Am 8. März ist im Penguin Verlag ein neuer Roman von Dana Grigorcea erschienen: „Die nicht sterben“. Darin zeichnet die rumänisch-schweizerische Schriftstellerin ein atmosphärisch tiefgründiges Bild des postkommunistischen Rumänien. Mit großer erzählerischer Kraft bricht sie das Schweigen zwischen den Generationen und zeigt, dass noch lebendig ist, was man überwunden glaubte: Populismus, Chauvinismus und andere Geister der Vergangenheit...
Eine junge Bukarester Malerin kehrt nach ihrem Kunststudium in Paris in den Ferienort ihrer Kindheit in den rumänischen Karpaten zurück. In der Kleinstadt B. hat sie bei ihrer bourgeoisen Großtante unter Kronleuchtern und auf Perserteppichen die Sommerferien verbracht. Eine Insel, auf der die kommunistische Diktatur etwas war, das man verlachen konnte. „Uns kann niemand brechen“, pflegte ihre Großtante Mamargot zu sagen.
Inzwischen ist der Kommunismus Vergangenheit und B. hat seine besten Zeiten hinter sich. Für die Künstlerin ist es eine Rückkehr in eine fremd gewordene Welt, mit der sie nur noch wenige enge Freundschaften und die Fäden ihrer Familiengeschichte verbinden. Als auf dem Grab Vlad des Pfählers, dem historischen Vorbild von Bram Stokers Dracula-Roman, eine geschändete Leiche gefunden wird, begreift sie, dass die Vergangenheit den Ort noch nicht losgelassen hat – und der Leitspruch ihrer Großtante zugleich der Draculas ist. Seine Geschichte will sie erzählen, auch wenn die sich ihr entzieht.
Dana Grigorcea zeichnet ein atmosphärisches Porträt der postkommunistischen Gesellschaft, die bis heute in einem Zwischenreich gefangen zu sein scheint. Ohne Vorwarnung führt sie ihre Leser ins Herz eines Schreckens, wie ihn nur die eigene Vorstellungskraft erzeugen kann – oder eben Fürst Dracula. „Es geht um den Vampirismus in unserer Gesellschaft“, erklärt die Autorin dazu in einem Interview mit Susanne Krones. „Vor der Wende hat man in Rumänien vor allem von dem einen Dracula geredet, dem blutrünstigen Diktator Nicolae Ceaușescu. Nach 1989, als sich das Land dem Tourismus öffnete und viele Touristen nach Bram Stokers Dracula zu und den Spuren der historischen Fürsten-Figur zu suchen begannen, die Bram Stoker zu seiner Dracula-Figur inspiriert hat, wollte der rumänische Tourismusminister einen Dracula-Park bauen, um diesen Mythos zu bedienen und daraus Kapital zu schlagen. In dieses Projekt haben korrupte Politiker und zwielichtige Geschäftsmänner investiert. Da ist der Kult um diesen mittelalterlichen Fürsten erst richtig aufgekommen – ein unnachgiebiger Fürst, kühn und gerecht, der kurzen Prozess machte mit den Korrupten im Land: Er hat sie nämlich gepfählt.“
Der Dracula-Mythos im Buch steht für die Sehnsucht vieler Menschen nach der starken Hand, für den fast schon morbiden Wunsch, düstere Figuren wie den Autokraten Vladimir Putin, einen Donald Trump oder in Deutschland die extremistische AfD-Partei an der Macht zu sehen, erklärt Schriftstellerin Dana Grigorcea.
Über die Autorin
Dana Grigorcea wurde 1979 in Bukarest geboren, sie studierte Germanistik und Nederlandistik und lebt seit vielen Jahren mit ihrer Familie in Zürich.
Die Werke der rumänisch-schweizerischen Schriftstellerin, etwa der Roman „Das primäre Gefühl der Schuldlosigkeit“ und die Novelle „Die Dame mit dem maghrebinischen Hündchen“, wurden in mehrere Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem 3sat-Preis beim renommierten Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb.