Schon Papst Gregor IX. (1227-1241) hatte sich besorgt gezeigt über das Vordringen der Mongolen nach Westen. König Belas Brief vom 18. Mai 1241 machte ihn aufmerksam auf die „erbärmlichen und schrecklichen Ereignisse, die die Tataren den Ungarn mit ihrer animalischen Grausamkeit auferlegt hatten“.
Hier muss klärend angemerkt werden, dass die Europäer alle Mongolen oft fälschlicherweise Tataren nannten, obwohl die Tataren nur ein Clan der Mongolen waren. Nachdem die Gefahr vorbei war, zeigte sich sein Nachfolger, Papst Innozenz IV. (1243-1254) bereit, zu helfen. Ein diesbezüglich erhaltenes Dokument ist sein Brief vom 22. Februar 1245, geschrieben aus seinem Exil in Lyon. Darin überlässt er einem gewissen Theodor, Bürger von Mühlbach/Sebe{ von der Herrmannstädter Diözese in Siebenbürgen, zusätzliche Pfründe als Kompensation für die während der Mongoleninvasion erlittenen Verluste.
Unterstützungen durch Herrscher und Kirche
Vielleicht war es auch der Papst, der König Bela motivierte, zu helfen. Vielleicht tat es der König auch aus eigener Initiative. Am 6. Mai 1246 schrieb dieser jedenfalls einen Brief, in dem er den neuen Siedlern auf den Besitztümern von fünf Bistümern die Abgabenpflicht an den Woiwoden von Transsilvanien erließ. Es handelte sich um die Bistümer von Herina, Byolocol, Golou, Zylac und Tusnad, die substanzielle menschliche Verluste während der Mongoleninvasion erlitten hatten und dringend neue Leute brauchten.
Eine ähnliche Art der Hilfe kam auch von König Belas Sohn, Herzog Stefan: In einem Dekret befreite dieser 1264 die Abtei von Kerz/Câr]a von allen Steuern und der Verpflichtung zur Unterbringung des Woiwoden und anderer transsilvanischer Größen während deren Besuchen. Die Abtei war von den Mongolen schwer verwüstet worden und hatte Schwierigkeiten beim Wiederaufbau, vor allem aus Mangel an Leuten. Dem Dekret zufolge musste die Abtei nur noch eine kleine jährliche Steuer an die Provinz Hermannstadt abgeben.
Nach König Belas Tod 1270 wurde dessen Sohn König Stefan V. Noch als Herzog von Siebenbürgen hatte Stefan die gewissenhaften und hart arbeitenden Sachsen schätzen gelernt. Er wollte diese Eigenschaften nun in der von ihm am Some{ neu gegründeten Stadt Klausenburg/Cluj Napoca nutzen, ein Gebiet, das immer noch an den Zerstörungen der Mongolen litt. Den ersten deutschen Siedlern garantierte er daher spezielle Rechte und Freiheiten. Mit der Zeit wuchs Klausenburg zu einer kosmopolitischen Stadt heran, bewohnt von Deutschen, Ungarn und Rumänen.
Bessere Gebäude und Verteidigungsanlagen
Kommen wir zurück auf die in Teil 1 dieser Reihe gestellte Frage nach möglichen positiven Auswirkungen der Mongoleninvasion von 1241-1242. Die Quellenlage hierzu ist spärlich. Doch die wenigen existierenden Quellen verweisen darauf, dass die Notwendigkeit, zerstörte Strukturen wie Kirchen, Schlösser und Festungen wieder aufzubauen, zu mehr und besseren Gebäuden führte. Man kann annehmen, dass dies auch für den Wiederaufbau gewöhnlicher Häuser und Nebengebäude wie Ställe und Scheunen galt.
Des Weiteren gab es ein Schloss in Siebenbürgen auf der Route der Mongolen, das intakt geblieben war und daher als Vorbild beim Bau neuer Befestigungsanlagen diente: das Kemeny Schloss in Vécs/Brâncovene{ti, das im 13. Jahrhundert wohl eher als Festung denn als Residenz fungierte, was erklärt, warum es den Ansturm überlebte. In alten Dokumenten wird es als Befestigung mit Graben, Mauern und Türmen unterhalb des Hügels, auf dem es stand, beschrieben. Die Tatsache seines Überlebens machte es zum nachahmenswerten Modell. So wurden die genannten Verteidigungsstrukturen beim Bau neuer Festungen, etwa der von Fogarasch, integriert. Die hölzerne Vorgängerversion dieser Festung war ebenfalls von den Mongolen 1241 niedergebrannt worden, doch der Wiederaufbau 1310 aus Ziegel und Stein, sowie dessen spätere Erweiterungen, darunter ein Wohnviertel, wurden niemals gewaltsam eingenommen.
