Die 1958 in Straßburg geborene weltberühmte französische Pianistin Elizabeth Sombart ist die Präsidentin der von ihr ins Leben gerufenen „Fondation Résonnance“, die es sich zum Ziel gesetzt hat, klassische Musik an Orte zu bringen, wo sie sonst in der Regel nicht gespielt wird: beispielsweise in Krankenhäuser, Pflegeheime, Seniorenresidenzen, Einrichtungen für Behinderte oder in Strafanstalten. Außerdem gründet und verwaltet die Stiftung mit Sitz in der Schweiz sogenannte „Schulen für Resonanz“, d. h. freie Klavierschulen für talentierte Pianisten ohne Prüfung und ohne Altersgrenze. Die Stiftung Resonanz ist, außer in der Schweiz, Frankreich, Italien, Belgien, Spanien und im Libanon, auch in Rumänien tätig.
Als Dank für das Engagement der Rumänen und für die Unterstützung ihrer Stiftung in Rumänien bedankte sich die französische Pianistin, die auf allen wichtigen Musikbühnen der Welt konzertiert hat und auf eine beeindruckende Diskografie verweisen kann, mit einem Klavierabend im Bukarester Athenäum, der am 24. Januar stattfand und ausschließlich dem pianistischen Spätwerk Franz Schuberts gewidmet war. In der Begrüßungsansprache, die der musikalischen Darbietung vorausging, hob Elizabeth Sombart außerdem ihre rumänischen Wurzeln hervor. Als Urenkelin des rumänischen Gelehrten Nicolae Leon, eines älteren Halbbruders des rumänischen Naturforschers Grigore Antipa, betonte sie, dass es für ihre rumänische Großmutter gewiss eine große Freude gewesen wäre, ihrem Konzert an diesem Abend im Bukarester Athenäum beiwohnen zu können.
Den Klavierabend eröffnete die ganz in Weiß gekleidete Pianistin mit dem anspruchvollsten und umfangreichsten der in diesem Konzert dargebotenen Werke Franz Schuberts: mit der Klaviersonate Nr. 21 in B-Dur (D 960). Das posthum veröffentlichte Werk gehört zu den drei großen letzten Klaviersonaten, die das kompositorische Vermächtnis des 1828 im Alter von erst 31 Jahren verstorbenen Komponisten der Wiener Klassik darstellen. Bereits im monumentalen ersten Satz Molto moderato ließ Elizabeth Sombart eine fein nuancierte Klangwelt entstehen, in der die Töne zu leuchten begannen und kantable Qualitäten gewannen. Die träumerisch dahin fließende, in sich gekehrte, liedhafte Hauptmelodie, die mehrfach wiederkehrt, wurde effektvoll durch den dumpfen tiefen Triller unterbrochen, der aber den Traum, der in diesem Satz webt, nicht zum Verschwinden brachte, sondern diesen verklärend weiterspann.
Das heftige Atmen der Pianistin zeigte die verhaltene Dramatik, die gerade in den zwischen Dur und Moll schwebenden Passagen dieses Eröffnungssatzes zur Artikulation gelangte. Im zweiten Satz Andante sostenuto, einem lyrisch-ätherischen Klanggebilde, schwelgte die Pianistin in der sehnsuchtsvoll aufsteigenden und dann wieder träumerisch in sich zurücksinkenden Melodie, welche durch das wiederholte Übergreifen der linken Hand vom Bass in die höheren Register auch optisch einen hingebungsvollen Ausdruck gewann. Der dritte Satz Allegro vivace con delicatezza, ein tänzerisches Scherzo mit einem stillen und versonnenen Trio, leitete dann zu dem monumentalen Finalsatz über, einem Allegro ma non troppo, mit dem die letzte Klaviersonate Franz Schuberts ausklang. Elizabeth Sombart ließ Schuberts letztes vollendetes Klavierwerk in seiner Monumentalität und Rätselhaftigkeit, in seiner Dramatik und ausufernden Größe mit heftigster innerer Beteiligung und mit feinfühligster Hingabe musikalisch erstehen und vor den Augen und Ohren des gespannt und mucksmäuschenstill lauschenden Publikums erscheinen und erklingen, sodass man unmittelbar fühlen konnte, mit dem ersten Stück des Abends im Bukarester Athenäum bereits den Höhepunkt des Konzertes erlebt zu haben.
Der Klavierabend im Bukarester Athenäum nahm dann seinen Fortgang mit einem weiteren Spätwerk Franz Schuberts und noch dazu in derselben Tonart, und zwar mit dem Impromptu in B-Dur (D 935, op. 142 Nr. 3). Elizabeth Sombart ließ dieses Klavierstück, eine der bekanntesten Kompositionen Schuberts, mit großer Leidenschaft erklingen, was vor allem in der dritten der fünf Variationen dieses Andante überschriebenen Musikstückes lebhaft spürbar wurde.
Darauf folgte dann ohne Pause ein Werk Franz Schuberts für Klavier zu vier Händen, nämlich die Fantasie in f-Moll (D 940, op. 103), zu deren Aufführung neben Elizabeth Sombart die junge rumänische Pianistin Lavinia Dragoş die Bühne des Bukarester Athenäums betrat. Das wie die eingangs erklungene B-Dur-Sonate in Schuberts letztem Lebensjahr entstandene und erst posthum veröffentlichte Werk wurde von dem rumänisch-französischen Pianistinnenduo, wobei Lavinia Dragoş die tieferen und Elizabeth Sombart die höheren Register bediente, mit großer Spielfreude, mit Verve und Temperament, vor allem aber in vollendeter Harmonie des tieferen und des höheren Parts gemeinsam vorgetragen. Die viersätzige Fantasie, deren einzelne Sätze am Stück und ohne Unterbrechung gespielt werden, zählt nicht von ungefähr zu den bekanntesten Kompositionen Schuberts für Klavier zu vier Händen.
Den Abschluss des Klavierabends im Bukarester Athenäum bildete das Schubertsche Klavierstück in Es-Dur: das zweite, Allegretto überschriebene, von insgesamt drei Klavierstücken (D 946), die Schubert ebenfalls in seinem letzten Lebensjahr verfasst hatte und die erst nach seinem Tode herausgegeben wurden. Das melancholische, zum Teil sogar resignativ anmutende Werk ließ den Klavierabend sanglich und besinnlich ausklingen, nachdem der große Schlussapplaus, gleichsam vorahnend vorweggenommen, bereits nach der Fantasie zu vier Händen erklungen war, bei dem die beiden Pianistinnen mit lautem Schall der Hände und mit zahlreichen Blumensträußen vom begeisterten Publikum ausgiebig gefeiert wurden.