Klasse von Wilhelm meldete sich freiwillig geschlossen für die Front! Wilhelm nimmt seinen ganzen Mut zusammen und bittet Pauline um ein Treffen am Bahnhof. Pauline übernimmt das Reden, als sie sich zum Abschied im Gewühl für ein paar Minuten sehen. Schließlich ringt sich Wilhelm eine Frage ab: Wirst du auf mich warten?
So beginnt, was eigentlich noch gar nicht richtig begonnen hat. Briefe hin – Briefe her, viele gehen verloren. Pauline zittert, kontrolliert die Listen der Gefallenen, ihr Wilhelm ist wieder nicht dabei. Ein gutes Zeichen?
Pauline, die Lesende, die Zuhörende, kann sich gut einfühlen, ist sie doch selbst gerade bis über beide Ohren verliebt, nur dass es heute ein Handy, Facebook und Nachrichten rund um die Uhr gibt. Das hilft freilich wenig, wenn gerade Funkstille herrscht, weil man sich verkracht hat... Solche Mätzchen konnten sich die andere Pauline und ihr Wilhelm mitten im Kriegsgeschehen gar nicht leisten!
Atemlos liest Pauline die alten Briefe von Wilhelm an seine große Liebe. Den Rest erzählt Oma Lieschen, so dass Pauline eine ganze Menge über den Ersten Weltkrieg erfährt, doch ganz anders als aus der Schule. Hautnah fühlt sie jetzt mit. Die Orte, die Jahreszahlen, die Schlachten – sie haben auf einmal Gesichter und Namen. Die Lektion hinter der Lektüre? Wir alle haben so eine Pauline, so einen Wilhelm in der Familie, nur dass sie anders heißen: unsere Urgroßeltern. Und es lohnt sich, ihre Geschichten zu erfahren – unsere Geschichte, hautnah.