„Erstens muss hervorgehoben werden, dass der deutsche und österreichische Einfluss eigentlich ein Deutschland bedeutet, dass auf Bayern (...) beschränkt ist, wo etwa im 16. Jahrhundert die Donauschule entstand. Diese brachte mehrere Altarmaler hervor“, so Univ.-Prof. Dr. Ileana Pintilie von der Kunsthochschule der West-Universität Temeswar in der Einleitung ihres Vortrags „Einflüsse der deutschen und österreichischen Kunst auf die Banater Künstler“ bei der Eröffnung der ersten Deutschen Kulturtage, eine Veranstaltung der Zentralen Universitätsbibliothek „Eugen Todoran“ in Temeswar/Timişoara (BCUT). Die Kunsthistorikerin erwähnte dabei die bedeutendsten Banater Künstler des 18. bis 20. Jahrhunderts sowie die Kunstakademien in Wien und München, die die meisten von ihnen im 18. und 19. Jahrhundert besucht hatten. „Es war diese deutschsprachige europäische Ader, die die Kunst im Banat beeinflusste“, dozierte Ileana Pintilie.
Die ersten Künstler im Banat waren eingeladene Künstler, Wanderkünstler und anschließend Künstlergenerationen, die sich im Banat ansiedelten. Die österreichische Kunst kam mit den „ersten Eroberern“, die etwa Mitte des 18. Jahrhunderts die neue Festung Temeswar auf den Ruinen der türkischen Festung und anderer Stätten aufbauten. Nach der Errichtung des römisch-katholischen Doms zu Temeswar zwischen 1736-1774 wurden österreichische Maler eingeladen, um die Altäre im selben Stil, dem Barockstil, anzufertigen. Somit wurde das Bild über dem Hauptaltar von Michael Angelo Unterberger (1695-1758), dem Rektor der Kunstakademie in Wien, gemalt, die Seitenaltäre jedoch fertigte Johann Nepomuk Schöpf an. Mit der Armee, dem Verwaltungs- und Regierungsapparat kamen ins Banat u. a. Kaufleute, Handwerker, auch Maler. Einer von diesen war Michael Wagner aus Wien, der sich im Banat niederließ. Sein Sohn Anselm Wagner war der erste in Temeswar geborene österreichische Maler, der an der Kunstakademie in Wien studierte. Er schuf mehrere Porträts, auch Doppelporträts, eines davon das „Porträt von Elisabeth Kessler-Koppauer“, der Gattin des damaligen Temeswarer Bürgermeisters, Ignaz Koppauer.
Akademische Prägung in der Banater Kunst
Die repräsentativsten Künstler des 19. Jahrhunderts sind die Maler Ludwig von Bersuder, Karl Brocky, Constantin Daniel, Nicolae Popescu, Adolf Humborg, Johann Wälder und Stevan Aleksic. Die meisten von ihnen studierten an den Kunstakademien in Wien und München. Einer von diesen ist der gebürtige Temeswarer Maler Karl Brocky (1804-1855). Sein Vater war ein Wiener Perückenhersteller, der sich im Banat ansiedelte. Brocky studierte an der Kunstakademie in Wien, unternahm Studienreisen nach Italien und Paris, wo er William Turner kennenlernte. Anschließend war er in London tätig, wo er einer der gefragtesten Porträtisten war. „Seine Arbeiten weisen eine akademische Prägung auf“, sagt die Kunsthistorikerin. Einige Porträts von Brocky sind auch in die Sammlung des Temeswarer Kunstmuseums eingegangen.
Der im Banater Bergland geborene Adolf Humborg (1847-1921) studierte zunächst an der Kunstakademie in Wien und vervollständigte seine Studien in München, wo er sich auch niederließ. Er malte mit Vorliebe Szenen aus dem Klosterleben. Ein relevantes Beispiel dafür ist „Mönche im Gespräch“, eine Bestellung des Temeswarer Museums, das heute ebenfalls in der Dauerausstellung Banater Malerei des 19. Jahrhunderts des Temeswarer Kunstmuseums gezeigt wird.
Der Maler Stevan Aleksic (1876-1923) entstammt einer Künstlerfamilie, sein Großvater Nikola Alecsic war Kirchenmaler. Stevan Aleksic studierte an der Münchner Kunstakademie, deren Einfluss in seinen Werken leicht erkennbar ist. Er malte mehrere Selbstbildnisse in verschiedenen Altersabschnitten. Ein solches ist das „Autoporträt im Kaffeehaus“, wo er das „Carpe diem“-Thema bearbeitete. Das Gemälde kann in der Dauerausstellung Banater Malerei des 19. Jahrhunderts im Temeswarer Kunstmuseum gesehen werden.
Moderne Kunstrichtungen im 20. Jahrhundert
Wenn die Banater Künstler des 19. Jahrhunderts an der Wiener und Münchner Kunstakademie studierten, so beginnen die Maler und Bildhauer der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch die Kunstakademie in Budapest zu besuchen, wie Julius Podlipny oder Ferdinand Gallas. Das Werk dieser Künstler ist von expressionistischen Zügen geprägt. „Nachklänge des deutschen Expressionismus sind im Banat bis in die 30er Jahren zu erkennen“, sagt Pintilie.
Der in Pressburg/Bratislava geborene Julius Podlipny (1898-1991) studierte in Budapest und ließ sich später in Temeswar nieder. Podlipny ist nicht nur für seine langjährige künstlerische sondern auch für seine pädagogische Laufbahn bekannt. Als einen Meister der Kohlezeichnung, dessen Arbeiten expressionistische Züge aufweisen, bezeichnet ihn Ileana Pintilie. Einige seiner Grafiken sind auch in der Ausstellung für rumänische Gegenwartskunst des Temeswarer Kunstmuseums ausgestellt.
Ihren Vortrag schloss die Kunsthistorikerin mit der Präsentation zweier aus dem Banat stammenden und derzeit in Deutschland lebenden Künstlern: Diet Sayler und Ingo Glass. Der gebürtige Temeswarer Diet Sayler (geboren 1939), ein ehemaliger Schüler von Julius Podlipny, begann in den 1960er Jahren abstrakte Arbeiten zu schaffen. Er arbeitete auch mit der ersten experimentellen Künstlergruppe „111“ – Bertalan, Flondor und Cotoşman – zusammen.
In seinen Arbeiten ordnet der Bildhauer Ingo Glass (geboren 1941) die drei Grundformen – Kreis, Dreieck, Vierreck – und die Grundfarben – Rot, Gelb, Blau – nach seiner eigenen Form- und Farbtheorie. Zwei seiner Metallplastiken – „Tor zu Serbien“, die seine Form- und Farbtheorie verkörpert, und „Öffnung“, ein der Revolution von 1989 gewidmetes Denkmal – stehen im Temeswarer öffentlichen Raum. Ein drittes Werk „Hommage à Vasarely“ ist in der benachbarten Ortschaft Dumbrăvița aufgestellt.