Den Geist von Josef Brandeisz wieder aufleben lassen

Erster Internationaler Violinwettbewerb ging in Temeswar über die Bühne

Sie sind jung, talentiert und zielstrebig: Ştefan Şimonca-Opriţa, Ioana Maria Tudor und Anna Maria Cristina Popan bestritten das Galakonzert des Ersten Internationalen Brandeisz-Violinwettbewerbs in Temeswar.

Der DFDB-Vorsitzende Johann Fernbach gratulierte den Gewinnern des Brandeisz-Wettbewerbs.
Fotos: Zoltán Pázmány

Gestreiftes weiß-blaues Kleid, elegante Absatzschuhe, das Haar zu einem Knoten hochgebunden: Wenn Anna Maria Cristina Popan im Konzertsaal der Ion-Vidu-Musikschule auftritt, wirkt sie selbstsicher und seriös. Die 14-jährige Musikerin lässt den Bogen langsam über die Violine gleiten, um dann wieder schnell damit über die Saiten zu streichen. Sie spielt heute den ersten Teil des dritten Konzerts von Camille Saint-Saëns. Seit acht Jahren widmet sich die talentierte Musikerin ihrem Lieblingsinstrument, der Violine. Anna Maria Cristina Popan, die Schülerin von Dozent Dr. Johann Fernbach, hat an diesem Abend ein ansteckendes Lächeln. Sie ist besonders glücklich, denn sie gehört zu den Gewinnern des Ersten Internationalen Josef-Brandeisz-Violinwettbewerbs in Temeswar – ein Ereignis, das 20 junge Violinspielerinnen und -spieler aus Rumänien und dem Ausland in die Hauptstadt des Banats lockte. Genau dahin, wo der einstige Lehrer, Solist und Musikwissenschaftler Prof. Josef Brandeisz (1896-1978) gelebt und gewirkt hat.

Josef Brandeisz, der das Temeswarer Musikleben des 20. Jahrhunderts in einer besonderen Weise geprägt hat, ist in den vergangenen Jahren zwar etwas in Vergessenheit geraten, doch das ist seit Kurzem nicht mehr der Fall: Der Erste Internationale Violinwettbewerb, der seinen Namen trägt, wurde durch das Wirken des Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat (DFDB), Johann Fernbach, Wirklichkeit. Ziel ist es, junge Musiker aus dem In- und Ausland zusammenzubringen und zu fördern. So, wie es sich Professor Brandeisz sicherlich gewünscht hätte. Feierlich eröffnet wurde das Ereignis im Karl-Singer-Festsaal des Adam-Müller-Guttenbrunn-Hauses. Davor hatte der Organist und Musikwissenschaftler Dr. Franz Metz sein Buch „Josef Brandeisz und das Temeswarer Musikleben“ vorgestellt. Junge Musiker, aber auch erfahrene Künstler und Dirigenten, der Vizekonsul der Bundesrepublik Deutschland und seine Gattin – alle durften mehr über das Leben und Wirken des ehemaligen Musiklehrers, Violinisten und Musikwissenschaftlers Josef Brandeisz erfahren. Auf einem Tisch vor dem Publikum ist seine ehemalige Violine ausgestellt. Ein wertvolles Exponat, auf dem schon seit Jahren der Dozent für Violine und Kammermusik Dr. Johann Fernbach spielt. Kurz nach dem Tod seines Professors hat Johann Fernbach dessen Violine gekauft. „Es ist schon mehr als 35 Jahre her, seitdem ich sie mit großer Freude spiele“, sagt der Dozent und ehemalige Konzertmeister der Temeswarer Philharmonie.

Josef Brandeisz hat über 900 Schüler gehabt. Diese Schüler sind mittlerweile bekannte Künstler in der ganzen Welt geworden. „Der bekannteste seiner Schüler ist Gabriel Hirsch Banat, Konzertmeister der New Yorker Philharmoniker in der Zeit, in der Leonard Bernstein Intendant und Dirigent war“, sagt Johann Fernbach. Aus diesem Grund wurde der gebürtige Temeswarer Musiker Gabriel Banat als Ehrenvorsitzender des ersten Brandeisz-Violinwettbewerbs nach Temeswar eingeladen. Der 90-jährige Senior konnte die lange Reise nach Rumänien nicht antreten, er schickte aber eine Videobotschaft an alle Teilnehmer. „Es ist eine Ehre für mich, meinen Namen in Zusammenhang mit dem Namen von Josef Brandeisz zu bringen. Er war mein Professor in den ersten Jahren meines Violinstudiums und ich erinnere mich an ihn mit viel Respekt und Dankbarkeit. Daher finde ich es für richtig, dass dieser Wettbewerb, der den Namen des ehemaligen Musiklehrers, Violinisten und Musikwissenschaftlers trägt, für Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren vorgesehen ist“, sagte Gabriel Hirsch Banat in seiner Botschaft, die auf eine Leinwand im AMG-Festsaal übertragen wurde. „Für zwei Jahre war er auch mein Professor.

Er war wirklich ein phantastischer Mensch. Er hat immer viel Geduld gehabt, alles vorgespielt, erklärt, technische und interpretative Probleme gelöst. Ein Violinwettbewerb in Temeswar, der den Namen des Professors Brandeisz trägt, ist ja fast selbstverständlich gewesen“, bekräftigt der DFDB-Vorsitzende Johann Fernbach. Außer Gabriel Hirsch Banat, der als Ehrenvorsitzender der Jury galt, wurden auch andere Persönlichkeiten aus dem internationalen Musikleben nach Temeswar eingeladen, um über die besten Violinspielerinnen und -spieler zu entscheiden. Vorsitzender war Hans Peter Pairott aus Deutschland, ihm schlossen sich die Jurymitglieder Yulia Berinskaya aus Russland/Italien, Vladimir Markovic aus Serbien und Johann Fernbach an. Darüber hinaus hielten die renommierten Musiker Workshops und Meisterkurse für die jungen Violinspieler.

Nach einem langen Vorspieltag fiel das Urteil: Die großen Gewinner in der Kategorie 15-18 Jahre waren Ioana Maria Tudor aus Bukarest und Ştefan Şimonca-Opriţa aus Arad. Ein zweiter Preis wurde in dieser Sektion nicht vergeben, dafür aber ein dritter, der an Iulian Băluţel aus Bukarest ging. Sonderpreise in dieser Wettbewerbssektion wurden an die Teilnehmer Octavian Ioan Pârlea, Lorenza Molinetti und Elisabeta Nicoleta Mureşan vergeben. Die Kategorie 10-14 Jahre hatte zwei erste Preise, die an Anna Maria Cristina Popan aus Temeswar und Mădălina Ivancia aus Jassy vergeben wurden. Einen zweiten Preis gab es nicht, dafür aber einen dritten, den Ştefan Aprodu aus Bukarest erhielt. Die beiden Sonderpreise dieser Sektion teilten sich die chinesischstämmige Na Na Zhang aus Bukarest und Lilien Földházi aus Ungarn. Vor dem Galakonzert wurden im Ion-Vidu-Konzertsaal die Gewinner prämiiert, anschließend traten Anna Maria Cristina Popan, Ioana Maria Tudor und Ştefan Şimonca-Opriţa auf. Für alle gab es schallenden Beifall – und das, obwohl in den Saal noch jede Menge Leute hineingepasst hätten.

Schließlich war der Erste Internationale Brandeisz-Violinwettbewerb ein Ereignis, das sich die Stadt Temeswar, die bekanntlich für den Titel einer Europäischen Kulturhauptstadt 2021 kandidiert, auf die Visitenkarte hätte schreiben können. „Meiner Meinung nach ist der Brandeisz-Wettbewerb einer der besten Wettbewerbe dieser Art in Rumänien. Und das sage ich nicht, weil ich der Veranstalter bin“, unterstrich Johann Fernbach. Der Vorsitzende der Jury, Hans Peter Pairott, konnte dies nur bekräftigen:  „Wir haben einen Wettbewerb erlebt, der vom Niveau her außerordentlich hoch war. Wir haben mehrere Jugendliche gehört und keiner war da fehl am Platze. Alle Kinder und Jugendlichen haben sich sehr gut präsentiert“, betonte Hans Peter Pairott, langjähriger Projektleiter des vom Deutschen Musikrat getragenen bundesweiten Wettbewerbs „Jugend musiziert“ und Direktor der Sing- und Musikschule München. Ob es eine zweite Auflage sogar im kommenden Jahr geben wird, ist derzeit noch ungewiss. Hauptveranstalter Johann Fernbach wünscht sich grundsätzlich, den Wettbewerb jedes zweite Jahr zu veranstalten.