Neue Siedler als Entwicklungsmotor
Weniger klar hingegen sind die Ergebnisse der Bemühungen zur Repopulierung. König Bela IV. und sein Sohn Stefan, der transsilvanische Woiwode und der Papst – sie alle bemühten sich, verstärkt Siedler in die entvölkerten Gebiete zu locken. Wie erfolgreich diese Bemühungen waren, dazu gibt es keine klare Dokumentation. Der bekannte sächsische Historiker G. D. Teutsch und andere beschreiben eher die allgemeine Einwanderung von deutschen Siedlern zwischen 1150 und dem Ende des 13. Jahrhunderts. Sie drücken jedoch Zweifel aus an einer Intensivierung der Einwanderung als Resultat der Zugeständnisse durch Herrscher und Kirche.
Doch selbst wenn die Anzahl der Siedler nicht signifikant zunahm, kam Siebenbürgen immerhin die Erweiterung der Privilegien in einer Hinsicht zugute: Die Sachsen hatten landwirtschaftliche Methoden mit sich gebracht, etwa die der Dreifelderwirtschaft. Noch wichtiger vielleicht aber waren ihre Gewohnheitsrechte, die das Niveau der siebenbürgischen Bevölkerung anhob. Eike von Repgau hat diese Gewohnheitsrechte in seinem berühmten „Sachsenspiegel“ festgehalten, der die sozialen Regeln, wie sie in jener Zeit in Sachsen üblich waren, minutiös beschreibt. Man nimmt an, dass er sein Gesetzbuch um 1220-1235 geschrieben hat. Und obwohl die Siedler nicht aus Sachsen kamen, kann man davon ausgehen, dass ähnliche, wenn nicht sogar identische Regeln auch in den anderen deutschen Ländern galten. Der einige Jahrzehnte später erschienene „Schwabenspiegel“ über die vorherrschenden Regeln im Schwabenland bestätigt dies. So kamen die Siedler also mit festen Verhaltensregeln ausgestattet, die ihnen dabei halfen, Gemeinschaften aufzubauen, die dem damals in Siebenbürgen vorherrschenden sozialpolitischen Status weit überlegen waren.
Im neuen Land erhielten sie außerdem die Chance, in der alten Heimat erfahrenes Unrecht oder Missstände zu korrigieren, die letzlich zu ihrer Auswanderung geführt hatten. Die Freiheiten, die ihnen die ungarischen Könige garantierten, machten dies möglich. Die Bemühungen von König Bela IV., sein verwüstetes Land wieder aufzubauen,brachte ihm den Beinamen „Zweiter Staatsgründer“ (ungarisch: második honalapitó) ein.
Sichere Handelswege nach Ost und West
Erwähnenswert sind aber auch die indirketen positiven Auswirkungen auf Siebenbürgen durch die Tatsache, dass die Mongolen mit ihrer „Pax Mongolica“ Frieden, sicheren Handel und feste Regeln für den Kommerz auf riesigen Gebieten garantierten. Betrachtet man Janet Abu-Lughods acht Handelskreise des 13. und 14. Jahrhunderts, so könnte man meinen, dass Siebenbürgen als Teil des südöstlichen Kreises, der sich mit dem eurasischen Kreis des Mongolischen Reichs überlappte und im Westen mit dem westeuropäischen Kreis, einen blühenden Handel erlebte.
Dies hatte Auswirkungen, die aber von drei Faktoren verzögert wurden:
- Erstens war Siebenbürgen gerade dabei, in das sozialpolitisch überlegene ungarische Königreich integriert zu werden. Dieser Prozess hatte im 10. Jahrhundert begonnen und dauerte bis ins späte 13. Jahrhundert.
- Zweitens hatten die ungarischen Könige etwa ab 1150 deutsche Siedler eingeladen, ein Einwanderungsprozess, der ebenfalls bis Ende des 13. Jahrhunderts anhielt. Die Könige verliehen den Sachsen spezielle Rechte und Freiheiten und erwarteten im Gegenzug, dass diese die besiedelten Gebiete nach dem Vorbild ihrer alten Heimat antwickelten, was Landwirtschaft und Kunsthandwerk betrifft.
- Der dritte und letzte Faktor war die Schaffung von unabhängigen Fürstentümern südlich und östlich von Siebenbürgen, also in der Walachei (1330) und der Moldau (1359). Diese sorgten für sicheren Transit und erlaubten den Siebenbürger Sachsen, Handel zu treiben mit den von den Mongolen kontrollierten Gebieten. Diese beiden Fürstentümer stellten sich bald auch als Märkte für Waffen und andere, von den Sachsen hergestellte handwerkliche Produkte heraus. Aus diesem Grund entwickelten sich die sächsischen Gemeinschaften an den Karpatenpässen, die sie mit diesen Fürstentümern verbanden, zu blühenden Städten.
Dieser eher allgemeine indirekte Nutzen als Folge eines stabilen Mongolenreichs wird jedoch gemindert durch die immer wiederkehrenden Raubzüge der Mongolen in Siebenbürgen, die bis Anfang des 14. Jahrhunderts andauerten. Und als die Mongoleneinfälle stoppten, begannen die Einfälle der Osmanen
Übersetzung aus dem Englischen und redaktionelle Anpassung: Nina May